„Mittlere Kräfte sind als Multitool ein Gamechanger“
Einsatzbereitschaft- Datum:
- Ort:
- Berlin
- Lesedauer:
- 4 MIN
Die Bundeswehr muss für die Bündnisverteidigung auf alles vorbereitet sein. Um im Ernstfall an die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke zu gelangen, brauche es schnell verlegbare und autarke Kräfte, sagt Brigadegeneral Marco Eggert. Der Kommandeur der Panzerbrigade 21 erklärt, was seine Mittleren Kräfte zu leisten imstande sind – und wie sie künftig noch besser werden.
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Ein wenig Pioniergeist sei gefragt. „Für die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke brauchen wir ein ganz anderes Mindset, als wir es früher hatten“, sagt der Kommandeur der Panzerbrigade 21 im „Nachgefragt“-Gespräch mit Frau Hauptmann Janet Watson. Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Innovationen in der Militärtechnik machten eine Anpassung der Bundeswehr an die veränderten Sicherheitsbedingungen erforderlich.
Russland führt nicht nur in der Ukraine Krieg, es provoziert auch die NATONorth Atlantic Treaty Organization und ihre Mitgliedstaaten entlang der Ostflanke in Europa. Vor kurzem drangen russische Drohnen teils rund 100 Kilometer tief in den polnischen Luftraum ein, das Risiko eines Angriffs auf NATONorth Atlantic Treaty Organization-Bündnisgebiet ist eine reelle Gefahr. Um den Alliierten insbesondere im Baltikum bei einem russischen Angriff schnell mit einer schlagkräftigen Truppe zur Seite zu stehen, gibt es seit 2023 die Mittleren Kräfte der Bundeswehr – und Brigadegeneral Eggert führt mit der Panzerbrigade 21 den ersten Verband deutscher Streitkräfte, der konsequent auf Radpanzer setzt.
„Mittlere Kräfte sind als Multitool ein Gamechanger“, ist Eggert überzeugt. Sie seien eine effektive Kombination der Fähigkeiten der Leichten und Schweren Kräfte. Bei Letzteren handelt es sich um Panzergrenadier- und Panzerverbände, die mit dem Puma-Schützenpanzer und dem Leopard-Kampfpanzer ins Feld ziehen. Sie sind äußerst schlagkräftig, brauchen aber viel Zeit, um von Deutschland an die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke zu gelangen. Im Gegensatz dazu sind die Leichten Kräfte der Infanterie – zum Beispiel Fallschirmjäger oder Gebirgsjäger – zwar sehr schnell am Einsatzort, aber aufgrund ihrer leichten Bewaffnung nur begrenzt durchhaltefähig.
Die Mittleren Kräfte vereinen nun die erhebliche Schlagkraft der Schweren Kräfte mit der Mobilität der Leichten Kräfte. Die Mittleren Kräfte der Bundeswehr seien ein Gesamtpaket für die Landes- und Bündnisverteidigung, aber auch für klassische Auslandseinsätze und Konfliktmanagement, so Brigadegeneral Eggert. Dass die Radpanzer in der Lage sind, in nur wenigen Tagen im Straßenmarsch ins Baltikum zu verlegen, hat Eggerts Panzerbrigade mehrfach bewiesen.
Hauptwaffensysteme der Mittleren Kräfte der Bundeswehr sind Radpanzer auf der Basis des bekannten GTKGepanzertes Transport-Kraftfahrzeug Boxer. Durch seinen modularen Aufbau kann er in verschiedenen Varianten für viele Aufgaben eingesetzt werden. Eggerts Panzerbrigade 21 wird künftig auf eine Variante setzen, die wie der Puma mit einer 30-Millimeter-Maschinenkanone bewaffnet ist, darüber hinaus aber auch noch über einen Werfer für Panzerabwehrraketen verfügt. „Der hat Lenkflugkörper, ist deutlich kampfkräftiger, sodass wir auch befähigt werden, gegen einen stärkeren gepanzerten Feind zu kämpfen“, sagt Eggert. Das System befinde sich bereits im Zulauf, die Ausbildung der Soldatinnen und Soldaten habe bereits begonnen.
Zudem werde das neue Artilleriebataillon 215 mit einer Radhaubitze ausgestattet, die ebenfalls auf der Boxer-Plattform basiere. „Auch dieses System kann auf eigener Achse auf der Straße verlegen“, sagt Eggert. Zudem sei es in der Lage, ähnlich wie ein Puma oder ein Leopard im Fahren zu schießen, ergänzt der Brigadegeneral. So könne unmittelbare Feuerunterstützung geleistet werden.
Die Mittleren Kräfte testeten derzeit auch den Einsatz von unbemannten Systemen, führt der Brigadegeneral weiter aus. Hierzu gehörten nicht nur Aufklärungsdrohnen, sondern auch die sogenannte Loitering Munition, also Einweg-Angriffsdrohnen. Auch unbemannte Landsysteme gewönnen immer mehr an Bedeutung, um Räume zu sichern und Truppen zu schützen. Das Kriegsgeschehen in der Ukraine werde auch weiterhin genau beobachtet, um Innovationen auf dem Gefechtsfeld zu identifizieren. „Jeder Konflikt, jeder Krieg ist im Prinzip immer ein Technologieschub für das Militär“, sagt Brigadegeneral Eggert. Dies werde bei der Beschaffung und bei der Ausbildung der Truppe berücksichtigt.