Unbeorderte Reservistenarbeit

Fertigkeiten auffrischen und ausbauen: Übungsreihe macht Reserve in Sachsen fit

Fertigkeiten auffrischen und ausbauen: Übungsreihe macht Reserve in Sachsen fit

Datum:
Ort:
Sachsen
Lesedauer:
5 MIN

In einer mehrteiligen Ausbildungsreihe üben unbeorderte Reservisten aus Sachsen auf dem Truppenübungsplatz Annaburger Heide das Soldatenhandwerk. Mit der Übungsserie werden allgemeine soldatische Grundfertigkeiten trainiert und so nach der coronabedingten Zwangspause aufgefrischt. Manche werden dabei auch auf Führungsfunktionen vorbereitet.

Zwei Soldaten liegen mit Gewehren im Anschlag auf dem Boden.

Beim „Geleiteten Feuerkampf“ bekämpfen die Reservistinnen und Reservisten die vom Gruppenführer angegebenen Ziele. Damit das „scharfe“ Gruppengefechtsschießen später auch klappt, werden die Abläufe zuvor nochmal mit Übungsmunition trainiert.

Bundeswehr / Reinhold

Truppenübungsplatz Annaburger Heide: Ein Dutzend Soldaten steht um einen Hauptmann, der sich im Zuge der gerade laufenden Übung als Gruppenführer ausprobiert. Er befiehlt: „Wir verlegen 20 Uhr im Gefechtsmarsch zu Fuß in den Bereitstellungsraum der Kompanie, um dort in Richtung Südost die Sicherung aufzunehmen. Marschstrecke 4.000 Meter. Marschbereitschaft mit kompletter Ausrüstung ist bis 19:45 Uhr vor dem Gebäude hergestellt. Die Rucksäcke sind so zu packen, dass ihr eine Nacht draußen überleben könnt.“ Patrick G. ist unbeorderter Reserveoffizier und möchte wie die anderen Teilnehmenden in den kommenden drei Ausbildungstagen bereits vorhandene Fähigkeiten wieder zurück ins Gedächtnis rufen, sie erweitern und natürlich auch neue dazugewinnen. 

Raus aus dem „Pandemieschlaf“ 

Die Kurzübung ist Teil einer Ausbildungsreihe, die im Frühjahr gestartet ist und der allgemeinsoldatischen Inübunghhaltung von unbeorderten Reservistinnen und Reservisten aus ganz Sachsen dient. „Nachdem in den letzten Jahren coronabedingt sehr stark zurückgefahren werden musste, haben wir ein Konzept erarbeitet, um unsere Reservisten aus dem Pandemieschlaf zu holen und bei ihnen mit einem fordernden und interessanten Programm die Grundlagen des Gefechtsdienstes wieder aufzufrischen“, erklärt Oberstleutnant Stephan H. Er ist Angehöriger des Landeskommandos Sachsen und unterstützt regelmäßig die Aus- und Weiterbildung der unbeorderten Reservekräfte im Freistaat, die in enger Kooperation mit dem Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr (VdRBwVerband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V.) erfolgt. 

Aus der Zusammenarbeit ist eine zusammenhängende und aufeinander aufbauende Ausbildungsreihe entstanden, zu deren Inhalten unter anderem das Leben im Felde unter Eigensicherung, Gefechtsmärsche, Orientieren im Gelände, der Feuerkampf und für Fortgeschrittene das Führen einer Gruppe gehört. So sollen die unbeorderten Reservistinnen und Reservisten Sachsens auf verschiedene Szenarien und Funktionen bestmöglich vorbereitet werden, die ihnen während ihres Engagements in der Reserve begegnen könnten. Dabei steht das grundsätzliche Ziel der Reservistenarbeit über allem: Die bedarfsgerechte Unterstützung der aktiven Truppe.

Reservisten führen Reservisten 

Die Reihe startete bereits im März 2023 mit der „Ausbildung der Ausbilder“ in einem kleineren Kreis. Die Teilnehmenden erwarben dabei das nötige Wissen und die später zur Vermittlung notwendigen Methoden rund um die Themen Gefechtsdienst und Führungsprozess. „Wir legen Wert darauf, dass unsere Reservistinnen und Reservisten das Gelernte auch praktisch anzuwenden üben“, so Fregattenkapitän Michael R., der als Stabsoffizier für Reservistenangelegenheiten die Aus- und Weiterbildung im Bereich der beorderungsunabhängigen Reservistenarbeit im Landeskommando Sachsen verantwortet. Schon zwei Wochen später standen die angehenden Ausbildungs- und Führungskräfte auf dem Übungsplatz in Holzdorf vor der Truppe und probten ihre neuen Fähigkeiten. 

Zwei getarnte Soldaten liegen am Boden und beobachten das Gelände im Vorfeld

Zur Gefechtsdienstausbildung gehört unter anderem der Stellungsbau und das Tarnen im Gelände. Aus dem Alarmposten wird das Vorfeld des zugewiesenen Bereichs unbemerkt beobachtet und Auffälligkeiten an den Führer vor Ort gemeldet.

