Truppenübungsplätze der Bundeswehr: „Der scharfe Schuss ist durch nichts zu ersetzen“
Truppenübungsplätze der Bundeswehr: „Der scharfe Schuss ist durch nichts zu ersetzen“
- Datum:
- Ort:
- Berlin
- Lesedauer:
- 4 MIN
Ob Simulationssoftware im Gefechtsübungszentrum in der Altmark oder Flugabwehrschießen auf dem Truppenübungsplatz in Putlos: Die Vielfalt deutscher Truppenübungsplätze ist groß. Oberstleutnant Christoph Peschel aus dem Territorialen Führungskommando der Bundeswehr spricht über Chancen und Herausforderungen bei der Verwaltung der deutschen Ausbildungsinfrastruktur.
Passen Sie jetzt Ihre Datenschutzeinstellungen an, um dieses Video zu sehen
„Ein Truppenübungsplatz ist nicht nur eine große Wiese“, meint Oberstleutnant Christoph Peschel im Gespräch mit „Nachgefragt“-Moderator Hauptmann Nico Glöckner. Stattdessen sei es ein großes Gelände, auf dem die Bundeswehr auf der Ebene Kompanie und höher übt. „Dort können wir mit Gefechtsmunition und in der Regel mit allen Waffen schießen, die die Bundeswehr hat“, sagt er.
Für die Bevölkerung seien Truppenübungsplätze sicher, so Peschel. „Die Gelände sind abgesperrt mit Schildern, Warnschildern, mit Schranken und so weiter.“ Auch würde man immer in die Platzmitte schießen, erklärt er. „Das heißt, alle unsere Munition landet in der Mitte des Platzes und eben nicht außerhalb des Platzes irgendwo in der Nachbarschaft.“
Neue Herausforderungen im Übungsbetrieb
Seit dem Ausbruch des Ukraine Kriegs nutzt die Bundeswehr vermehrt ihre Truppenübungsplätze zur Ausbildung ukrainischer Streitkräfte. Dies stellte Oberstleutnant Christoph Peschel vor einige Herausforderungen, denn er ist auf seinem Dienstposten verantwortlich für die Bereitstellung der Ausbildungsinfrastruktur. Er erklärt, dass er gemeinsam mit seinem unterstellten Bereich sehr kurzfristig reagieren und Truppenübungsplätze bereitstellen musste, um die ukrainischen Soldatinnen und Soldaten ausbilden zu können. „Mit Ausbildern aus Dänemark, mit Munitionen der Amerikaner und mit einer Vorschrift, die die Bundeswehr nicht mehr hat.“
Der normale Planungsprozess der Bundeswehr dauere dabei zwei Jahre, erklärt Peschel. „Plötzlich mussten wir relativ kurzfristig Waffensysteme wie den Leopard 1 wieder in die Nutzung bringen“, ergänzt er und erinnert daran: „Der Leopard 1 ist in den 90er-Jahren aus der Nutzung gegangen.“
Internationale Verbündete als Chance
Auch NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partner dürfen die Truppenübungsplätze der Bundeswehr nutzen, sagt Peschel. Der Übungsplatz Bergen mit dem Anteil Munster-Süd sei ein NATONorth Atlantic Treaty Organization-Übungsplatz. „Wir nutzen zum Beispiel in Deutschland die Truppenübungsplätze Grafenwöhr und Hohenfels der amerikanischen Streitkräfte oder den britischen Truppenübungsplatz in der Senne“, berichtet er. Aufgrund der Gefahrenbereiche können gewisse Schießausbildungen in Deutschland nicht durchgeführt werden, so der Heeresoffizier. „Dafür gehen wir zum Beispiel nach Kreta oder nach Schweden.“
Jeder Truppenübungsplatz habe eine „Spezialisierung“. Das bedeute, dass man dort gewisse Dinge machen könne, die auf anderen Truppenübungsplätzen nicht möglich seien. So könne man auf dem Truppenübungsplatz Putlos-Totendorf „von Land zum Beispiel mit Flugabwehrpanzer auf Flugziele“ schießen, so Peschel. In Hammelburg werde im Schwerpunkt die Infanterie ausgebildet. In Bergen, in der Oberlausitz und in Munster läge der Schwerpunkt beim Schießen auf der gepanzerten Truppe, führt der Heeressoldat aus: „Sprich, Kampfpanzer und Schützenpanzer.“
Üben zu jeder Zeit und bei jedem Wetter
Ein besonderes Alleinstellungsmerkmal hat die Altmark mit dem Gefechtsübungszentrum. Dort schießt die Bundeswehr im Schwerpunkt mit Simulationssystemen. „Das heißt, jeder Schütze, jede Waffe und jedes Fahrzeug ist ausgestattet mit Lasersystemen“, erläutert der Oberstleutnant. Jede Soldatin und jeder Soldat habe einen GPSGlobal Positioning System-Tracker bei sich. „Man kann exakt auswerten, welcher Soldat hat was gemacht zu welchem Zeitpunkt“, sagt Peschel.
Aber auch im digitalen Raum übe die Bundeswehr. Unter anderem nutze sie das sogenannte System Virtual Battle Space (VBSVirtual Battle Space). „Dort steuere ich meinen eigenen Avatar, wie man das bei Computerspielen kennt“, erklärt er. „Ich übe dort quasi für den Aufenthalt auf dem Truppenübungsplatz vor.“
Den scharfen Schuss würden Simulationssysteme jedoch nicht ersetzen können, so Peschel. Für ihn ist das Drumherum, also der Lärm, das Material sowie der Kampf mit sich und dem Wetter, Teil der Erfahrung. „Das kann ich nicht simulieren, das funktioniert nur im scharfen Schuss.“