Kick-Off zum Dialogprozess: Future Study „Gesellschaft im Umbruch. Perspektiven und Folgen für die Bundeswehr der Zukunft“

Kick-Off zum Dialogprozess: Future Study „Gesellschaft im Umbruch. Perspektiven und Folgen für die Bundeswehr der Zukunft“

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Die Frage nach dem gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland ist nicht neu. Die Corona-Pandemie hat sie jedoch wieder stärker in den Fokus gerückt. Zu Beginn der Krise schien es, als würde das Virus den gesellschaftlichen Zusammenhalt nachhaltig stärken: Für die Helfer in der Krise gab es Applaus vom Balkon, die Anerkennung von systemrelevanten, jedoch schlecht bezahlten Berufen wurde gesellschaftlich und politisch heiß diskutiert und in der Nachbarschaft half man Angehörigen von Risikogruppen unbürokratisch und schnell.

iStock/siraanamwong

Zunehmend zeigen sich jedoch auch die Schattenseiten der Krise. Nachdem viele die erste Zeit des Lockdowns als eine Chance des „Entschleunigens“ wahrgenommen haben, nimmt mit anhaltender Krise der psychologische Stress (Partnerschaft, Einsamkeit, Existenzängste) bei vielen eher zu. Auch Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen sind keine Seltenheit mehr. Unter den Demonstranten finden sich neben verängstigten Bürgern auch Populisten, Verschwörungstheoretiker, Radikale und Demokratiefeinde. Noch repräsentieren sie eine kleine Minderheit, doch es ist keineswegs gesichert, dass dies so bleibt. Gleichzeitig zeigt es das Ausmaß der potentiellen Zerrissenheit unserer Gesellschaft.

Future Study beschäftigt sich mit den Problemen des gesellschaftlichen Zusammenhalts

In der Future Study beschäftigt sich das Referat Zukunftsanalyse des Planungsamtes der Bundeswehr mit genau diesen Problemen des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Konkret wird der Frage nachgegangen, wie sich Polarisierungs- und Radikalisierungsphänomene in der Gesellschaft zukünftig entwickeln (könnten) und welche Folgen sich daraus speziell für die Bundeswehr als „Sicherheitsproduzent“ ableiten lassen.

Bundeswehr und Gesellschaft

Die Studie greift die Frage auf, wie sich Polarisierungs- und Radikalisierungsphänomene in der Gesellschaft zukünftig entwickeln (könnten) und welche Folgen sich daraus für die Bundeswehr als „Sicherheitsproduzent“ ergeben könnten.

Bundeswehr/Jonas Weber

Der Fokus liegt dabei auf drei Fragen. Erstens, inwieweit sich die Fragmentierung der Gesellschaft weiter fortsetzt. Zweitens, in welchem Umfang sich radikale und populistische Bewegungen bzw. Parteien langfristig etablieren werden. Drittens, welche möglichen Auswirkungen dies in Zukunft beispielsweise auf die zivil-militärischen Beziehungen, auf die Akzeptanz der Bundeswehr und ihrer Einsätze sowie auf die Streitkräfte als Teil dieser sich verändernden Gesellschaft (Rekrutierung, soldatisches Selbstverständnis und Führungskultur, Kameradschaft, Personalbindung usw.) haben könnte.

Szenarien beschreiben exemplarisch mögliche Zukunftsperspektiven für 2035

Um diese Fragen zu beantworten, wurden im Referat Zukunftsanalyse zunächst die theoretischen Grundlagen aufgearbeitet. Das heißt, definiert, was unter Polarisierung und Radikalisierung bzw. Spaltung der Gesellschaft zu verstehen ist und welche empirischen Indikatoren hierfür heranzuziehen sind. Darauf aufbauend wurden mit einer Trendanalyse systematisch die zukünftigen Entwicklungen hinsichtlich einer Polarisierung und Radikalisierung der deutschen Bevölkerung untersucht. Anschließend wurden aus der aktuellen Forschung die Ursachen für diese Entwicklungen herausgearbeitet und eine Reihe sozioökonomischer, systemimmanenter, medialer, kultureller und affektiver Faktoren identifiziert.

Szenarien beschreiben exemplarisch mögliche Zukunftsperspektiven für das Jahr 2035.

PlgABw/Bienek

In einem ersten internen Workshop des Referates wurden mit diesen Faktoren fünf Szenarien erarbeitet. Die Szenarien beschreiben exemplarisch mögliche Zukunftsperspektiven für das Jahr 2035 bezugnehmend auf die gesellschaftliche Polarisierung und Radikalisierung in Deutschland. In einem weiteren externen Workshop wurden mit Experten aus verschiedenen Bereichen der Bundeswehr sowie der zivilen Wissenschaft die Szenarien zunächst kritisch auf Plausibilität und Vollständigkeit geprüft. Mittels einer SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats) wurden die Chancen und Risiken dieser möglichen Zukünfte sowie Stärken und Schwächen der Bundeswehr in der Vorbereitung auf derartige Entwicklungen herausgearbeitet. Auf dieser Grundlage wurden Implikationen und erste Schlussfolgerungen für die Weiterentwicklung einer zukunftsrobusten Bundeswehr abgeleitet.

Dialogprozess und Way ahead

Die vorläufigen Ergebnisse des Studienentwurfes wurden nun am 13. August 2020 in einem sogenannten Dialogprozess einem erweiterten Kreis von Fachleuten und Experten aus dem BMVgBundesministerium der Verteidigung und anderen Institutionen der Bundeswehr vorgestellt, diskutiert und überprüft. Dabei wurden die Befunde zum theoretischen und empirischen Hintergrund, die erarbeiteten Szenarien der Studie sowie die daraus abgeleiteten Implikationen für die Bundeswehr zunächst den Bundesehrinternen Fachleuten vorgestellt. Trotz Corona-Bedingungen und sommerlicher Hitze wurden diese im persönlichen Dialog intensiv und auch kritisch diskutiert.

Die vorläufigen Ergebnisse des Studienentwurfes wurden in einem Dialogprozess vorgestellt, diskutiert und überprüft.

PlgABw/Bienek

Die Studie fand sowohl in Bezug auf das methodische Vorgehen, als auch bei den ersten Schlussfolgerungen zu möglichen Handlungsempfehlungen breite Unterstützung. Dabei wurde besonders deutlich, dass den Teilnehmenden nicht nur Einzelaspekte, wie politische Bildung oder die Personalentwicklung am Herzen lagen, sondern dass ihnen vor allem das grundlegende Spannungsfeld der Soldaten als Staatsbürger in Uniform in einer zunehmend heterogenen Gesellschaft Sorgen bereitet. Gleichzeitig wurde jedoch auch sehr deutlich, dass die Teilnehmenden die Institution der Bundeswehr als einen besonders stabilen Pfeiler der Demokratie erachten und wertschätzen. Einhellig wurde die Hoffnung vertreten, dass die Handlungsempfehlungen helfen sollten, diese innere Stabilität nicht nur zu bewahren, sondern weiter auszubauen und vielleicht sogar von der Bundeswehr in die Gesellschaft hinein strahlen zu lassen.


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