Team Luftwaffe stellt sich dem neuen Mindset
Team Luftwaffe stellt sich dem neuen Mindset
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Vor knapp einem Jahr hielt der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, seine viel beachtete Grundsatzrede, in der er mit Blick auf die Landes- und Bündnisverteidigung ein neues Mindset von der Truppe forderte. Auch die Luftwaffe muss sich dahingehend refokussieren. Radio Andernach hat sich darüber mit dem Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, unterhalten. Herausgekommen ist dabei ein offenes und ehrliches Interview mit einem ebenso ambitionierten wie realistischen Inspekteur zwischen Stabsdienst und Cockpitarbeit.
Eine große, wenn auch bekannte Herausforderung
Wir treffen Generalleutnant Gerhartz an einem regnerischen Tag Ende Mai auf dem Fliegerhorst Neuburg an der Donau. Der 55-jährige Generalleutnant aus Cochem ist trotz seiner Verwendung als Inspekteur der Luftwaffe auch weiterhin im aktiven Flugdienst. Eine Tatsache, die für ihn nicht verhandelbar ist. Bevor wir uns mit Gerhartz zum Interview treffen, befindet sich der Generalleutnant dementsprechend auch standesgemäß in seinem Element – am Steuerknüppel eines Eurofighters. In seinen 37 Dienstjahren hat Gerhartz die verschiedensten Waffensysteme der Luftwaffe kennen und fliegen gelernt, von der F-4 Phantom über den Tornado bis zum aktuellen Eurofighter. Der jüngste jemals ernannte Inspekteur kennt sowohl den Kalten Krieg als auch Afghanistan. Mit dieser facettenreichen Erfahrung aus „zwei verschiedenen Welten“ und dem Gespür des aktiven Kampfpiloten ist Generalleutnant Gerhartz natürlich der ideale Gesprächspartner, wenn es um die Neuausrichtung der Luftwaffe mit Blick auf die Landes- und Bündnisverteidigung geht. Radio Andernach im Gespräch mit dem Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Gerhartz:
Der Spagat zwischen Artikel-5-Szenario und Einsatzrealität
Ingo Gerhartz ist kein Freund von geschönten Aussagen. Sollte es zum Verteidigungs- oder Bündnisfall, einem Artikel-5-Szenario kommen, so der Generalleutnant, sähe es für die Luftwaffe düster aus. Nach einem Tag gäbe es schlicht keine Munition mehr. Und wenn man bedenkt, dass die Aufgaben der Luftwaffe zukünftig nicht weniger werden, auch nicht mit dem Ende des Afghanistan-Engagements, denn das internationale Krisenmanagement ist deswegen nicht gewichen, muss die Truppe stets für mehrere Szenarien aufgestellt und ausgerüstet sein. Dass dies aktuell nicht gegeben ist, daraus macht Gerhartz kein Geheimnis. Es könne nicht sein, so der 55-Jährige, dass eine Vollausstattung im Einsatz auf Kosten des Materials in der Heimat geht. Die einzige Baustelle bleibt dies beileibe nicht.
Im Interview spricht Ingo Gerhatz nicht nur über große Milliardenprojekte wie einen mittelfristigen Nachfolger für den Jagdbomber Tornado oder einen schweren Transporthubschrauber als Ersatz für die betagten CH-53, sondern umfasst auch seine Gedanken, wie man die Bundeswehr allgemein und die Luftwaffe im Speziellen modernisieren kann – ohne eine Blanko-Vollmacht der Bundesregierung. Besserung ist in Sicht, denn dahingehend ist sich Gerhatz sicher: Die Richtung und der politische Wille stimmen!
Das Team Luftwaffe im neuen Mindset
Das neue Mindset in Richtung Landes- und Bündnisverteidigung müsse bei der aktiven Truppe ankommen, verinnerlicht werden, und das nicht nur in den Führungsebenen, sondern bei jedem Soldaten, meint Generalleutnant Gerhartz. Das brauche Zeit, aber man sei auf einem guten Wege. Beim Thema Personal will der Inspekteur dabei durchaus auch ungewöhnliche Wege gehen. Überall wird darüber gesprochen, dass der Bundeswehr Personal fehle, davon ausgenommen ist natürlich auch nicht die Luftwaffe. Welche Einschränkungen es dabei allerdings gibt und wieso Gerhartz an manchen Stellen dem Umstrukturieren nähersteht als dem Neueinstellen, erfahren Sie in folgenden Audiobeitrag. Darin geht der Inspekteur auch auf die durch aktuelle Amtshilfe-Einsätze während der Corona-Pandemie und der Hochwasserkatastrophe gesteigerte Sichtbarkeit der Truppe in der Öffentlichkeit ein.
Air Defender 2023 als Härtetest
Obwohl die Großübung DEFENDER EUROPE 2020 bedingt durch die Corona-Pandemie nicht in der ursprünglich geplanten Form abgehalten werden konnte, war sie dennoch medial in aller Munde. Kaum etwas hätte die veränderte Sicherheitslage treffender symbolisieren können als das mit mehreren Tausend internationalen Kräften geplante Manöver.
Was für das Heer und die Streitkräftebasis DEFENDER EUROPE hätte werden können, soll für die Luftwaffe ein ähnliches Ereignis sein – AIR DEFENDER 2023. Was es mit dieser Übung auf sich hat, wann und wo sie stattfinden und in welchem Umfang die Luftwaffe daran teilnehmen wird und wieso für Generalleutnant Gerhartz Landes- und Bündnisverteidigung untrennbar miteinander verbunden sind, berichtet er im letzten Teil unseres Interviews.