Bundeswehr im Weltraum

Hitschler: Weltraumsicherheit für Landes- und Bündnisverteidigung ist von hohem Wert

Hitschler: Weltraumsicherheit für Landes- und Bündnisverteidigung ist von hohem Wert

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
6 MIN

Die Weltraumsicherheit ist ein wichtiger Teil der Landes- und Bündnisverteidigung. Das hat der Parlamentarische Staatssekretär bei der Verteidigungsministerin, Thomas Hitschler, im Interview mit der Redaktion der Bundeswehr betont. Er sagte, für die Landes- und Bündnisverteidigung seien Deutschlands Sicherheitsinteressen im Weltraum von hoher Bedeutung.

Staatssekretär Thomas Hitschler im Porträt

Der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Hitschler äußert sich zum Thema Bundeswehr und Weltraum

Bundeswehr/Jörg Volland

Welche Ziele verfolgt Deutschland im Weltraum?

Die Bundesrepublik Deutschland ist Teil einer digital vernetzten Gesellschaft und Wirtschaft weltweit. Deshalb ist sie im hohen Maße abhängig von der Weltraumnutzung. Unsere vorrangigen Ziele sind: freier Zugang zum Weltraum sowie die sichere und nachhaltige, aber vor allem friedliche Nutzung des Weltraumes.

Und bezogen auf die Bundeswehr?

Die Bundeswehr verfügt über viele weltraumgestützte Dienste und Produkte, mit deren Hilfe sie ihre Aufgaben erfüllen und ihre Einsätze und Missionen unterstützen kann. Diese Dienste und Produkte müssen dauerhaft gewährleistet werden. Das ist eine „Dauereinsatzaufgabe“ für die Bundeswehr im Weltraum.

Was sind Deutschlands Sicherheitsinteressen im Weltraum?

Deutschland hat vor allem Interesse an einer verantwortungsvollen Weltraumnutzung und an der regelbasierten, internationalen Ordnung im Weltraum. Der Weltraum wird aber heute schon zum Teil von Auseinandersetzungen bedroht. Es drohen Eskalationsgefahren aufgrund gegenseitiger Fehleinschätzungen. Diese gilt es unbedingt zu vermeiden. Das ist ein ganz zentrales Sicherheitsinteresse Deutschlands. 

Gegen welche Bedrohungen aus dem Weltraum muss sich Deutschland schützen?

Beim Schutz vor Bedrohungen aus dem Weltraum geht es besonders darum, sehr weitreichende Entwicklungen im Blick zu haben. Neue Waffensysteme schränken die Nutzung weltraumgestützter Services ein. Ich weise in diesem Kontext auf den Ukrainekrieg hin, den Überfall Russlands auf die Ukraine. Daran wird deutlich, wie sehr moderne Streitkräfte von weltraumbasierter Technologie abhängig sind. Ich erinnere daran, dass Russland bereits im November 2021 einen Satelliten mit einer bodengestützten Rakete abgeschossen hat. Daran wurde deutlich: Wir müssen von einer gewissen Vulnerabilität unserer eigenen weltraumgestützten Systeme ausgehen.

Sehen Sie neben der Bedrohung durch ballistische Waffen auch Bedrohungen durch Cyberangriffe im Weltraum?

Ja, es geht um Cyberangriffe auf Weltrauminfrastruktur, das Stören von Signalen und das Blenden von Satelliten mit Lasern und Ähnlichem. Angesichts dieser Bedrohungen wird die Dimension Weltraum für die Bundeswehr immer relevanter, auch weil diese Dimension verletzlich ist.

Detailaufnahme von einer riesigen Satellitenschüssel einer SatCom-Anlage

Die Bundeswehr verfügt über weltraumgestützte Dienste und Produkte, mit deren Hilfe sie ihre Aufgaben erfüllen und ihre Einsätze und Missionen unterstützen kann

Bundeswehr/Martina Pump

Welche Funktion hat in diesem Kontext die Bundeswehr, insbesondere was die Krisenfrüherkennung und die Wahrung der gesamtstaatlichen Sicherheit Deutschlands im Weltraum angeht?

