Sanitätsdienst
„Radiation preparedness“

Forschung auf dem höchsten Stand der Technik

Forschung auf dem höchsten Stand der Technik

Datum:
Ort:
München
Lesedauer:
4 MIN

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

Das Institut für Radiobiologie (InstRadBioBwInstitut für Radiobiologie der Bundeswehr) an der Sanitätsakademie der Bundeswehr ist innerhalb der NATONorth Atlantic Treaty Organization das zweitgrößte radiobiologische Forschungsinstitut im Bereich der „Radiation preparedness“, auf Deutsch: des Strahlenschutzes. In Verbindung mit der Universität Ulm verfügt die Bundeswehr über ein medizinisches Ressortforschungsinstitut, das sich seit fast 40 Jahren mit Fragen des radiologischen medizinischen Notfallschutzes beschäftigt.

Eine Frau sitz in weißer Schutzkleidung an einer Sicherheitswerkbank und führt eine Genexpressionsanalyse durch.

Hier wird konzentriert im Rahmen der sogenannten Genexpressionsanalyse unter einer Sicherheitswerkbank gearbeitet

Das Institut ist wesentlicher Bestandteil der medizinischen ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutz-Fähigkeit und Forschung der Bundeswehr. Zudem ist das InstRadBioBwInstitut für Radiobiologie der Bundeswehr eng über eine NATONorth Atlantic Treaty Organization-Arbeitsgruppe unter anderem mit dem befreundeten französischen („Institut des Recherche Biomédicale des Armées“ – IRBA) und den Instituten der amerikanischen, tschechischen und italienischen Partner verbunden.

Zusammen mit der Sanitätsakademie, dem Beauftragten MedABC-Schutz, den Dekontaminationskräften der Regimenter und in engem Schulterschluss mit der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrtruppe steht dem Sanitätsdienst eine flexible und schlagkräftige Anfangsfähigkeit auch für die medizinische Vorsorge des A-Schutzes zur Verfügung.

Die Bandbreite möglicher Bedrohungsszenarien gehen dabei über den eher unwahrscheinlichen Einsatz strategischer und taktischer Nuklearwaffen weit hinaus. Die Freisetzungen von Radionukliden aus Kernkraftwerken und Forschungsstätten, zum Beispiel bei Reaktorunfällen, aber auch verdeckte Operationen, wie Anschläge mit Radionukliden auf Einzelne, stellen realistische Bedrohungsszenarien dar, wie im Falle des ehemaligen Agenten Litwinenko, der 2006 den Folgen einer Strahlenvergiftung zum Opfer fiel.

In der sicherheitspolitischen Diskussion seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine spielen Fragen nach dem Einsatz von Nuklearwaffen immer wieder eine Rolle und verdeutlichen die weit verbreiteten Ängste in der Bevölkerung.

Schnell und vielseitig einsetzbar

Fünf Personen in weißen Schutzanzügen

Militärischer Aufklärungs- und Diagnose-Trupp (MedRIIT) des Institutes für Radiobiologie der Bundeswehr während einer Übung

Am InstRadBioBwInstitut für Radiobiologie der Bundeswehr ist ein schnell verlegbarer militärischer Aufklärungs- und Diagnose-Trupp (MedRIIT) etabliert und ausgebildet. Dieser Spezialtrupp MedRITT ist innerhalb 72h weltweit einsetzbar. Er verfügt über medizinische Spezialexpertise, ist ausgerüstet für klinische, physikalische und biologische Messungen der vorhandenen Strahlendosis (Dosimetrie) und kann im Einsatzfall neben Diagnostik und Beratung für betroffene Patienten auch Therapieeinleitungen durchführen.

Mit den Abteilungen Nuklearmedizin und Anästhesie am Bundeswehrkrankenhaus Ulm wurden die medizinischen Fähigkeiten zur Patientenaufnahme nach radiologischer Kontamination unabhängig von den Vorkommnissen in der Ukraine erstmals im Februar geübt.  Es folgte eine Weiterbildung, auch mit praktischen Anteilen, am BundeswehrZentralkrankenhaus (BwZKrhsBundeswehrzentralkrankenhaus) in Koblenz.

