Sanitätsdienst

Gelenkersatz mit Hilfe des Assistenzsystems MAKO

Gelenkersatz mit Hilfe des Assistenzsystems MAKO

Datum:
Ort:
Ulm
Lesedauer:
5 MIN

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Am Bundeswehrkrankenhaus Ulm wird bei Operationen im Bereich der Endoprothetik, dem Gelenkersatz, das Assistenzsystem MAKO eingesetzt. Operationen, wie zum Beispiel die eines künstlichen Kniegelenkersatzes, mit MAKO haben eine höhere Genauigkeit als konventionelle Operationen.

Ein Arzt operiert ein Knie und schaut dabei auf einen Monitor, an dem das Gelenk angezeigt wird

Kniegelenksoperation mit dem Assistenzsystem MAKO am Bundeswehrkrankenhaus Ulm

Bundeswehr/Sylvi Thierbach

Der Klinische Direktor der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Oberstarzt Prof. Dr. Benedikt Friemert und der Leiter der Sektion Spezielle Orthopädische Chirurgie, Oberfeldarzt Dr. Hans Joachim Riesner erläutern im Interview die Arbeit mit dem MAKO.

Wer oder was ist MAKO?

Friemert:

Wir nennen das System „Roboter“. Wenn man es genau nimmt, ist MAKO kein Roboter, denn das würde voraussetzen, dass das Gerät selbständig operiert. Wenn man an die Automobilindustrie denkt, dann schiebt man vorne ein Stück Metall rein und hinten kommt ein Fahrzeug raus. So ist es bei uns nicht. Unsere Roboter sind eher Operationshilfen. Bisher gab es Navigationsgeräte, die die Instrumente (Sägelehren) an den Gelenken navigiert haben - und zwar anhand eines allgemeinen virtuellen Modells des entsprechenden Gelenkes. Da jeder Mensch ein Individuum mit eigenen körperlichen Besonderheiten ist, waren die Ergebnisse mitunter nicht optimal.

Heute wird mit einem Computertomografen ein dreidimensionaler Datensatz aus dem Gelenk des Patienten erstellt und anschließend ein virtuelles 3D-Modell des Gelenkes errechnet. Während der Operation wird dann das virtuelle Modell mit dem realen Gelenk abgeglichen. Der Computer überprüft die Übereinstimmung von verschiedenen Messpunkten und ermöglicht dem Roboterarm somit, unsere Schnitte so zu führen, wie sie vor der Operation an dem individuellen Computertomografen-Modell geplant waren. Auch intraoperativ ist es möglich entsprechend der Bewegung des Gelenkes noch Anpassungen der Planung vornehmen zu können. Das gab es beides bisher so noch nicht. Es gab immer Modelle eines allgemeinen Gelenks, aber nicht eines individuellen Gelenks. Und die sogenannten kinematischen Daten konnten bisher auch nicht in die Planung und Umsetzung eingebunden werden.

Wann wurde der MAKO am Bundeswehrkrankenhaus Ulm eingeführt?

Die beiden Mediziner stehen neben dem noch verpackten OP-Roboter bei dessen Ankunft in der Klinik

Der Klinische Direktor der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Oberstarzt Prof. Dr. Benedikt Friemert (r.) und Oberfeldarzt Dr. Jörg Schneider (l.), Oberarzt für Endoprothetik, mit dem MAKO

Bundeswehr/Sylvi Thierbach

Friemert:

MAKO haben wir 22. Juni 2020 bekommen. Ich weiß das ganz genau, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Gerät an meinem Geburtstag anliefern ließen. Das war eine sehr schöne Aktion. Wir haben dann circa drei Wochen später die erste Operation mit dem Roboter durchgeführt.

Wurde MAKO im Kollegenkreis gut angenommen oder gab es Bedenken?

Friemert:

Es gab insgesamt eher Begeisterung. Insbesondere, als die wissenschaftlichen Daten ausgewertet wurden. Etwas Überzeugungsarbeit musste ich leisten, aber nachdem jetzt auch andere Kollegen die entsprechenden Kurse für die Bedienung absolviert und die ersten Operationen mit dem Roboter durchgeführt haben, hat sich dies geändert.

Was sind die Vorteile einer Operation mit MAKO?

