Es geht nur gemeinsam

Symposium: Deutschland.Gemeinsam.Verteidigen.

Symposium: Deutschland.Gemeinsam.Verteidigen.

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
4 MIN

Als Reaktion auf die veränderte Bedrohungslage erarbeitet das Territoriale Führungskommando der Bundeswehr aktuell den Operationsplan Deutschland. Er umfasst den operativen Einsatz der Bundeswehr in Deutschland in Frieden, Krise und Krieg. In einem Symposium tauschten sich Fachleute aus Landesregierungen, Bevölkerungsschutz- und Sicherheitsbehörden, Wirtschaft und Bundeswehr intensiv dazu aus.

Ein Soldat steht an einem Pult

Das Symposion "Deutschland.Gemeinsam.Verteidigen" bildete den Auftakt zu einem intensivierten Austausch militärischer und ziviler Akteure zur gesamtgesellschaftlichen Verteidigungsplanung

Bundeswehr/Anne Weinrich

Mit dem Operationsplan Deutschland reagiert die Bundeswehr auf die sich verschärfende sicherheitspolitische Lage in Europa. Er beschreibt die Aufgaben für die Landes- und Bündnisverteidigung und ist somit – auf Basis der NATO-Verteidigungsplanung – der militärische Beitrag für die staatliche Gesamtverteidigungsplanung der Bundesrepublik. In ihm werden Verfahren, Abläufe und Zuständigkeiten festgelegt, um gemeinsam mit anderen staatlichen und zivilen Akteuren Deutschland und seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen und zu verteidigen sowie den Aufmarsch der alliierten Streitkräfte über und durch Deutschland an die NATO-Ostflanke sicherzustellen. Das Ziel: schnelle Handlungsfähigkeit über alle Ressort- und Ländergrenzen hinweg. Denn in der heutigen Zeit hybrider Bedrohungslagen und multipler globaler Krisen sind innere und äußere Sicherheit oftmals kaum noch voneinander zu trennen.

Der gemeinsame Wille und die Bereitschaft, die Landes- und Bündnisverteidigung gesamtgesellschaftlich tragfähig auszugestalten, sind dazu unerlässlich. Zum inhaltlichen Austausch mit zivilen Akteuren aus Bund und Ländern richtete das Territoriale Führungskommando der Bundeswehr (TerrFüKdoBw) am 25. Januar 2024 daher das Symposium „Deutschland.Gemeinsam.Verteidigen“ zum Operationsplan Deutschland in Berlin aus. Rund 300 Expertinnen und Experten folgten der Einladung von Generalleutnant André Bodemann, Befehlshaber des TerrFüKdoBw und gleichzeitig Nationaler Territorialer Befehlshaber.

Hybriden Bedrohungen erfolgreich begegnen

Ein Diskussionsschwerpunkt lag bei hybriden Bedrohungen. Als solche werden verschiedene Formen der Einflussnahme durch fremde Staaten bezeichnet: Desinformationskampagnen, Cyberangriffe auf Behörden und Unternehmen, Spionage, der Diebstahl von geistigem Eigentum, versuchte Einflussnahmen auf Wirtschaft, Politik und Wahlen sowie die Sabotage kritischer Infrastrukturen. Nahezu alle Teilnehmenden waren sich einig, dass Deutschland schon jetzt – in Friedenszeiten – massiv von derartigen Aktionen betroffen ist.

Besondere Herausforderung sei es, die einzelnen Angriffe an unterschiedlichen Orten gegebenenfalls als zusammenhängende Aktion zu begreifen und mögliche Verursacher zu identifizieren. Denn hybriden Bedrohungen könne wirksam nur gemeinsam begegnet werden – gegebenenfalls bereits vor Eintritt eines Spannungs- oder Verteidigungsfalls. In Institutionen und Unternehmen, aber auch in der Gesellschaft gelte es, ein Verständnis für derartige Bedrohungen zu entwickeln und die eigene Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit, zu stärken.