Bundeswehr / Arnold

„Es ist alles Wissen, das man schon mal in der Grundausbildung gelernt hat. Nun habe ich aber die Chance, mehr zu fragen. Auch gefällt mir, dass die Atmosphäre trotz der langen Ausbildungszeiten und der großen Themenvielfalt sehr kameradschaftlich ist“, reflektiert Stabsgefreiter d.R.der Reserve Matthias M., der seit einigen Jahren im Landeskommando Sachsen übt, den zurückliegenden Fortbildungsabschnitt. Mitteilnehmer Hauptmann d.R.der Reserve Patrick G. ergänzt: Die Anleitung durch die Ausbilder ist einwandfrei. Man spürt, dass die Kameraden mit Herz und Seele dabei sind. Es ist toll, dass wir unser gelerntes Wissen nun so breit vermitteln können.“

Können kommt durch ständiges Üben

Inzwischen ist es Abend auf dem Truppenübungsplatz, 19:45 Uhr rückt langsam näher. Das geschäftige Treiben zwischen der Waffenkammer und den Stuben verebbt wenige Minuten vor der angekündigten Zeit. Die noch lernenden Gruppenführer geben die Marschbefehle, pünktlich um 20 Uhr verlässt die erste Gruppe das Lager.

Der Marsch wird zur Ausbildung genutzt. Hand- und Sichtzeichen werden ebenso erklärt und eingeübt, wie das Erstatten von Meldungen. Als die Soldaten ihr Ziel erreichen, beginnen sie sich unter gegenseitiger Sicherung „einzugraben“, also Stellungen auszuheben. Nachdem jeder seine Schützenmulde eingerichtet hat, werden die Kräfte durch den Gruppenführer eingeteilt. „Trupp Eins verbleibt weiter im Alarmposten, Trupp Zwei kümmert sich um Verpflegung und Feuerholz, alle anderen beginnen mit dem Bau der Unterkünfte im zugewiesenen Bereich. Mein Stellvertreter und ich befinden uns im Raum und geben Hilfestellung“, organisiert Patrick G. seine Gruppe.

Erst kurz vor Mitternacht stehen alle Zelte und die Verpflegung ist vorbereitet. Die Vorausbildungen der vergangenen Monate machen sich in dieser Neumondnacht bezahlt. „Alle sind voll bei der Sache und dennoch zeigt sich, dass die Handgriffe eben noch nicht gefestigt sind. Wir sind auf einem guten Weg, müssen diese Form der Ausbildung aber kontinuierlich fortführen„, so der Gruppenführer. Für die Soldaten endet die Übungsnacht schon gegen 5:30 Uhr. Vollzähligkeit und Morgenhygiene erfolgen, bevor um sechs Uhr der Kompaniefeldwebel mit der Verpflegung bereitsteht. Es verbleiben noch wenige Momente der Ruhe, bevor es um sieben Uhr zur Schießbahn geht.

Mehrere Soldaten beim Vorrücken in einem sonnendurchfluteten Wald

Nach einer kurzen Nacht, geht es für die übenden Kräfte am Morgen weiter zum nächsten Ausbildungsabschnitt. Im Marsch zu Fuß gelangen sie zur Schießbahn, um hier im Gruppenrahmen einen simulierten feindlichen Angriff im scharfen Schuss abzuwehren.

Bundeswehr / Arnold

Gruppengefechtsschießen als Bewährungsprobe

Nach einem mäßig langen Marsch, erreicht die Gruppe schließlich ihr angestrebtes Ziel. Der Höhepunkt des heutigen Übungstages, der „Geleitete Feuerkampf im scharfen Schuss“, steht unmittelbar bevor. „Wir wollen mal sehen, wie die Gruppenführer den Feuerkampf lenken. Die einen werden etwas stiller sein und ihre Gruppen machen lassen, die anderen werden sicherlich mit Stimme ganz eng führen“, so Landeskommandoausbilder Stabsfeldwebel Tino K. 

Wie richtig vermutet, sind während der verschiedenen Durchgänge ganz unterschiedliche Führungsstile und -leistungen zu beobachten – Vorerfahrung, Ausbildungsstand und auch Persönlichkeit spielen dabei keine unwesentliche Rolle. „Vor uns liegt noch ein Stück Arbeit, um die unbeorderte Reserve in Sachsen zu einem wesentlichen Bestandteil der Landes- und Bündnisverteidigung zu machen“, resümiert Oberstleutnant Stephan H. „Aber ein guter Anfang ist gemacht, darauf bauen wir Schritt für Schritt auf.“

Ausbildungskonzept wird 2024 fortgeführt

Schon jetzt steht fest, dass in Sachsen die aufeinander aufbauende Ausbildungsreihe kommendes Jahr wieder stattfinden wird. „Wir haben eine interne Auswertung gemacht und für 2024 einige Änderungen vorgenommen. Dabei haben wir darauf geachtet, dass einerseits die Soldatinnen und Soldaten, die regelmäßig dabei sind, nach wie vor gefördert und vor neue Herausforderungen gestellt werden. Andererseits möchten wir aber auch weitere, in Sachsen wohnhafte Kameradinnen und Kameraden aus der unbeorderten Reserve für unser Ausbildungsangebot gewinnen, die dann nicht über- oder unterfordert werden. Mit steigenden Zahlen ergeben sich auch ganz neue Möglichkeiten, um die Ausbildung noch spannender und abwechslungsreicher zu machen“, wirbt Oberstleutnant H. Die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren.

*Namen zum Schutz der Soldaten abgekürzt

von Patrick G.

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