Krisenfrüherkennung im Weltraum ist für die Bundeswehr ein ganz zentrales Thema, das sie schon eine ganze Weile beschäftigt. Ein wichtiges Dokument ist in diesem Zusammenhang die „Strategische Leitlinie Weltraum“ von 2017, in der das Bundesministerium der Verteidigung die Ziele und Handlungsfelder der Bundeswehr in dieser Dimension festgelegt hat.

Lässt sich Krisenfrüherkennung an einem konkreten Beispiel zeigen?

Ganz aktuell möchte ich nochmal auf den Ukrainekrieg hinweisen und insbesondere auf die Entwicklungen davor. Durch die Möglichkeiten der Krisenfrüherkennung, die der Bundeswehr zur Verfügung stehen, konnten wir schon im Vorfeld sehen, dass Russland diesen Überfall auf die Ukraine – auch mit konventionellen Raketensystemen – vorbereitete. Durch weltraumgestützte Früherkennung waren wir in der Lage, diese Krise sehr früh ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit zu rücken. Wir konnten zudem Einfluss nehmen auf internationale Gespräche und Auseinandersetzungen. Auch deshalb halte ich weltraumgestützte Krisenfrüherkennung und -beobachtung für sehr wichtig.

Somit hängen Weltraumsicherheit und Landes- und Bündnisverteidigung offenbar sehr eng zusammen?

Ja, das ist so. Die Bundeswehr ist im hohen Maße auf die Nutzung eigener Weltraumsysteme angewiesen. Sie braucht bei der Landes- und Bündnisverteidigung die Befähigung, Einsatzunterstützung aus dem Weltraum aufrechterhalten zu können. Deshalb muss die Bundeswehr ihre eigenen Weltraumsysteme schützen und dafür sorgen, dass dem Gegner im Zweifel sogar die Weltraumnutzung verwehrt werden könnte. Die Weltraumsicherheit spielt also für die Landes- und Bündnisverteidigung eine enorme Rolle, ist dafür von hoher Bedeutung und von großem Wert.

Welchen Stellenwert messen Sie in diesem Kontext dem Weltraumlagezentrum und dem Weltraumkommando der Bundeswehr in Uedem zu?

Ich war vor kurzem in Uedem und konnte mir einen Überblick verschaffen, welch großartige Arbeit unsere Soldatinnen und Soldaten dort vor Ort leisten. Das Weltraumlagezentrum ist einer der zentralen Ansprechpartner der Bundesregierung für Fragen der Weltraumlage. Wenn man die Professionalität sieht, mit der dort gearbeitet wird, dann ist damit auch das internationale Renommee Deutschlands und der Bundeswehr auf dem Feld der Weltraumsicherheit zu erklären und warum wir zu einem so geschätzten Partner geworden sind. Das alles basiert darauf, dass dort sehr gut gearbeitet wird.

Und das Weltraumkommando der Bundeswehr?

Das Weltraumkommando ist die zentrale bundeswehrgemeinsame Koordinierungs- und Steuerungsstelle in Fragen der Weltraumsicherheit. Deshalb messe ich diesem Kommando einen sehr hohen Stellenwert zu. Ich bin froh, dass die Bundesregierung weiter investiert in diese Fähigkeit und in die professionelle Arbeit dort.

Nahaufnahme von einem Patch an der Uniform eines Soldaten

Weltraumkommando der Bundeswehr: Weltraumlagezentrum, Weltraumkommando der Bundeswehr und das Kommando Cyber- und Informationsraum arbeiten eng zusammen, wenn es um Deutschlands Sicherheit im Weltraum geht

Bundeswehr/Francis Hildemann
Ein Soldat sitzt vor mehreren Bildschirmen.

