Militär und Sprache

„Bei der Stange geblieben“? – Die militärische Formation im Sprachgebrauch

„Bei der Stange geblieben“? – Die militärische Formation im Sprachgebrauch

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
4 MIN

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Militärische Begriffe und Redewendungen haben über Jahrhunderte auch die zivile Alltagssprache geprägt. Oft wurden sie so verinnerlicht, dass die meisten Menschen kaum noch wissen, wo ihr Ursprung liegt und was es eigentlich mit ihnen auf sich hat. Hier werden einige Beispiele rund um den Oberbegriff „Formation“ genauer betrachtet und erklärt.

Mehrere Soldaten, geführt von einem Fahnenträger marschieren über den Apepellplatz.

Gefolgt vom bewaffneten Ehrenzug, wird die Truppenfahne auf den Appellplatz getragen. Flankiert wird sie von zwei Offizieren. Während die Fahne heute nur noch symbolischen Charakter hat, diente sie früher als Orientierungs- und Sammelpunkt.

Bundeswehr/Pascal Warner

„Bei der Stange halten“

Soll jemand „bei der Stange gehalten“ werden, wirft das gerade bei jüngeren Leserinnen und Lesern sicherlich einige Fragen auf. Dabei drückt die Formulierung lediglich den Versuch aus, Menschen auch auf längere Zeit für eine Aufgabe zu motivieren. Bereits im letzten Beitrag wurde näher beschrieben, welchen großen Stellenwert Flaggen auf See und Fahnen an Land für das Militär haben. Kurz: Sie dienten den Soldaten zum einen zur Orientierung und zu anderen als Identifikationssymbol.

Gerade in den Landschlachten längst vergangener Zeiten, umgeben von Tausenden Menschen und eingehüllt von dichtem Pulverdampf der Feuerwaffen, zeigten Fahnen den Soldaten, wo sich die eigene Einheit befand. Um ihre Sichtbarkeit zu erhöhen, waren und sind sie bis heute an lange Stangen angebracht. Damit die Soldaten nicht von der Fahne gingen, also flohen, „überzeugten“ sie mit langen Spießen bewaffnete Unteroffiziere im Zweifelsfall zum Bleiben. Sie hielten ihre Truppe also „bei der Stange“. Denn ein Verband ohne Soldaten hat eben auch keinen Kampfwert. 

„Auf Vordermann bringen“

Um auch unter Feinddruck als eine formierte, geschlossene Einheit funktionieren zu können, bedarf es viel Übung. Auch wenn heute nicht mehr in Formationen gekämpft wird, ist der Formaldienst nach wie vor wesentlicher Bestandteil in der Grundausbildung der angehenden Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr. Gerade beim Marschieren im Gleichschritt kommt es für den Gesamteindruck darauf an, dass die Abstände untereinander akkurat eingehalten werden. Als Faustregel gilt, dass der Vordermann oder die Vorderfrau nur so weit entfernt sind, dass die Hand eines ausgestreckten Armes deren Schulter berührt.

Fällt man zurück, gilt es, schnell wieder „auf Vordermann“ zu kommen, um die Marschformation nicht auseinanderzureißen. Das bringt nicht nur Unordnung und stört das Gesamtbild, sondern verringert auch die Durchschnittsgeschwindigkeit der Kolonne merklich. Heute wird die Redewendung gerne benutzt, um auszudrücken, dass ein erkannter Mangel bald in Ordnung gebracht wird. Das gilt beispielsweise für das Aufräumen der in Unordnung geratenen Wohnung, das Zurechtrücken der schräg sitzenden Krawatte oder das Putzen und Aufpolieren der dreckig gewordenen Schuhe.

Ein Vorgesetzter kontrolliert die Feldanzüge von Soldaten, die vor ihm aufgereiht stehen.

Während der Grundausbildung wird den Rekrutinnen und Rekruten gezeigt, worauf bei einem korrekten Anzug zu achten ist. Die Ausbildenden sprechen Mängel an und lassen sie sofort beseitigen. So werden die Lernenden „auf Vordermann gebracht“.

