"Usuku oluhle" – Grüß Gott aus Mali

"Usuku oluhle" – Grüß Gott aus Mali

Datum:
Ort:
Mali
Lesedauer:
5 MIN

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Militärpfarrer Werner Maria Heß begleitet die Einsatzsoldaten im Camp Castor

Militärpfarrer Heß im Camp Castor in Gao

Bundeswehr

Militärpfarrer Werner Maria Heß begleitet die Soldatinnen und Soldaten in Mali und beschreibt in seinem sehr persönlichen Bericht seine ersten Eindrücke im Camp Castor in Gao

Jeden Tag herrlich warmes Wetter – kein Regen, kein Nebel, keine ersten Nachtfröste. Die erste Woche Leben im Camp Castor ist schon vorüber. Ganz viel Neues gab es zu entdecken und kennenzulernen. Unsere Vorgänger von der Evangelischen Kirche haben uns freundlich aufgenommen und gut in unser neues Arbeitsfeld eingeführt, die Kontakte mit den wichtigsten Leuten sind schon geknüpft.

Ankommen in Gao

Die ersten Tage waren insofern ein wenig schwierig, weil man sich gar nicht merken konnte, wer jetzt für die nächste Zeit hier sein wird und wer noch diese Woche nach Hause reisen wird. Es ist schon ein ständiges Kommen und Gehen. Manche sind aus meiner neuen ostfriesischen Heimat hier und ganz viele aus Bayern (Freyung und Mittenwald) – am vertrauten Zungenschlag erkennt man sich rasch und hat schon einmal eine Antenne füreinander, was sich schnell bei unseren Angeboten zeigt.

Unsere Zeltkirche St. Martin ist erst in den letzten vier Monaten errichtet worden und teilt sich in einen Gottesdienstraum und in einen Begegnungsraum. Ersterer wurde nun von mir mit einer Marien-Ikone und einem Volto-Santo-Bild weiter ausgestattet und verschönert. Als Glocke hängt ein umgebauter Feuerlöscher im Turm, geputzt wird hochgradig chemisch von einheimischen Kräften, die wohl die Mischungsverhältnisse von Wasser und Putzmittel zu verwechseln scheinen.

„Guter Hirte im Tarnfleck“

Viele der bisherigen Besucher sind nun nach Hause geflogen und es dauert, bis sich die Neuen finden lassen. Als „Guter Hirte im Tarnfleck“ gehe und radle ich mit unserem “Dienstfahrzeug“ in freier Zeit durch das Camp und suche den Kontakt bzw. eben „meine Schäfchen“. Überall erlebe ich Freundlichkeit wenn der Militärpfarrer vorbeikommt und es wird mir gerne erklärt, welche Aufträge es zu erfüllen gilt.
Es gibt die Besprechungen in der Stabslage, jeden Tag abends, was sich so alles im Land tut. Diese Woche ist leider eine unserer „Luna´s“, eine Aufklärungsdrohne, abgestürzt und in einem anderen Ort gab es eine Plünderung eines Hilfsmittellagers; eine Patrouille wurde mit Steinen beworfen, weil die Locals (Einheimischen) sauer waren, dass sie nicht ins Wahllokal gehen konnten, weil Aufständische dies verhinderten, unsere Leute aber nicht eingreifen durften.

Sonntagnachmittag ist immer eine Lage-Info, die allen Interessierten offensteht. Als Militärpfarrer bin ich bei der ISOLA (Info-Soziale-Lage) und bei PSNPsychosoziales Netzwerk (Psychosoziales Netzwerk) und dann biete ich natürlich eigene „Sprechstunden beim Pfarrer“ in unserem Kirchenzelt an, weil sich in den „Gelben Stab“ die einfachen Soldaten nur begeben, wenn es sein muss.

Militärpfarrer Werner Maria Heß vor dem Kirchenzelt im Camp Castor in Gao mit der aktuellen Ausgabe des KOMPASS