Riesner:

Zunächst ist es die individuelle Planung der Operation. Wir planen die OP nicht mit einem Modell eines Muster-Gelenkes, sondern für das individuelle Gelenk des Patienten. Der zweite Vorteil für den Patienten ist die Präzision. In Zahlen ausgedrückt haben Operationen mit MAKO eine ungefähr sechsfach höhere Genauigkeit als konventionelle Operationen. Wir können nun – und das ist eben neu – unsere sehr gute Planung sicher in den Körper des Patienten übertragen. Damit sind die Ergebnisse einer Gelenkoperation mit dem Roboter insgesamt besser. Den Patienten und Krankenkassen entstehen durch die Behandlung mit MAKO keine zusätzlichen Kosten. Auch ein Punkt, der zur Zufriedenheit mit dem Robotersystem beiträgt.

Haben die Patientinnen und Patienten Vertrauen in das Robotersystem?

Friemert:

Wir haben die Patienten von Anfang an darüber informiert, dass es sich um die ersten Operationen mit MAKO handelt. Wichtig war, dass wir den Patienten erklären, dass wir eine Prothese einbauen, die schon lange auf dem Markt ist und gute Ergebnisse liefert und sich nur die Art ändert, wie wir sie implantieren; nämlich besser und präziser.

Wie fühlt es sich an, mit einem Roboter zu operieren?

Riesner:

Wir sind das Arbeiten über Monitore durch die Arthroskopien (Anm. d. Red. Gelenkspiegelung) gewohnt. Insofern ist das nicht neu für uns. Innovativ ist, dass sie nun die Instrumente über einen Monitor führen und bedienen lassen, ohne auf das Gelenk zu schauen. Daran muss man sich erst gewöhnen.

Friemert:

Umgekehrt ist es so, dass wenn Sie mit dem Arm des Roboters arbeiten, er Sie auch führt und dafür sorgt, dass sie nicht außerhalb bestimmter Grenzen sägen beziehungsweise fräsen. Das ist auch neu, aber man gewöhnt sich vergleichsweise schnell daran.

Wie sicher ist MAKO?

Friemert:

Vorgänger von MAKO, die bei uns seit über 20 Jahren im Einsatz sind, arbeiten sehr zuverlässig. Es ist davon auszugehen, dass auch MAKO diese Zuverlässigkeit aufweist. Der Roboter selbst kann keine Fehler machen. Sobald er nicht mehr bedient wird, also der Operateur nicht mehr aktiv ist, stoppt er. Ein echter Roboter kann nur das machen, was man vorher programmiert. Er kann spezifische Risiken und Besonderheiten nicht erkennen, die über das normale Maß einer herkömmlichen OP hinausgehen. MAKO ist es ein Roboter, der aufpasst, dass der Operateur keine falschen Schnitte macht, der dafür sorgt, dass ich als Operateur in der richtigen Ebene säge und nicht wichtige Strukturen schädige. Die Entscheidung, was gesägt wird, trifft weiterhin der Operateur selber.

Wo könnte MAKO noch besser werden?

Friemert:

Es gibt da ein paar Kleinigkeiten. Bei der Ergonomie gibt es noch Verbesserungspotenzial. Aber das System ist schon ausgereift. Die Entwicklung des Roboters begann vor 13 Jahren, MAKO ist also nicht neu. Die Erweiterung auf andere Bereiche wäre für mich wünschenswert. Zum Beispiel für Operationen des Schulterbereichs, weil man im Bereich der Schulter mit bloßem Auge wenig anatomische Strukturen sehen kann.

Riesner:

Ein anderer Bereich ist die Wirbelsäule wegen der schon genannten Präzision des Roboters. Gerade im oberen Bereich der Wirbelsäule ist die Präzision bei Operationen sehr wichtig.

Kann MAKO auch in der Ausbildung eingesetzt werden?

Friemert:

Ja. Damit man die Assistenzsysteme anwenden kann, muss man vollständig verstanden haben, was Endoprothetik ist. MAKO zwingt einen dazu, weil man am Monitor sehr viele Daten geliefert bekommt. Studentinnen und Studenten wie auch die Weiterbildungsassistenten können viel besser nachvollziehen was wir tun, wenn wir mit dem Roboter arbeiten, weil sie auf dem Monitor sehen, was passiert. Man kann die Weiterbildungsassistenten auch mal selbst mit MAKO die erst Schnitte sägen lassen, damit sie ein Gefühl für das Operieren entwickeln, weil das System so ausgelegt ist, dass keine Schäden am Knochen entstehen. Man kann die jungen Kolleginnen und Kollegen also viel früher an die Arbeit heranführen, als bei konventionellen Operationen.

MAKO im Einsatz bei einer Kniegelenk-Operation

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Am Bundeswehrkrankenhaus Ulm wird für Operationen im Bereich der Endoprothetik, also dem Gelenkersatz, das OP-Assistenzsystem „MAKO“ eingesetzt. Im Video sehen Sie den Einsatz während einer Kniegelenk-Operation.
von Björn Albrecht 

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