Wissenschaftliche Spitzenleistung

Um in radiologischen Notlagen individuell auf die notwendigen Bedürfnisse von Patienten und Behandlern reagieren zu können, verfügt das InstRadBioBwInstitut für Radiobiologie der Bundeswehr über eine Spezialdiagnostik zur biologischen Dosimetrie. Die Wissenschaftler und technischen Mitarbeiter am Institut können bei Bedarf mehr als 1000 Untersuchungen pro Woche zu diagnostischen Zwecken durchführen. Dazu gehören die am Institut akkreditierten dizentrischen Chromosomenanalyse, die spezialisierte Genexpressionsanalyse, die Messung von DNA-Reparatur über phosphorylierte Proteine aus der Familie der Histone (γH2AX) und weiteren Verfahren.

Zu den am Institut entwickelten, oder weiterentwickelten Verfahren gehört auch eine App für Mobilgeräte: das „H-Modul“. Dessen Anwendung wird über einen Spezial-NATONorth Atlantic Treaty Organization-Kurs (Software tools for Triage of the Acute Radiation Syndrom – StTARS) vertiefend vermittelt. Dabei handelt es sich um ein TRIAGE-Werkzeug, welches die Priorisierung medizinischer Hilfeleistung anhand des Differenzialblutbilds (Blutbild, bei dem die Unterformen der Leukozyten differenziert und gezählt werden) unterstützt.

Vernetzung mit der zivilen Gesellschaft

Die hohe wissenschaftliche Qualität hat dem InstRadBioBwInstitut für Radiobiologie der Bundeswehr den Weg in internationale Gremien wie der Weltgesundheitsorganisation (WHOWorld Health Organization), der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEAInternational Atomic Energy Agency) oder der deutschen Strahlenschutzkommission (SSK) geebnet. In der internationalen Community geht es neben dem Austausch wissenschaftlicher Fragestellungen aber auch um die Generierung anwendbaren Wissens.  Dies trägt zur Vorbereitung und Bewältigung von radiologischen und nuklearen Bedrohungen bei.

Das verfügbare Wissen wird derzeit intensiv eingesetzt, um die militärischen wie zivilen Führungsstrukturen zu unterstützen. Aktuell werden unter anderem Erkenntnisse aus der Ukraine, aber auch anderweitige potentielle Gefährdungen ausgewertet und medizinisch bewertet.

Auf ziviler Seite wurden zudem Arbeitsgruppen eingerichtet, die eine Steigerung der Anpassungsfähigkeit auch für diese Gefahren ermöglichen sollen. So arbeitete InstRadBioBwInstitut für Radiobiologie der Bundeswehr aktiv in Arbeitsgruppen zur Schaffung eines Strahlennotfallarztes, an einem neuen Standardwerk für den medizinischen radiologischen Notfallschutz oder bei der Frage zur Generierung eines medikamentösen und technischen Notfallvorrates mit. Auch wurde kürzlich eine zivile Arbeitsgruppe zur Frage „Schutzstrategien bei Nuklearwaffeneinsatz“ unter Beteiligung des Leiters des InstRadBioBwInstitut für Radiobiologie der Bundeswehr eingesetzt.

Ausblick

Ein Mann in einem weißen Kittel sitzt unter einer Sicherheitswerkbank und arbeitet.

Zugabe von verschiedenen Wirkstoffen zur Abmilderung von strahleninduzierten Zellschäden in unterschiedlichen Versuchsreihen

Die Bundeswehr ist durch das Institut Radiobiologie im Bereich Strahlenschutz sowohl in der Forschung, als auch der praktischen Umsetzung gut aufgestellt. Mit seiner anwendungsorientierten, in Teilen aber auch grundlagennahen Forschung hat sich das Institut einen herausragenden Platz unter den führenden Forschungsinstituten erarbeitet.

Neben der Fortführung und Ausweitung der bisherigen Maßnahmen wird es Aufgabe der kommenden Jahre sein, die Versorgungskette und die „Radiation preparedness“ auch mit Reservistinnen und Reservisten zu stärken.. Dazu notwendig werden auch gemeinsame Übungen mit zivilen Krankenhäusern sein, um für den Notfall unter Verwendung aller nationalen und internationalen Ressourcen bestmöglich vorbereitet zu sein.

von Prof. Dr. Matthias Port

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

Weitere Informationen