Hilfe und Selbsthilfe: Die Familienbetreuung der Bundeswehr

Hilfe und Selbsthilfe: Die Familienbetreuung der Bundeswehr

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Regelmäßig zusammenkommen – um sich zu informieren, sich zu vernetzen und sich gegenseitig den Rücken zu stärken: Darum geht es bei den Veranstaltungen der Familienbetreuung der Bundeswehr.

Ältere Dame sitz mit einem Kind auf dem Schoß in einer Veranstaltung

Für Jung und Älter: Bei der Familienbetreuung sind alle willkommen.

Bundeswehr/Torsten Kraatz

Sie richten sich an die Angehörigen von Soldaten im Auslandseinsatz oder mit einsatzgleichen Verpflichtungen und werden an vielen Standorten angeboten.

Im Familienbetreuungszentrum Kiel etwa sind an diesem Samstag rund 90 Angehörige – Frauen, Väter, Mütter und Kinder – der Einladung von Oberstabsfeldwebel Andreas Vöge gefolgt. Sein Team aus Festangestellten und Ehrenamtlichen kümmert sich um Familien aus der Umgebung – egal, wo die Soldaten stationiert sind.

Eine bunte Truppe

Der 47-jährige Leiter des Betreuungszentrums begrüßt viele Gäste mit Handschlag. Man kennt sich. Ältere Herren mit schütterem Haar, junge Frauen mit modischen Mützen und Mütter mit ihren Säuglingen auf dem Arm trudeln im Landeskommando Schleswig-Holstein ein. Dort liegen schon Schildchen mit den Namen verschiedener Einsatzorte bereit, die sich die Gäste anstecken können. Dank der Schilder kann sich zum Beispiel die „Mali-Fraktion“ schnell zusammenfinden.

Julia S. greift sich ein blaues „Marine“-Schildchen. Die 41-Jährige ist mit einem Korvettenkapitän verheiratet, der gerade bei der Operation Sophia auf See ist. Zusammen hat das Paar drei Kinder im Alter von sieben bis zwölf Jahren. Ihr Mann war bereits mehr als ein Dutzend Mal im Einsatz. Julia S. weiß, wie es ist, die Erziehung, den Haushalt und ihren Job als Hebamme allein zu stemmen. Und trotzdem ist jeder Auslandseinsatz eine Herausforderung für die ganze Familie.

Manchmal kommt alles zusammen

Gruppenfoto von einer Mutter mit ihren drei Kindern

Einer fehlt: Korvettenkapitän S., Vater und Ehemann, ist im Einsatz auf dem Mittelmeer.

Bundeswehr/Torsten Kraatz

Dieses Mal ist es besonders schwer – der Marineoffizier ist seit September letzten Jahres auf See. „Es kam auf einmal so viel zusammen“, sagt seine Ehefrau. „Unser Toaster ging in Flammen auf, der Fernseher wollte nicht mehr mit der Satellitenanlage, und dann ging auch noch die Mikrowelle kaputt.“ Lauter Dinge, mit denen Julia S. normalerweise locker klarkommt. Aber es wird schwieriger, wenn der Partner monatelang fehlt und die Kinder ihren Papa vermissen.

„Wir haben zu Hause ein Plakat gebastelt, an dem die Kleinen ablesen können, wann ihr Vater wieder da ist“, sagt Julia S. „Noch einmal Omas Geburtstag feiern, einmal den vom Opa, sechs Mal zur Chorprobe und dann kommt Papa wieder.“ Bis es so weit ist, helfen Telefonate und Mails – wenn möglich jede Woche. Die Gespräche seien immer ein Highlight für die Kinder, sagt Julia S.

Ansprechpartner und Blitzableiter

Julia S. nimmt ihre Kinder immer mit. Zusammen mit anderen Soldatenkindern können sie basteln, malen und spielen. Und miteinander über ihre Eltern sprechen. „Einmal hat ein anderes Kind meinem Ältesten erzählt, sein Vater könne gar keine Mails lesen. Da hat mein Sohn den anderen Jungen in den Arm genommen und ihm gesagt: 'Dein Papa kommt auch wieder nach Hause'“, sagt Julia S. berührt.

Auch Oberstabsfeldwebel Vöge geht es nahe, wenn die Kleinen Papa und Mama vermissen – er hat selbst drei Töchter. „Wenn Soldaten im Einsatz sind, müssen sie sich darauf verlassen können, dass ihre Angehörigen daheim bei Problemen unterstützt werden“, sagt er.

Vöge sieht keinen Widerspruch darin, ein engagierter Soldat oder eine engagierte Soldatin und zugleich verantwortungsbewusstes Elternteil zu sein. Trotzdem muss er hin und wieder als Blitzableiter herhalten. „Es kommt vor, dass eine gestresste Ehefrau mich am Telefon zehn Minuten anschreit. Weil es halt einfach grade schwierig ist. Dafür habe ich Verständnis, zuhören gehört zu meinem Job. Auch, wenn mir ein ruhiger Ton doch lieber ist.“

Betreuung vor, im und nach dem Einsatz

Ein Junge bemalt einen kleinen Tontopf

Malen, Basteln und mehr: Das Programm der Familienbetreuung ist vielfältig.

Bundeswehr/Torsten Kraatz

Über Sprüche wie „Familienbetreuung hatten wir früher nicht, und das war auch kein Problem“, ärgert sich der Oberstabsfeldwebel sehr. Für ihn ist die Betreuung der Angehörigen Teil der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers Bundeswehr, die vor allem Vorgesetzte ernst nehmen sollten.

Die Familienbetreuung beginnt bereits zwei Monate vor der Abreise in den Einsatz. Vöge lädt die Familien zu Veranstaltungen ein oder unternimmt mit ihnen gemeinsame Ausflügen in die Umgebung. Die Betreuung läuft über die gesamte Dauer des Einsatzes und wird auch nach der Rückkehr in die Heimat noch zwei Monate fortgeführt.

Der Mann von Julia S. kommt bald wieder zurück. Die Familie ist dann wieder vereint. Doch nach dem Einsatz ist immer auch vor dem Einsatz – wenn die nächste Einladung von Andreas Vöge kommt, ist Familie S. wieder dabei.

Ansprechpartner in ganz Deutschland

Die Bundeswehr bietet die Familienbetreuung seit 1993 an, seit 2001 flächendeckend in ganz Deutschland. Inzwischen gibt es bundesweist 31 Zentren, die regelmäßig Treffen organisieren und Ansprechpartner wie den Sozialdienst der Bundeswehr, die Militärseelsorge, den psychologischen Dienst oder private Vereine vermitteln.


von Julia Weigelt

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