Voll auf die Zwölf

Funkkreis: Nahkampf für alle

Funkkreis: Nahkampf für alle

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
2 MIN

Sie kämpfen sich durch Hinterhalte im Gelände, treten Attentätern auf einem Markt entgegen und schalten Feinde in einem dunklen Bunkerkeller aus: Den Teilnehmern des Pilotlehrgangs Nahkampflehrer wird nichts geschenkt. Wir haben sie an der Infanterieschule in Hammelburg begleitet.

Podcast-Logo ,,Funkkreis'' und Text „Nahkampf für alle“, dahinter zwei Soldaten die mit Schutzausrüstung Nahkampf üben.
Weil heute jede Soldatin und jeder Soldat in eine Nahkampfsituation geraten kann, soll die Nahkampfausbildung in den Gefechtsdienst eingebunden werden. Wir haben den Pilotlehrgang Nahkampflehrer an der Infanterieschule in Hammelburg begleitet.

Der Marktplatz in der Trainingshalle an der Infanterieschule Hammelburg ist einem exotischen Markt irgendwo in einem Einsatzland nachempfunden. Zwei Soldaten sollen hier den „Bürgermeister“, gespielt von einem Kameraden, zum Gespräch treffen. Doch dann detoniert ein Sprengsatz - und das Chaos bricht aus. Die Männer müssen einen Verletzten versorgen, die Operationszentrale anfunken, Angriffe abwehren. Ein Baby weint, Hunde bellen, ein Angreifer mit einer Machete stürmt auf die Soldaten zu, und dann stinkt es auch noch bestialisch nach Buttersäure.

Diese komplexe Situation ist nur ein Trainingsbaustein im Pilotlehrgang Nahkampflehrer.

Nahkampf in Gefechtssituationen üben

Die Lehrgangsteilnehmer sind zwischen 24 und 60 Jahre alt, im Rang vom Oberfeldwebel bis Oberst und alle bereits gestandene Nahkampfausbilder. Auf diesem Lehrgang lernen sie, ihr Wissen weiterzugeben. Dazu trainieren sie in den unterschiedlichsten Umgebungen und überlegen sich dabei, wie sie ähnliche Nahkampfbahnen an ihren Heimatstandorten nachbauen können.

Die Idee dahinter ist, dass heutzutage eigentlich jede Soldatin und jeder Soldat in eine Nahkampfsituation geraten kann und deshalb entsprechend ausgebildet sein sollte. Deshalb soll die Nahkampfausbildung in den Gefechtsdienst eingebunden werden, wenn es nach Oberstleutnant Andreas Wiechert geht, dem Kommandeur der Lehrgruppe B der Infanterieschule in Hammelburg. Dazu muss das Training modernen Erfordernissen sowie der Ausrüstung und den Verfahren angepasst werden.

Kein Kampfsport, sondern Überlebenskampf

Im militärischen Nahkampf gibt es keine Regeln. Erlaubt ist, was das eigene Überleben sichert. Die Basistechniken sollen dabei so einfach sein, dass jeder und jede sie erlernen kann. Und sie müssen so praxisnah wie möglich unterrichtet werden – im Boxring kämpft man schließlich selten ums nackte Überleben.

Deshalb wird der Nahkampf an der Infanterieschule in Hammelburg beispielsweise auch auf der Schießbahn geübt, während ein Trupp sich im scharfen Schuss zurückzieht. Dann lauern die Feinddarsteller unter Brücken, hinter Bäumen oder in Häusern.

Ein weiteres Szenario ist der Bunkerkeller, in dem sogar mit Nachtsichtgerät geübt wird. Das macht alles noch schwieriger, weil die Soldaten durch das Gerät nur zweidimensional sehen. Sie können also keine Entfernung abschätzen und wissen erst, ob sie den Gegner ausgeschaltet haben, wenn Faust oder Messer das Ziel erreicht haben.

Wer hier besteht, kann sein Können so weitergeben, dass auch die eigenen Schüler und Schülerinnen irgendwann das Selbstvertrauen haben zu sagen: „Ich kann kämpfen, wenn ich kämpfen muss, sogar mit den Händen.“

von Barbara Gantenbein

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