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Logistikgeneral: Depots der Bundeswehr „sind gut gefüllt“

Logistikgeneral: Depots der Bundeswehr „sind gut gefüllt“

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
5 MIN

Der Krieg in der Ukraine ist auch eine Materialschlacht: Bei den Kämpfen werden beispielsweise enorme Mengen Munition verbraucht. Brigadegeneral Klaus-Dieter Cohrs leitet das Logistikzentrum der Bundeswehr. Er erklärt die Bedeutung des Nachschubs für die Kriegsführung – und was getan wird, um sich gegen einen Angriff auf Deutschland zu wappnen.

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Der Kommandeur des Logistikzentrums der Bundeswehr spricht mit „Nachgefragt“-Moderator Major David Zeidler über ukrainische Angriffe auf russische Nachschubwege, die Zeitenwende in der Logistik und die Materialversorgung der Bundeswehr in Litauen.

Nach Russlands Überfall auf die Ukraine hatte die Öffentlichkeit über mögliche Engpässe bei der Versorgung der Bundeswehr mit Munition und Material debattiert – auch deshalb, weil die Streitkräfte viel Wehrmaterial abgegeben hatten. Doch Brigadegeneral Klaus-Dieter Cohrs versichert: „Ich kann nur sagen, dass die Depots nicht leer sind – sondern sie sind gut gefüllt.“ Zum Beispiel für die NATO-Eingreiftruppe VJTFVery High Readiness Joint Task Force , die in diesem Jahr von Deutschland gestellt wird und bei einem Angriff in sieben Tagen kampfbereit sein soll. „Für diese 16.000 Soldatinnen und Soldaten liegt in den Depots Munition bereit“, so der Leiter des Logistikzentrums der Bundeswehr zu „Nachgefragt“-Moderator Major David Zeidler.

Brigadegeneral Cohrs ist für 40 logistische Einrichtungen der Bundeswehr in Deutschland verantwortlich. Viele weitere Depots waren nach dem Ende des Kalten Krieges aufgegeben worden. „Natürlich könnte man aus heutiger Sicht sagen: Das war ein Fehler. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass die sicherheitspolitische Situation seit den 90er-Jahren bis 2014 eine völlig andere war“, sagt er. Die Streitkräfte hätten sich auf ihre Einsätze im internationalen Krisenmanagement konzentriert. „Deshalb haben wir die Bundeswehrlogistik in großen Teilen von einer Bevorratungslogistik in eine Bereitstellungslogistik umgebaut – also von ‚just in case‘ zu ‚just in time‘.“

Bundeswehr legt wieder Vorräte an

Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine und der Refokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung müsse nun jedoch wieder stärker bevorratet werden, so der Logistikgeneral. Zum einen müssten die Munitionsbestände vergrößert, zum anderen die Depotkapazitäten deutlich erhöht werden.

Eigentlich schon stillgelegte Lager werden deshalb wieder aufgemacht. „Wir haben von den Materiallagereinrichtungen drei wieder voll in Betrieb genommen und eine im Teilbetrieb. Und von den Munitionslagereinrichtungen sind zwei im Betrieb und eine steht noch aus“, sagt Cohrs. Dafür müsse neues Personal ausgebildet und die veraltete Infrastruktur modernisiert werden. „Es geht nicht einfach darum, den Lichtschalter wieder anzuschalten und loszulegen.“

Ukraine attackiert russischen Nachschub

Für erfolgreiche militärische Operationen brauche es einen ständigen Nachschub an Material und Munition, so der Logistikgeneral. Auch deshalb sind die ukrainischen Streitkräfte zuletzt dazu übergegangen, die Nachschubwege der Besatzer aus Russland zu attackieren. Vor allem die Halbinsel Krim wird häufig angegriffen. „Sicherlich ist die Krim ein wichtiger Bereitstellungsraum für Kräfte der Russen, aber auch für die Logistik im Rahmen der Folgeversorgung der russischen Kräfte, die an der Front eingesetzt sind“, erklärt Cohrs.

Zu Beginn des Krieges habe man gesehen, was ohne ausreichenden Nachschub an Munition und Material passiere: „Als Russland auf Kiew marschiert ist, ist es ganz einfach zum Stopp gekommen, weil die Folgeversorgung nicht da war. Von daher hat die Krim aus meiner Sicht immense Bedeutung.“ Würden die russischen Truppen vom Nachschub über die Krim-Brücken abgeschnitten, verringere dies die Wahrscheinlichkeit eines russischen Sieges.

Die ukrainischen Streitkräfte fordern weitreichende Waffensysteme, um Depots und Nachschubwege auch weit hinter der Front angreifen zu können. „Natürlich ist das ein großer Vorteil, wenn sie in der Tiefe des Raumes diese schon bekämpfen können“, sagt Cohrs. „Die alte Weisheit, die wir mal gelernt haben vor vielen Jahren – dass Abstand Schutz schafft – die gibt es heute so nicht mehr.“

Bundeswehrbrigade in Litauen mit eigener Logistik

Um die NATO-Ostgrenze zu schützen, soll ab 2025 eine Brigade der Bundeswehr mit drei Kampfverbänden dauerhaft in Litauen stationiert werden. Es sei davon auszugehen, dass für die Brigade eigene Munitions- und Materialdepots angelegt werden, so der Brigadegeneral. Bisher werde die Munition der deutschen Kräfte in Litauen noch in Containern gelagert. „Das wird dann in einer permanenten Infrastruktur zu lagern sein“, so Cohrs.

Was in Litauen verbraucht werde, müsse allerdings auch wieder aus Deutschland nachgeschoben werden. „Und das ist eine der großen Herausforderungen, die wir haben – aufgrund der geostrategischen Lage von Litauen“, so Cohrs. Das Land liegt zwischen der russischen Exklave Kaliningrad und Belarus, das mit Russland verbündet ist. Noch sei nicht entschieden, ob der Nachschub aus Deutschland auf dem See- oder auf dem Landweg nach Litauen transportiert werde, so der Leiter des Logistikzentrums der Bundeswehr

von Timo Kather

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