Der Koordinator der Coronahilfe

Der Koordinator der Coronahilfe

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
4 MIN

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Während andere Soldaten und Soldatinnen an Corona-Teststrecken Proben nehmen, beim Aufbau von Krankenhäusern helfen oder die Entwicklung einer Tracing-App vorantreiben, behält er über alles den Überblick: Oberst Armin Schaus ist Leiter der Koordinierungsstelle für die Amtshilfe der Bundeswehr.

Ein Soldat im Portät

Auch unter Anspannung freundlich und offen: Oberst Armin Schaus

Bundeswehr/Jonas Weber

Ist die Krise groß und guter Rat teuer, ist Oberst Armin Schaus gefragt. Wie eine „Spinne im Netz“ sitzt er in einem schmucklosen Funktionsbau in einer Kaserne mitten in Berlin.

Armin Schaus
Die Krisen kommen meistens nicht am Dienstag nach dem ersten Kaffee.

Vor drei Wochen wurde er an einem Donnerstag in Hamburg angerufen. Schon am nächsten Tag meldete er sich zum Dienstantritt in der Berliner Julius-Leber Kaserne. „Die Krisen kommen meistens nicht am Dienstag nach dem ersten Kaffee“, bemerkt der erfahrene Oberst trocken. Für gewöhnlich lehrt er an der Führungsakademie der Bundeswehr Stabsoffiziere die Grundsätze zu Einsätzen der Bundeswehr im Inneren.

Ein unscheinbarer Bau

Doch gerade sind keine gewöhnlichen Zeiten. Es ist die Stunde, in der häufig übersehene Dienststellen ihr Leistungsvermögen zeigen und die Lehre in die Praxis geht. In der Julius-Leber-Kaserne sind nicht nur das Wachbataillon und Feldjäger stationiert, sondern auch die zentrale Koordinierungsstelle für Aufgaben der Bundeswehr im Inland – das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr. Diese Dienststelle wird im militärischen Alltag wenig beachtet. Die Operationszentrale des Kommandos befindet sich in einem grob verputzten Flachbau in der Berliner Kaserne direkt neben dem Flughafen Tegel. Normalerweise donnern Passagierflugzeuge im Tiefflug über das Gebäude. Eng getaktet und laut. Der Flughafen war bis vor kurzem die Verbindung Berlins in die weite Welt. Jetzt ist sein Betrieb auf ein Minimum heruntergefahren. Das unscheinbare Kasernengebäude dagegen ist zur Kommandozentrale für alle Hilfsleistungen der Bundeswehr geworden. Hier laufen die Fäden aus allen Hilfe suchenden Landkreisen und Bezirken zusammen.

Ein Soldat telefoniert stehend an seinem Schreibtisch

Über 400 Amtshilfeanträge sind seit seinem Dienstantritt in der Berliner Julius-Leber-Kaserne schon über seinen Schreibtisch gegangen.

Bundeswehr/Jonas Weber

Alles fest im Griff

Schaus hält die Fäden fest in seinen großen Händen. Mit seiner ruhigen Ausstrahlung und einnehmenden Art wirkt er größer, als er ist. Es sei Not am Mann gewesen. Die Operationszentrale in Berlin habe seine Unterstützung gebraucht. „Ich bin daher ohne Zögern dem Ruf meiner alten Dienststelle gefolgt“, sagt Schaus. Vor seiner Lehrtätigkeit in Hamburg war er mehrere Jahre lang Leiter der Operationszentrale für Krisen- und Katastrophenfälle in Deutschland. Nach seinem Dienstantritt in Berlin blieb er gleich das Wochenende. Abgesehen von einer kurzen Rückreise nach Hamburg, von wo er sich ausreichend viele Uniformen holte, ist er seitdem jeden Tag im Dienst. Wochenenden und Feiertage inklusive.

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Über vierhundert Amtshilfeanträge sind schon über seinen Schreibtisch gegangen – fast die Hälfte hat der Kommandeur genehmigt. „Wir prüfen jeden Antrag und wägen diesen nach rechtlichen Gesichtspunkten ab“, beschreibt er seine Arbeit. „Und wir müssen natürlich schauen, ob Ressourcen vorhanden sind. Wenn wir dürfen und können, helfen wir.“ Dazu stehen ihm ein Rechtsberater sowie eine starke Truppe ständig zur Seite. Sie sitzen alle in der OPZOperationszentrale, wie die Operationszentrale abgekürzt wird. Deren Stärke hat sich in kürzester Zeit von vier Soldaten auf vierzig Frauen und Männer verzehnfacht. Bei Bedarf könnten noch zwanzig weitere Soldaten und Soldatinnen dazukommen.

Schaus kennt sich aus, wenn es darum geht, Wirkmittel anzufordern. Er ist der erste Artillerist, der vor zwanzig Jahren im Kosovo unter Einsatzbedingungen mit einer Haubitze geschossen hat. Der erfahrene Oberst hat schon viele solcher Koordinierungszentralen gesehen und geleitet. Doch diese Krise hat eine „andere Dimension und wir sind direkt selbst betroffen“.

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Auflockern ist Social Distancing

Ein wesentliches Merkmal einer OPZOperationszentrale ist die enge interne Zusammenarbeit. So kannte es Schaus auch aus vorherigen „Lagen“. So nennt er Krisen, die er schon mitgemacht hat. Entweder als große simulierte Übung zusammen mit dem Technischen Hilfswerk und der Polizei. Oder real beim G20Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer-Gipfel, Waldbrand und Hochwasser. Stets war Schaus eng, Schulter an Schulter mit seinen Männern und Frauen, dabei. In Zeiten von Corona ist dies nicht mehr möglich. Sie haben „aufgelockert“, wie Social Distancing beim Militär bezeichnet wird. Jeder Arbeitsplatz ist eineinhalb Meter vom nächsten entfernt. Dafür musste sich das ganze Team über mehrere Räume im ganzen Gebäude verteilen. Die tägliche Einweisung des Kommandeurs um 7:30 Uhr findet mit genau abgemessenen Abstand voneinander statt. Zusätzlich gibt es eine Videoübertragung für alle, die nicht in den Raum passen.

Armin Schaus
Eine Krise kann man schwer aus dem Homeoffice koordinieren.

„Wenn ein Coronafall hier bestätigt wird, dann kann alles lahmgelegt werden. Zwei Verdachtsfälle hatten wir schon“, sagt Schaus nachdenklich. Jedoch weiß er: „Eine Krise kann man schwer aus dem Homeoffice koordinieren.“ Zur Not wäre ein Personalaustausch machbar. Schaus hat als erfahrener Militär Reserven gebildet. Allerdings würde die Qualität seiner Zentrale merklich sinken. Die Frauen und Männer sind alle ein eingespieltes Team. Viele sind berufliche Weggefährten von früher. Mittlerweile versetzt oder aus dem Dienst ausgeschieden. Doch als bekannt wurde, dass Schaus übernehmen sollte, haben sich viele aus der ganzen Republik gemeldet. Bei ihm, denn er ist: der Koordinator.

von Matthias Lehna

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