Bundeswehr/Marco Dorow

„Ins Hintertreffen geraten“

In offenen Feldschlachten standen sich einst teils mehrere zehntausend Mann starke Heere gegenüber. Die Hauptkampfeinheiten waren im Regelfall bis zum Ende des 17. Jahrhunderts in rechteckigen Formationen organisiert, die über die Breite des Schlachtfeldes in einer Linie nebeneinander positioniert wurden. Diese Linie nennt man Treffen. Meist ordneten die Feldherren ihre Kräfte so, dass hinter dem ersten Treffen noch ein zweites und gegebenenfalls ein drittes Treffen in Reserve stand. Je nach Verlauf der Schlacht wurden diese „hinteren Treffen“ zur Verstärkung nach vorne verschoben oder bildeten einen Schwerpunkt, um die gegnerische Front zu durchbrechen.

Klagt heute eine Person, dass sie „ins Hintertreffen geraten“ sei, drückt sie damit aus, dass sie sich benachteiligt fühlt. Aber sind die Überlebenschancen in einer Schlacht nicht besser, wenn man sich nicht in vorderster Linie befindet? Warum ist die Redewendung also so negativ behaftet? Die Antwort: Das vorderste Treffen konnte bei einem erfolgreichen Ausgang der Schlacht zuerst plündern. Die auf dem Schlachtfeld zurückgelassenen Toten und Verwundeten – sowohl Feinde als auch Verbündete – wurden oft um alles Brauchbare und Wertvolle erleichtert. Musste der Gegner sogar flüchten und sein Feldlager zurücklassen, lockte noch größere Beute – nur eben nicht für die Nachrücker. Sie mussten sich mit dem begnügen, was ihre plündernden Vorgänger übriggelassen hatten.

In die Bresche springen“

Von der Antike bis zum Ende des 19. Jahrhunderts fochten die meisten Soldaten an Land in Schlachtordnung. Deren Geschlossenheit macht ihre Kampfkraft aus. Auch die lange Zeit recht unpräzise treffenden Feuerwaffen änderten daran nichts. „Schulter an Schulter“ weiter zueinanderzustehen und so den Feind gegen eine geschlossene Formation anrennen zu lassen, erhöhte auch die Überlebenschancen des Einzelnen enorm. 

Dennoch rissen die feindliche Waffen Lücken in die eigenen Reihen. Für das Überleben ganzer Armeen war es dann erforderlich, dass besonders tapfere Soldaten diese Lücken schlossen, obwohl sie dabei Gefahr liefen, sich für das große Ganze zu opfern. Dieses ,,In-die-Bresche-Springen'' ist nach wie vor ein geflügeltes Wort. Es beschreibt meist, dass jemand kurzfristig eine wichtige Aufgabe von anderen übernimmt. Heute ist dieses eine wohlwollende Gefälligkeit, früher bedeutete es oft den sicheren Tod.

Soldaten in Matrosenanzug sind in Reihen zum Apell angetreten, sie halten ihre Gewehre an der Schultern und schauen gerade aus.

Zwölf und mehr Soldatinnen und Soldaten treten im Regelfall in Linie zu drei Gliedern an. Das bedeutet, dass sich drei Personen hintereinander und der Rest, der Größe nach geordnet und gleichmäßig verteilt, in Reihen links von ihnen aufstellt.

Bundeswehr/Jonas Weber

„Seine Pappenheimer kennen“

„Ich kenne doch meine Pappenheimer!“, hört man Menschen meist dann sagen, wenn sie unterstreichen wollen, dass ihnen ein störendes Verhalten bereits mehrfach aufgefallen ist und sauer aufstößt. Ob es das befreundete Pärchen ist, das zu jeder Verabredung zu spät kommt oder aber der ansonsten sehr geschätzte Kollege, der immer wieder die letzte Tasse Kaffee trinkt und keine neue Kanne ansetzt. Sie alle gehören in die Kategorie der „Pappenheimer“. Dabei hatte der Begriff ursprünglich eine sehr positive Bedeutung.

Bei einem „Pappenheimer“ handelte es sich nämlich um einen Angehörigen des berühmten Reiterregimentes des Grafen von Pappenheim, welches während des Dreißigjährigen Krieges, der zwischen 1618 und 1648 ausgefochten wurde, als besonders mutig und kampfeslustig galt. Zudem zeichnete sich das Regiment durch seine besondere Treue zum Kaiser aus, der das katholische Lager in diesem Religionskrieg anführte. Einen weiteren Popularitätsschub erhielten Pappenheims Reiter durch ein Zitat in Friedrich Schillers bekanntem Drama „Wallensteins Tod“. Hier hebt der Feldherr Wallenstein die Verlässlichkeit seiner „Pappenheimer“ hervor.

von Fabian Friedl

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