„Nukleare Abschreckung ist eine fundamentale Lebensversicherung“
„Nukleare Abschreckung ist eine fundamentale Lebensversicherung“
- Datum:
- Ort:
- Berlin
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- 4 MIN
Konventionelle Abschreckung ist wichtig, eine nukleare Abschreckung aber noch wirksamer. Die Bundeswehr investiert deshalb in F-35-Kampfjets, die USUnited States-Atombomben im Auftrag der NATONorth Atlantic Treaty Organization ins Ziel bringen könnten. Warum diese nukleare Teilhabe Deutschlands im 21. Jahrhundert wichtiger ist denn je, erklärt Dr. Andreas Lutsch, der dazu geforscht hat.
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Es ist eine bittere Wahrheit, die Prof. Dr. Andreas Lutsch ausspricht: „Die Vorstellung einer Welt ohne Kernwaffen ist letztlich Wunschdenken“, sagt der Historiker von der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung. „Wir sind inmitten einer Welt, in der die Bedeutung der nuklearen Abschreckung global gesehen zunimmt.“ Man müsse sich damit auseinandersetzen, dass Kernwaffen und ihr politisches Management der Menschheit als Herausforderungen erhalten blieben, so Lutsch zu Hauptmann Christian Pravos, dem „Nachgefragt“-Moderator.
Deutschland hat schon 1954 ausdrücklich auf den Besitz von Atomwaffen verzichtet. Um dennoch von ihrer abschreckenden Wirkung zu profitieren, beteiligt sich die Bundesrepublik seit vielen Jahren an der nuklearen Teilhabe in der NATONorth Atlantic Treaty Organization. Das heißt: Die Bundeswehr stellt für einen möglichen Kernwaffeneinsatz sogenannte Trägersysteme zur Verfügung.
Noch hält sie dafür Tornado-Kampfflugzeuge bereit, die allerdings veraltet sind. Um Deutschlands nukleare Teilhabe auch künftig sicherzustellen, werden deshalb F-35-Kampfjets aus den USA beschafft. So wäre die Luftwaffe der Bundeswehr weiterhin prinzipiell in der Lage, im Bündnisfall USUnited States-amerikanische Atomwaffen ins Ziel zu tragen. „Ein solcher Einsatz ist nur unter extremen Umständen vorstellbar und nur im Rahmen einer Selbstverteidigung“, stellt Lutsch dazu klar. Schließlich sei die NATONorth Atlantic Treaty Organization ein reines Verteidigungsbündnis.
Es geht um Abschreckung, nicht Vernichtung
Ohnehin müssten Nuklearwaffen in erster Linie als politische Waffen betrachtet werden, gibt der Professor zu bedenken. „Sie dienen primär der Abschreckung. Der Einsatz von Kernwaffen ist in erster Linie nicht dazu da, um irgendwelche Effekte auf einem Gefechtsfeld zu erzielen.“ Ein Einsatz von Atomwaffen würde für weltweite politische Erschütterungen sorgen. Deshalb seien sie einer strikten Kontrolle unterworfen.
Dennoch deutet Russland immer wieder einen möglichen taktischen Einsatz seiner Atomwaffen im Angriffskrieg gegen die Ukraine an. Russland missbrauche sein nukleares Arsenal, um damit Machtpolitik zu betreiben, kritisiert Lutsch. Zum einen solle die ukrainische Bevölkerung eingeschüchtert werden, zum anderen sollten die Verbündeten der Ukraine von einer Ausweitung ihres Engagements abgehalten werden.
China strebt nach nuklearer Dominanz
Trotzdem dürfe beim Thema Nuklearwaffen nicht ausschließlich auf Russland und die NATONorth Atlantic Treaty Organization fokussiert werden, so Lutsch. „Ein Haupttreiber der Veränderungen in den globalen nuklearen Kräfteverhältnissen ist die Aufrüstung der Volksrepublik China.“ Die USUnited States-Regierung schätze, dass China Mitte der 2030er Jahre ein ähnlich umfangreiches nukleares Arsenal besitzen könne wie die USA. Dies habe fundamentale Folgen für das System der nuklearen Abschreckung der NATONorth Atlantic Treaty Organization. „Die ganze Architektur muss im Grunde genommen einer Überprüfung unterzogen werden.“
Abschreckung sei nur glaubwürdig, wenn sie auch einsetzbar erscheine, so der Professor. Die Sicherheit Deutschlands beruhe deshalb auch auf der nuklearen Teilhabe in der NATONorth Atlantic Treaty Organization. „Letzten Endes ist die nukleare Abschreckung so etwas wie die ultimative Quelle der nationalen Sicherheit“, sagt Lutsch. Der Zusammenhang zwischen der Abschreckung mit Kernwaffen und der Freiheit der Bundesrepublik Deutschland und der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Staaten dürfe niemals vergessen werden, mahnt er. „Die nukleare Abschreckung ist eine fundamentale Lebensversicherung.“