Rolle der BOS in der Landes- und Bündnisverteidigung

vier Personen sitzen auf einer Bühne

Armin Schuster, sächsischer Staatsminister des Innern, im Gespräch mit Prof. Dr. Carlo Masala, Universität der Bundeswehr, München und Dr. Jessica Däbritz, Abteilungsleiterin Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz beim BMIBundesministerium des Innern und für Heimat

Bundeswehr/Anne Weinrich

Die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) und ihre Rolle bei der gesamtgesellschaftlichen Verteidigungsplanung waren ebenfalls Gegenstand des Symposiums. Zu den BOS zählen alle Institutionen, die Aufgaben der inneren Gefahrenabwehr übernehmen, also beispielsweise Bundes- und Landespolizeien, Feuerwehren, Technisches Hilfswerk (THWTechnisches Hilfswerk) oder Rettungsdienste. Die guten Zusammenarbeitsbeziehungen mit der Bundeswehr aus zivilen Krisenlagen wie Waldbränden oder Flutkatastrophen seien noch zu intensivieren.

Im Spannungs- und Verteidigungsfall werden die Streitkräfte weniger Amtshilfe leisten als selbst auf die Unterstützung der Blaulichtorganisationen angewiesen sein. Denn für den Betrieb der Drehscheibe Deutschland  ist nicht nur die Bundeswehr, sondern sind auch die zivilen Partner erforderlich. Den Aufmarsch der alliierten Kräfte sicherzustellen, gehört zu den wesentlichen Beiträgen Deutschlands in der NATO-Verteidigungsplanung und damit letztlich auch zur Landes- und Bündnisverteidigung.

Die Wirtschaft – Antrieb für den Operationsplan 

Ähnlich gute Zusammenarbeitsbeziehungen wie zu den Blaulichtorganisationen brauche es auch zur Wirtschaft. Die Kooperation auf den Feldern Logistik inklusive Bahn-, Luft- und Straßentransport, Energieversorgung und Rüstung stand im Mittelpunkt des dritten Panels. Es müsse erkannt werden, dass eine gut ausgebaute Infrastruktur mit gut ausgebauten Straßen und Schienenwegen zu einer „Win-Win-Win-Situation“ führe: für Industrie, Bevölkerung und Streitkräfte.

Seit Jahren arbeiten etwa die Logistikkräfte der Bundeswehr gut mit den verschiedenen gewerblichen Dienstleistern zusammen. Neu ist jetzt jedoch, dass es im Vergleich zur Zeit vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gerade beim Thema Versorgung und Verlegung von Truppenteilen durch Deutschland um ganz andere Quantitäten und kürzere Zeiten gehe und auch eine andere Bedrohungslage vorherrsche. Eine Anpassung und ein eventueller Ausbau kritischer Infrastruktur seien bereits jetzt zu prüfen und zu planen, noch bevor sich eine konkretere Bedrohung abzeichne. Nur so könne im Ernstfall schnell und wirksam reagiert werden.

Freiheit und Demokratie gibt es nicht umsonst

Ein Soldat steht hinter einem Pult

Demokratie und Freiheit sind nicht selbstverständlich: General André Bodemann, Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr und Nationaler Territorialer Befehlshaber, betonte die Notwendigkeit gesamtgesellschaftlicher Resilienz

Bundeswehr/Anne Weinrich

Am Ende fasste der Gastgeber, Generalleutnant André Bodemann, nochmal die wichtigsten Erkenntnisse der Veranstaltung zusammen. Mit diesem ersten Symposium sei es gelungen, gemeinsam mit der Vielzahl an Expertinnen und Experten bestehende Herausforderungen zu identifizieren. Gleichzeitig sei mit der Veranstaltung der Grundstein für eine fachlich vertiefende Zusammenarbeit mit allen beteiligten Ressorts, Behörden, Organisationen sowie Wirtschaft, Industrie und Handel auch in allen 16 Bundesländern gelegt worden. „Der Operationsplan Deutschland, den wir bis Ende März dieses Jahres in einem ersten Entwurf vorlegen wollen, wird dann noch nicht perfekt sein. Bereits vom nächsten Tag an müssen wir ihn weiterentwickeln, auch weil sich Rahmenbedingungen ändern werden“, so Bodemann. „Dies ist ein ständiger Prozess und mit jedem Schritt werden wir konkreter und damit gemeinsam besser.“

Denn die Sicherheit Deutschlands und seiner Bevölkerung müsse eine gemeinsame Mission aller Beteiligten sein. „Am Ende ist die Verteidigung unseres Landes eine gesamtstaatliche, ja gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, so Bodemann. Es lohne sich, gemeinsam an Strukturen, Verantwortlichkeiten und Verfahren zu arbeiten, die am Ende auch finanzielle Mittel erfordern werden. „Freiheit und Demokratie sind nun mal nicht selbstverständlich. Es gibt sie nicht zum Nulltarif.“

von Michael Wils-Kudiabor

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