Nationaler Rüstungsdirektor: Worauf es bei der Beschaffung jetzt ankommt
Nationaler Rüstungsdirektor: Worauf es bei der Beschaffung jetzt ankommt
- Datum:
- Ort:
- Berlin
- Lesedauer:
- 4 MIN
Russland ist die größte militärische Bedrohung seit Ende des Kalten Krieges – und rüstet weiter auf. Es bestehe die Gefahr, dass es das westliche Bündnis ab 2029 angreifen könne, sagt Vizeadmiral Carsten Stawitzki. Was muss in Sachen Beschaffung getan werden, damit die Bundeswehr einsatzfähig und kampfbereit wird, um Russland abschrecken zu können?
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„Es geht letztendlich um unsere Sicherheit,“ erklärt Vizeadmiral Carsten Stawitzki den Zweck der neuesten Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr. Die Sicherheit der Verbündeten und die Absicherung der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Nordostflanke seien eng miteinander verzahnt, so der Abteilungsleiter für Rüstung im Verteidigungsministerium und nationale Rüstungsdirektor. Der Schutz des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Bündnisgebietes könne nur durch internationale Kooperationen im Beschaffungswesen erreicht werden, so Stawitzki im „Nachgefragt“-Gespräch mit Hauptmann Arthur Eichmann.
Rüsten, um abzuschrecken
Damit es nicht zur militärischen Eskalation zwischen Russland und dem Westen komme, sei Abschreckung im Verbund unerlässlich, glaubt Stawitzki. Die Beschaffung von großen Waffensystemen zur bodengebundenen Luftverteidigung wie dem USUnited States-amerikanischen PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target-System habe jedoch erst durch die Grundgesetzänderung und das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro im großen Stil anlaufen können. Erst dieser Parlamentsbeschluss habe der Bundeswehr den Weg einer auskömmlichen und nachhaltigen Finanzierung geebnet, unterstreicht Stawitzki. Der Beschaffungsvorgang erfolge dabei in enger Absprache mit den Planern sowie den jeweiligen Teilstreitkräften. Erst im letzten Schritt gehe es um den Vertragsabschluss über Rüstungsgüter mit den industriellen Herstellern, so der Rüstungsexperte: „In vielen Projekten stehen die Objekte ja eben nicht im Rüstungs-Amazon-Regal.“
Rüstungsindustrie mitdenken
Nach dem Ende des Kalten Krieges reduzierte die deutsche Verteidigungsindustrie ihre Kapazitäten drastisch. „So wie die Bundeswehr in den zurückliegenden Jahrzehnten abgeschmolzen wurde, hatte die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie letzten Endes nichts mehr zu tun gehabt. Man wollte sie ja auch nicht mehr.“ Nach der russischen Annexion der Krim und der sich anschließenden Invasion der Ukraine gewinne die Verteidigungsindustrie jedoch eine völlig neue Bedeutung. Gleichzeitig sei eine globalisierte Welt mit offenen Lieferketten nicht mehr selbstverständlich. Ebenso wenig ein Zugriff auf andere Produktionskapazitäten sowie Rohmaterialien, sagt Stawitzki. „Beim Puma hängen allein 140 mittelständische Unternehmen dran.“ Da müsse nur mit einem einzigen Lieferanten irgendetwas nicht stimmen, schon funktioniere der ganze Schützenpanzer nicht, warnt Stawitzki.
Durch internationale Kooperation könne die kollektive Sicherheit entscheidend gestärkt werden. Denn durch Interoperabilität der verbündeten Streitkräfte könnten Abhängigkeiten reduziert werden: Nämlich dann, „wenn die Rüstungsgüter aller Bündnispartner austauschbar sind, weil sie die gleiche Produktpalette beschaffen.“ So habe man im Rahmen von Beschaffungskooperationen mit den Niederlanden gemeinsam Luftlandefahrzeuge entwickelt. Gleichzeitig habe die niederländische Seite den Leopard 2A8 aus deutscher Produktion bestellt. Auch den Bau identischer U-Boote durch Norwegen und Deutschland führt Stawitzki als „gelebtes Beispiel“ internationaler Kooperation im Verbund an.
Resilienz und Stärke im Verbund
Für besonders wichtig hält Stawitzki außerdem die wirtschaftlich-industrielle Förderung verbündeter Nationen. Ein verstärkter gegenseitiger Kauf erhöhe die Produktionskapazitäten und optimiere gleichzeitig die Lieferleistungen. „Das ist wie eine Sammelbestellung bei Otto. Das kennen noch einige. Man ist also in der Nachbarschaft rumgegangen: Möchten Sie nicht auch irgendetwas bestellen?“ Im Ergebnis würden vor allem resiliente Strukturen geschaffen.
Ziel der Beschaffung ist und bleibt somit die Sicherheit Deutschlands und die seiner Bündnispartner. Man müsse einem möglichen Gegner klipp und klar rote Linien aufzeigen, die nicht überschritten werden dürften. „Denn die Bilder, die wir aus der Ukraine sehen, möchte keiner von uns irgendwo anders in Europa sehen. Und dafür gilt es, sich im wahrsten Sinne des Wortes zu rüsten.“
Das gelte auch für das Kampfflugzeug F-35. Es wird dem in die Jahre gekommenen Tornado als Trägersystem für USUnited States-Kernwaffen nachfolgen. „Die F-35 steht für das schärfste Schwert einer glaubhaften Abschreckung: nämlich für die nukleare Teilhabe“, sagt Vizeadmiral Carsten Stawitzki.