Ganztagsbetreuung für Kinder und der Streit um den Rechtsanspruch
Ganztagsbetreuung für Kinder und der Streit um den Rechtsanspruch
- Datum:
- Ort:
- Bonn
- Lesedauer:
- 3 MIN
Das Statistische Bundesamt hat herausgefunden, dass jedes dritte Kind unter sechs Jahren im Jahr 2020 ganztägig in einer Kita betreut wurde. Damit ist die Quote mit 34 Prozent in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Im Jahr 2010 war es hingegen nur jedes fünfte Kind, was einer Quote von lediglich 22 Prozent entsprach.
Deutliche Unterschiede zeigten sich zwischen ost- und westdeutschen Bundesländern, erklärten die Statistiker.
So habe Thüringen mit 73 Prozent die bundesweit höchste Ganztagsbetreuungsquote bei Kindern unter sechs Jahren, in Sachsen-Anhalt liege die Quote bei 66 Prozent und in Sachsen bei 65 Prozent. Am niedrigsten waren die Werte dagegen in Baden-Württemberg (18 Prozent), Bayern (24 Prozent) und Niedersachsen (26 Prozent).
Auch bei den unter Dreijährigen liegt Thüringen laut Statistischem Bundesamt bei der Ganztagsbetreuung mit einer Quote von 52 Prozent an der Spitze, gefolgt von Sachsen-Anhalt (49 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (46 Prozent). In Baden-Württemberg und in Bayern wurden 2020 lediglich elf Prozent der unter Dreijährigen ganztags betreut. Das Bundesamt wies darauf hin, dass die Kosten für Kindertagesbetreuung in den einzelnen Bundesländern und Kommunen unterschiedlich ausfallen.
Die Zahlen des vergangenen Jahres bilden den Stand zum Stichtag 1. März 2020 ab, bevor wegen Corona Kitas und andere Betreuungseinrichtungen geschlossen werden mussten. Neuere Daten lägen voraussichtlich Ende September vor, teilte das Bundesamt in Wiesbaden mit.
(Quelle Statistisches Bundesamt)
Der Streit um den Rechtsanspruch
Noch wird über den Rechtanspruch der Ganztagsbetreuung gestritten. Bund und Länder müssen sich über die Kosten einig werden.
Die ehrgeizigen Pläne des Bundes sehen ab dem Jahr 2026 einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung für jedes neu eingeschulte Kind vor. Dieser Rechtsanspruch soll für die ersten vier Jahre gelten. Somit müssen Hunderttausende neue Plätze durch die Länder geschaffen werden. Um die Investitions- und Betriebskosten stemmen zu können, fordern die Länder mehr Entgegenkommen und finanzielle Unterstützung durch den Bund.
Der Gesetzesentwurf zur Ganztagsbetreuung für Grundschüler, welcher von SPDSozialdemokratische Partei Deutschlands und Union im Koalitionsvertrag verabredet wurde, wurde in einer Kabinettssitzung durch die Regierung bereits gebilligt.
Weitere Hilfen geplant
Für geringer Verdienende oder Familien mit einem Hartz IV-Einkommen ist eine Einmalzahlung von 100 Euro geplant. Nach Bedarf soll dieses Geld für Freizeitaktivitäten jeglicher Art verwendet werden können.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey sagte, es gehe darum „Kinder, Jugendliche und ihre Familien nach den harten Lockdown-Zeiten auf dem Weg zurück in einen geregelten Alltag“ zu unterstützen.
Integrationsstaatsministerin Annette Widmann-Mauz erklärte „Wichtig ist sicherzustellen, dass auch Kinder und Jugendliche mit Einwanderungs- und Fluchtgeschichte erreicht werden, die einen Anteil von annähernd 40 Prozent der unter 15-Jährigen ausmachen. Deren Familien sind von den Auswirkungen der Corona-Pandemie besonders betroffen, da diese häufig in Berufen arbeiten, in denen die Nutzung eines Homeoffice nicht möglich ist, etwa in der Pflege.“
„Wichtiges Signal für Familien“
Giffey hatte im Vorfeld der Entscheidung auf die rasche Einführung eines Rechtsanspruchs gedrungen. „Das Gesetz führt zu mehr Bildungsgerechtigkeit und wird Familien stärken“, sagte Giffey. Es bringe auch die Gleichstellung von Frauen und Männern voran. „Gerade in einer Zeit der Pandemie, in der wir gesehen haben, wie wichtig eine verlässliche Kinderbetreuung ist, ist das ein wichtiges Signal für die Familien im Land“, sagte Giffey vor der Tagung des Kabinetts.
(Quelle: Archiv Tagesschau vom 25. Juni 2021)