Militärpfarrer Werner Maria Heß vor dem Kirchenzelt im Camp Castor in Gao

KS/Friederike Frücht

Leben im Container

Mein Büro teile ich mir mit meinem Schutzsoldaten und Unterstützungsfeldwebel Rainer, der mir viel Büroarbeit abnimmt und mit dem ich gut harmoniere. Leider muss er sich – im Gegensatz zu mir – mit einem Kameraden die Stube, sprich den Container teilen und muss schon sehr beengt leben. Meinen Container konnte ich nach Abreise meines Vorgängers beziehen und fühle mich darin – nach entsprechender Gestaltung – sicher und „wohl“.
Spannend war beim Umzug von der Übergangsunterkunft „Treurenburg“, dass ein Karton mit diversen Kirchen-Utensilien, die ich mitbrachte, auf der Ladefläche des UNUnited Nations-LKW´s verblieb und ich dann jedes ähnliche Fahrzeug auf der Camp-Straße aufhielt und fragte, was sie denn geladen hätten
– scheint hier eine für einen Militärpfarrer unübliche Aktion zu sein, bringt aber gleich erste Kontakte. Ich war sehr erleichtert, als ich am nächsten Tag erfuhr, dass mein Karton bei der Instandsetzung aufgetaucht war und man aufgrund des Inhalts doch schnell erkannte, wem dies alles gehört (wobei der Entdecker leider mit ungewaschenen, sprich vom roten Wüstenstaub bedeckten Fingern mein helles Messgewand begutachtet haben muss). Der rote Wüstensand fliegt weiter als man denkt und hängt dann wirklich hartnäckig überall fest. Zum Glück sind die Kameraden auch schnell zur Stelle, wenn mal wieder das Telefon, der PC , die Stromverteilung oder die Klima-Anlage streikt – dann geht die Temperatur schon mal schnell auf über 50°C.

Leben in der Wüste strapaziert Material und Mensch.

An Tierchen habe ich bislang die Erdhörnchen, Eidechsen und Heuschrecken entdeckt – Skorpione, Schlangen und die Mücken sind eher selten, aber ständige Vorsicht ist angesagt. Weil hier viele Leute auf engstem Raum zusammenleben, werden die Hygiene-Vorschriften großgeschrieben, vor allem in der Truppenküche und auf den Toiletten und Waschräumen. Das Essen ist reichhaltig und vielfältig; meistens gehe ich nur einmal am Tag, weil bei der Hitze mit derzeit 43°C der Durst größer als der Hunger ist - was meiner Figur nicht schadet.

Für die Soldaten bieten wir außer offenem Ohr und Gespräch, Taize-, Bibel- und Filmabend, den SaMali-Treff (selbstgebackenes Brot und Salami aus der Heimat), ökumenische Wortgottesdienste und jetzt auch wieder die Feier der hl. Messe.
Das Betreuungsbüro sowie die Castor-Bar und vor allem auch die Sportanlagen (Out- und In-Door) machen viele Angebote über die Kicker-Kästen und Dart-Scheiben hinaus und wir sollen aufpassen, so hieß es, die Soldaten nicht durch ein Überangebot unter Stress zu bringen.

Da ist es leichter anlässlich eines Geburtstages bei den Kameraden einfach mal „so“ mit einer Glückwunschkarte und einem kleinen Geschenk (Feuerzeug) vorbei zu kommen. Dabei gilt es einzukalkulieren, dass es um 18 Uhr ganz schnell dunkel wird und – was eben das Ungewohnte ist - es im Camp, um dem Feind kein ausgeleuchtetes Angriffsziel zu bieten, keine Straßenbeleuchtung gibt. Man tapst also im Stockdunkel bzw. mit einer kleinen Taschenlampe bewaffnet durchs Lager und muss aufpassen, mit keinem Entgegenkommenden zusammen zu stoßen.

Für die vorausliegende Zeit mit Patrozinium, Totengedenken, Nikolaus, Weihnachten und Silvester laufen schon die Vorplanungen und Absprachen mit den Zuständigen und Mitverantwortlichen. Da unser Camp vom Status „Feldlager“ nun auf „Liegenschaft im Einsatzgebiet“ hoch gestuft wurde,
gilt es darüber hinaus auch für einen Büro-Umzug und gar Kirchbau aus Stein Pläne zu erstellen.

Zusammenarbeit mit katholischer Ortsgemeinde

Mit meiner „Außenstelle“ Niamey im Nachbarland Niger habe ich auch schon Kontakt aufgenommen und einen Erstbesuch in die Vorbereitung gegeben. Ebenfalls Vorgespräche gab es schon über einen möglichen Besuch der hiesigen katholischen Schule und der katholischen Ortsgemeinde.

Nach dem „Ankommen“ geht es nun darum, die Gemeinde an Zahl und Spiritualität aufzubauen und einen guten Rhythmus in den Tag und die Woche zu bekommen, um selber körperlich, mental und spirituell fit zu bleiben. Körperlich gesehen komme ich gut mit der Wärme klar und war gestern auch erstmals im Sportzelt, mental waren die Gespräche mit den Vorgängern, aber auch die möglichen Telefonate, WhatsApp, SMSSystem-Management Stiewi GmbH´s, Postkarten und Mails von Vorteil und spirituell bin ich um meinen kleinen Hausaltar in meinem Container dankbar.
So danke ich für alle Anteilnahme und Unterstützung und kann allen sagen, dass es mir gut geht.

Im Gebet verbunden und auf gut Zulu „hamba kalhle“ – auf ein Wiedersehen!

Ihr Militärpfarrer Werner Maria Heß

von Werner Maria Heß

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