Das Weltraumlagezentrum ist einer der zentralen Ansprechpartner der Bundesregierung für Fragen der Weltraumlage

Bundeswehr/Francis Hildemann

Sehr wichtig ist offenbar auch die enge Zusammenarbeit mit dem Kommando Cyber- und Informationsraum?

Das Weltraumlagezentrum, das Weltraumkommando der Bundeswehr und das Kommando Cyber- und Informationsraum sind nicht voneinander zu trennen. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit ist für das erfolgreiche Erfüllen der Aufgaben in der Dimension Weltraum entscheidend – so auf den Feldern Satellitenkommunikation, satellitengestützte Aufklärung und Bereitstellung von Geoinformationsunterstützung. Deshalb halte ich die Kooperation zwischen Weltraumlagezentrum, Weltraumkommando der Bundeswehr und dem Kommando Cyber- und Informationsraum für sehr wichtig und entscheidend.   

Welche Partner und Organisationen sind für Deutschland bei der internationalen Zusammenarbeit auf dem Feld der Weltraumsicherheit besonders wichtig?

Die Kooperation mit den Partnern im Bereich Weltraumsicherheit entspricht der üblichen Zusammenarbeit mit ihnen auch auf anderen Feldern. So mit der NATO, dem NATO Space Centre of Excellence in Ramstein, und dem Toulouse Space Centre. Die Kooperation mit diesen bedeutenden Institutionen stellt Meilensteine auf dem Feld der Weltraumsicherheit dar. Ähnlich die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union, sie hat im Kontext ihres strategischen Kompasses klar gemacht, dass das Thema Weltraum für Europa ein entscheidendes ist. Weiter pflegt Deutschland in diesem Kontext eine sehr enge Partnerschaft mit Frankreich und natürlich auch transatlantisch mit den Vereinigten Staaten.

Welche Chancen sehen Sie vor diesem Hintergrund für die zivile und militärische Weltraumnutzung? Welche wichtigen Projekte wird Deutschland in diesem Kontext künftig angehen?

In der eigenen Beurteilungs- und Analysefähigkeit Deutschlands im Weltraum steckt eine große Chance. Diesen zentralen Aspekt will ich besonders betonen. Weitere Gesichtspunkte sind die zivile und militärische Kommunikation. Es ist sehr wichtig, dass wir sie mit unserer Weltraumtechnik ermöglichen und sicherstellen können. An dieser Stelle möchte ich hervorheben: Die Bundeswehr verfügt hier mit der Universität der Bundeswehr in München über eine herausragende Einrichtung. Sie genießt im Bereich Luft- und Raumfahrt europaweit besonderes Ansehen. Aus ihrer zivilen und militärischen Expertise begründet sich das besondere Renommee, das Deutschland insgesamt auf dem Feld der Weltraumnutzung hat. Das wollen wir weiterentwickeln.

Wird angesichts dieser Ambitionen Deutschlands im Weltraum die ressortübergreifende Kooperation innerhalb der Bundesregierung, beispielsweise zwischen dem BMVgBundesministerium der Verteidigung und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, noch stärker werden?

Zwischen dem BMVgBundesministerium der Verteidigung und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gibt es eine über Jahre gewachsene enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Sie ermöglicht der Bundesregierung, die Kräfte zu bündeln und zivile sowie militärische Projekte gemeinsam zu nutzen. Insgesamt ist hier die Zusammenarbeit schon sehr intensiv, so im Ressortkreis Weltraumnutzung und Weltraumsicherheit sowie im Koordinationsstab Weltraumsicherheit, in dem sich die Ressorts treffen. Dort ist man sich der gemeinsamen Aufgabe sehr bewusst.

Und darüber hinaus?

Das Thema Weltraumsicherheit wird als gesamtstaatliche Aufgabe eine noch größere Bedeutung erlangen. Dazu wird die Bundeswehr ihren Beitrag leisten – auch was Investitionen angeht -, um ihrer Verantwortung in den gewachsenen Prozessen der Ressortkooperation gerecht zu werden.

Die Fragen stellte Jörg Fleischer.