Militärseelsorge bei den Menschen im Unwettergebiet in Westdeutschland

Militärseelsorge bei den Menschen im Unwettergebiet in Westdeutschland

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
3 MIN

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Gemeinsam für die Menschen da sein

Die Katholische Militärseelsorge unterstützt die Soldatinnen und Soldaten auch bei ihrem schwierigen Einsatz in den Hochwassergebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. In unterschiedlichen Gebieten zu unterschiedlichen Zeiten, aber beseelt von der Aufgabe, die Soldatinnen und Soldaten zu unterstützen und mental zu begleiten, werden dabei ganze Nächte zu Tagen. Die Militärseelsorgenden scheuen dabei keine Mühen, sprechen sich mit Landeskommandos und zivilen Unterstützungsorganisationen ab. Belegen sollen die Leistungen einige Tagebuchnotizen, die ständig fortgeführt werden.

Hochwassereinsatz 2021

Eine Sanitäterin geht durch das Katastrophengebiet an der Ahr

Bundeswehr/Patrick Grüterich
Freitag, 16. Juli 2021:

Bislang habe ich von den heftigen Regenfällen wenig mitbekommen und vor allem die Folgen für die Bevölkerung in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen nur über die Medien wahrgenommen. Heute werden wir Militärseelsorger:innen über die Ausrufung des „Militärischen Katastrophenfalls“ unterrichtet und aufgefordert, jederzeit erreichbar zu sein.

Aber schnell zeigt sich: Aus einigen Seelsorgern werden selbst Betroffene, um die man sich Sorgen machen muss, weil die, die in den betroffenen Gebieten wohnen und arbeiten, durch den Ausfall von Infrastruktur – vor allem Festnetz- und Mobil-Telefone – nicht zu erreichen sind. Die Kollegen forschen rasch nach ihrem Verbleib und fragen, ob es ihnen gutgeht und wie weit sie selbst oder Angehörige betroffen sind?

Wochenende 17./18. Juli:

Schon kurze Zeit nach den Unwettern in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen unterstützt die Bundeswehr die Bevölkerung und die Hilfskräfte in den zerstörten Gebieten. Nahezu ebenso schnell ist die Katholische Militärseelsorge in einem Lagezentrum aufgestellt und betreut die Soldatinnen und Soldaten ebenso wie die Einheimischen seelsorglich dort, wo es nötig und sinnvoll ist.
Die Unwetter machen plötzlich aus Helfern auch Betroffene, trotzdem muss es weitergehen. Eigene Familienangehörige werden obdachlos gemeldet.

Schnell treffen dann auch Mitteilungen aus der Truppe ein: Anruf eines Hauptfeldwebels mit der Frage, „ob ein Katholischer Militärpfarrer 230 Soldaten in Grafschaft betreuen kann?“ Neben dem proaktiven Einsatz der Militärseelsorger sind solche Anrufe hilfreich, um konkret beistehen zu können. Denn das Ausmaß der Verwüstungen, das Leid und die Hilflosigkeit bei Bewohnern und bei Hilfskräften belasten die Soldaten und Soldatinnen von Anfang an.

Hochwassereinsatz 2021

Aufräumarbeiten während der Hochwasserkatastrophe im Kreis Bad Neuenahr-Ahrweiler

Bundeswehr/Tom Twardy
Woche 19.–23. Juli:

Die unterbrochene Infrastruktur bei Mobilfunk und Festnetz erfordert Überlegungen zur Kommunikation: Anfrage nach Notizbüchern. Diese waren für die ganze Militärseelsorge beschafft worden, um von den Pfarrämtern verschenkt zu werden. Nun erhalten sie als Mittel der Verständigung eine neue Bedeutung.

Die Seelsorge ist natürlich hier besonders gefragt: beim Umgang mit Leid und Tod. Soldatinnen und Soldaten und Feuerwehrleute der Bundeswehr sind bei der Leichenbergung eingeteilt. Scheinbar sachlich heißt es im Lagebericht, „dass ein Seelsorger eine Andacht auf dem Flugplatz an der Leichensammelstelle anbietet und dazu ein Kreuz gefertigt hat“. Nach einem kurzen Bericht darüber in den Sozialen Medien der Katholischen Militärseelsorge kommen etliche Anfragen nach dieser Andacht.

Die zahlreichen Abrufe des Facebook-Posts und die Kommentare eröffnen jedoch, welche Emotionalität hinter diesen Zeilen steht. Umso wichtiger ist und bleibt es, hinter den „professionellen Helfern in Flecktarn“ die Menschen zu sehen und empathisch zu begleiten, ihre Nöte zu spüren und bei ihnen zu sein.

Hochwassereinsatz 2021 in Nörvenich

Soldaten vom Taktischen Luftwaffengeschwader 31 begutachten und bewerten die Lage während des Hochwassereinsatzes

Bundeswehr/Sandra Süßmuth

Neben der Betreuung von Soldatinnen und Soldaten und Einwohnern gilt es auch, Kräfte zu bündeln und gemeinsam für die Menschen da zu sein. Um etwa 11 Uhr der Anruf eines evangelischen Pfarrers und Notfallseelsorgers: Er informiert über einen geplanten Ökumenischen Gottesdienst am Nürburgring für Notfallseelsorger am nächsten Sonntag, 17 Uhr. Die Anfrage lautet, „ob die Katholische Militärseelsorge liturgische Gegenstände (Kerzen, Kreuz und Bibel) sowie einen Organisten beisteuern kann?„

Auch die Seelsorge für alle ist gefragt: Auf Bitten von Evakuierten halten wir eine Ökumenische Andacht mit etwa dreißig Evakuierten und zehn Soldat:innen. Manchmal folgen diesen Andachten und Gottesdiensten Einzelgespräche. „Weitere fünf Überschwemmungsopfer aufgesucht. Die Menschen empfinden eine große Dankbarkeit für das Gespräch, in dem es im Wesentlichen darum geht, jetzt – eine Woche nach der Katastrophe – den Blick nach vorne zu richten.“

Amtshilfe im Hochwassergebiet

Lebensmittelspenden liegen in der Kirche von Rech während des Hochwassereinsatzes in Rheinland-Pfalz

Bundeswehr/Tom Twardy

Bei allem Leid melden sich Gott sei Dank die zu Beginn nicht erreichbaren Personen im Laufe der Tage – auch sie hatten keine Telefonverbindung, waren aber den Umständen entsprechend wohlauf. Für die Katholische Militärseelsorge gehen die Begleitungen noch länger weiter; die Seelsorger sind für ihre Soldatinnen und Soldaten genauso da wie für alle Menschen in diesen Gebieten – und fast jederzeit ansprechbar. Zusammen sind die Belastungen und das Leid besser zu ertragen und das gemeinsam Erlebte zu verarbeiten.

Für die materielle Not sind auch Spenden möglich:
https://www.bundeswehr-sozialwerk.de/
https://www.dasein.bistum-trier.de/handeln/hochwasser/
https://www.erzbistum-koeln.de/news/Unwetterkatastrophe-Aktuelle-Lage/
https://www.caritas-international.de/spenden/online/fluten-deutschland?id=DEU2021Q2


von Jörg Volpers / Norbert Stäblein 

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