Nachgefragt

Krise, Krieg und Konflikte

Bürger fragen, Führungskräfte aus Bundeswehr und Verteidigungsministerium antworten: Das ist die Idee von „Nachgefragt“. Die Reihe wurde mit Beginn des Ukrainekrieges gestartet. Einmal wöchentlich gibt es eine neue Folge mit wechselnden Gästen. Sie vermitteln sicherheitspolitische Informationen aus erster Hand.

Ein Soldat interviewt einen anderen Soldaten in einem Studio

Steigende Gefahr aus der Luft – von der Interkontinentalrakete bis zur Kleinstdrohne

Die Abwehr von Luftangriffen wird immer wichtiger. Für Oberst i. G. Dennis Krüger, den Beauftragten für die bodengebundene Luftverteidigung bei der Luftwaffe, verspricht eine integrierte Luftverteidigung, wie sie in der NATO bereits Standard ist, den bestmöglichen Schutz. Der Angriff Irans auf Israel habe gezeigt, wie wichtig Luftverteidigung heute ist und wie solchen Attacken erfolgreich begegnet wird.

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Oberst i. G. Dennis Krüger ist Beauftragter für die Projekte der bodengebundenen Luftverteidigung bei der Luftwaffe. Im Interview bei „Nachgefragt“ spricht er über aktuelle Entwicklungen in der Luftverteidigung.

„Mit der Abwehr alleine werden Sie das Spiel nicht gewinnen, aber ohne die Abwehr werden Sie garantiert verlieren“, sagt Oberst i. G. Dennis Krüger im Gespräch mit „Nachgefragt“-Moderator Hauptmann Nico Glöckner. Mit dem Vergleich zum Fußball unterstreicht der Beauftragte des Inspekteurs der Luftwaffe für die Projekte der bodengebundenen Luftverteidigung den besonderen Stellenwert einer funktionierenden Abwehr gegen Angriffe aus der Luft. „Wir werden auch zukünftig eine bodengebundene Luftverteidigung brauchen, die sich der technologischen Entwicklung anpasst und mithält“, blickt Krüger voraus.

Integrierter Schutz gegen Bedrohungen aus der Luft

In einem Kriegsgeschehen seien die Gefahren aus der Luft vielfältig. Diese hätten sich zudem in den letzten 20 Jahren stark verändert, erläutert der Luftverteidigungsexperte. Er betrachtet dabei Höhenschichten im Luftraum von oben nach unten. Weit oben hätte man es mit weitreichenden Raketen zu tun. In der mittleren Schicht begegne man herkömmlichen Waffensystemen wie Kampflugzeugen oder Hubschraubern. Weiter unten seien Marschflugkörper unterwegs. Und ganz unten im Nah- und Nächstbereich, der sich von null bis etwa fünf Kilometer erstrecke, gehe es um Drohnen, Klein- und Kleinstdrohnen – neben weiteren Geschossen beispielsweise der Artillerie. „Von sehr hoch und sehr schnell bis sehr tief, sehr klein, sehr viele und eher langsam“, fasst der Oberst die Gefahren aus der Luft zusammen.

„Einen vollumfänglichen Schutz wird es nicht geben“, so Krüger. Aber der bestmögliche Schutz bestehe in einem integrierten Luftverteidigungssystem. In einem solchen Verbund wirkten Radargeräte zur Aufklärung, Gefechtsstände zur Führung des Kampfes, luftgestützte Systeme wie der Kampfjet Eurofighter und bodengestützte Systeme wie das Flugabwehrraketensystem PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target zusammen. „Entscheidend geht es darum, die eigene Operationsfähigkeit aufrechtzuerhalten, während die des Gegners gestört wird. Gegnerische Wirkmittel werden in der Luft bekämpft oder bereits am Boden vor deren Einsatz“, so der Luftwaffenoffizier.

Israel wehrt Irans Angriff erfolgreich ab

Als aktuelles Beispiel für integrierten Schutz vor Bedrohungen aus der Luft nennt Krüger den Angriff Irans auf Israel mit Raketen und Drohnen in der Nacht vom 13. auf den 14. April 2024. „Mit Unterstützung der Nachbarländer und weiterer Partner ist es Israel gelungen, diesen Angriff erfolgreich abzuwehren“, stellt der Oberst heraus. Dabei habe sich Israel in erster Linie auf das eigene System integrierter Luftverteidigung verlassen können. Über alle Abfangschichten hinweg seien moderne Waffensysteme in einen Verbund gebracht worden. Wichtiger Erfolgsfaktor sei darüber hinaus das hoch spezialisierte und motivierte Personal, über das Israel verfüge, und das sich in ständiger Einsatzbereitschaft befinde.

Ad hoc könne Deutschland einen vergleichbaren Angriff wie den gegen Israel auf das eigene Territorium nicht standhalten, hält der Oberst fest – und ergänzt: „Aber weder die Bedrohungslage im Nahen Osten ist mit der in Mitteleuropa vergleichbar noch die geografischen Gegebenheiten Israels mit denen Deutschlands.“ Zudem rüste sich Deutschland mit weiteren modernen Systemen der bodengebundenen Luftverteidigung. Krüger nennt als Beispiele die Flugabwehrsysteme IRIS-TInfra-Red Imaging System – Tail/Thrust Vector controlled SLM und IRIS-TInfra-Red Imaging System – Tail/Thrust Vector controlled SLS mit mittlerer und kurzer Reichweite, das Waffensystem Arrow zur Abwehr von Mittelstrecken- und Interkontinentalraketen sowie den gepanzerten und mobilen Skyranger als Flugabwehrsystem im Heer für die kurze Reichweite.

NATO-Luftverteidigung steht bereits in Friedenszeiten

Für Deutschland und die NATO-Partner existiere bereits zu Friedenszeiten ein stehender Luftverteidigungsverbund, erklärt Krüger. Die Überwachung des NATO-Luftraumes bestehe aus satellitengestützter Aufklärung, bodengebundenen Radarsensoren sowie koordinierenden Hauptquartieren. „Man muss es sich so vorstellen, dass von Finnland bis Griechenland und von Polen bis Spanien Radareinrichtungen ihre Aufnahmen und Daten in ein gemeinsames Netzwerk einspeisen, das für alle zugänglich ist“, so der Oberst.

Wenn beispielsweise ein Radargerät in Polen ein anfliegendes Flugziel erkenne, werde das beobachtet und bewertet, um welche Art Fluggerät es sich handelt, erläutert der Luftwaffenoffizier. Sollte es die Situation erforderlich machen, steige eine Alarmrotte von einem NATO-Flughafen auf und werde an das Flugziel herangeführt, um vor Ort weitere Maßnahmen einzuleiten. Dafür seien diese Alarmrotten, beispielsweise bestehend aus zwei Eurofightern, in ständiger Bereitschaft. „Am Boden kann ein Flugabwehrraketensystem PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target, das einsatzbereit in der Gefechtsstellung steht, bei erkanntem Flugziel innerhalb von Sekunden den Bekämpfungsvorgang einleiten“, unterstreicht Krüger.

von Johannes Friedemann

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