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Wald der Erinnerung: Ein Ort zum Innehalten, Nachdenken und Trauern

Wald der Erinnerung: Ein Ort zum Innehalten, Nachdenken und Trauern

Datum:
Ort:
Schwielowsee
Lesedauer:
3 MIN

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Viele Bäume stehen im Wald der Erinnerung. Doch einer ist Tanja Menz besonders wichtig, denn er wächst hier für Konstantin – ihren 2011 in Afghanistan gefallenen Sohn. Insgesamt mehr als 3.300 Bundeswehrangehörige ließen bislang in Ausübung ihres Dienstes ihr Leben. Ihnen allen ist der Wald der Erinnerung gewidmet.

Ein Soldat steht auf einem Weg vor einem offenen Gedenkraum im Wald der Erinnerung
Der Wald der Erinnerung ist vieles: Ort der Trauer, Gedenkstätte, Denkanstoß. Er macht deutlich, was es in letzter Konsequenz heißen kann, Soldatin oder Soldat zu sein.
Audio-Transkription

Es ist Herbst im Wald der Erinnerung: Der Wind weht leise durch die Bäume, ein Rauschen geht durch die gelbroten Blätter ihrer Kronen. Tanja Menz steht vor einer Eiche und erzählt von ihrem Sohn Konstantin. Denn es ist sein Baum, vor dem sie steht. 2011 ist Konstantin in Afghanistan gefallen. Seither kommt Tanja Menz regelmäßig hierher. In diesem Wald kann sie ihrem Sohn nahe sein. Konstantin wurde nur 22 Jahre alt.

Ein Ort des Gedenkens und Erinnerns

Der Wald der Erinnerung ist ein Ort, an dem die Besucherinnen und Besucher unterschiedlichste Erfahrungen machen: Grundwehrdienstleistende, die erstmals richtig begreifen, dass Soldatsein auch bedeutet, im Dienst sterben zu können. Oder Stabsfeldwebel Michael Eichstätt, der täglich Besuchergruppen an den Metallstelen vorbeiführt, auf denen die Namen der Gefallenen in bronzenen Lettern verewigt sind. Unter anderem die von vier seiner engsten Kameraden. Auch für Tanja Menz ist es ein besonderer, ein sehr wichtiger Ort: „Der Wald ist ein Ort des Gedenkens und zum Erinnern. Zum Trauern ist eher der Friedhof da.“

Gefallen in Afghanistan

Konstantin wurde am 18. Februar 2011 von einem Attentäter in afghanischer Uniform getötet. Wenige Tage nach diesem Anschlag hätte Konstantin eigentlich seinen Einsatz beenden und zurück in seine Heimat fliegen sollen – zu seiner Familie, zu seinen Liebsten. Doch an diesem schicksalhaften Februartag in Afghanistan leistete er noch Dienst in einem Außenposten der Bundeswehr. Konstantin und seine Kameraden warteten ihren Marder-Schützenpanzer, als der Afghane völlig unvermittelt das Feuer eröffnete. Der junge Stabsgefreite und zwei seiner Kameraden starben.

Geliebter Mensch und Soldat

Nun erinnert im Wald der Erinnerung an Konstantin ein Baum. Seine Geschwister haben ihn mit Bedacht ausgesucht. Aus seinem Stamm wachsen zwei Äste, die für die zwei Leben ihres Bruders stehen – Soldat und geliebter Mensch, fest verwurzelt, untrennbar verbunden. Zwei große Herzen aus Holz schmücken ihn.

Auch andere Hinterbliebene haben für die, die sie verloren, Bäume ausgesucht. Auch diese sind mit Erinnerungsstücken geschmückt: ein gemalter Handabdruck des Kindes, eine Plakette mit einem Foto darauf oder ein QR-Code, über den Besucherinnen und Besucher erfahren können, wer der Mensch war, vor dessen Baum sie stehen.

Die Konsequenzen des Soldatenberufes begreifen

Der Wald der Erinnerung auf dem Gelände des Einsatzführungskommandos nahe Potsdam ist für die Hinterbliebenen ein ganz besonderer Ort. Ein Ort, an dem sie ihrer Kinder, Geschwister, Partner oder Eltern gedenken können. Aber er ist auch ein Ort, der zum Dazulernen geradezu auffordert: „Ich muss mir noch mal Gedanken darüber machen, ob das der richtige Beruf für mich ist“, sagt beispielsweise Benjamin P.*, nachdem er zusammen mit Kameraden durch den Wald gegangen ist. Der junge Soldat absolviert gerade seine Grundausbildung. Dass zu Sterben eine mögliche Konsequenz seines Berufes ist, das sei ihm erst an den Bäumen der Gefallenen bewusst geworden, so P. nachdenklich.

Der höchste Preis

Der Weg zurück zum Eingang der Gedenkstätte ist kurz – fast direkt dahinter befindet sich der Parkplatz. Nicht genügend Zeit, um die Eindrücke zu verarbeiten. Verschiedene Emotionen bleiben – vor allem Betroffenheit. Es ist nahezu unmöglich, sich nicht von den Schicksalen derer berühren zu lassen, die in Erfüllung ihres Eides den höchsten Preis bezahlt haben: ihr Leben.

Diesen Preis hat auch Konstantin Menz bezahlt. Er und alle anderen Bundeswehrangehörigen, die in Ausübung ihres Dienstes zu Tode gekommen sind, werden ihren Familien, ihren Freunden, ihren Kameraden ein Leben lang fehlen. Der Wald der Erinnerung soll dabei helfen, sie nicht zu vergessen.

Für jeden zugänglich

Der Wald der Erinnerung ist allen Menschen zugänglich. Junge Soldatinnen und Soldaten kommen hierher, aber auch einsatzerfahrene Kameradinnen und Kameraden der Verstorbenen. Auch Interessierte, die nichts mit der Bundeswehr zu tun haben, können die kurzen Waldwege entlanggehen und Anteil an den Schicksalen deren nehmen, die für ihr Land ihr Leben ließen.

*Name zum Schutz des Soldaten gekürzt und geändert.

von Janet Watson

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