Nachgefragt

„Wo breite Gewässer sind, entwickeln sich Frontlinien“

„Wo breite Gewässer sind, entwickeln sich Frontlinien“

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
4 MIN

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Ukrainische Truppen haben Brückenköpfe auf der von Russland kontrollierten Uferseite des Dnipro-Stromes errichtet. Gelingt ein Brückenschlag, könnte die Ukraine den Kampf in die russisch besetzten Teile der Region Cherson tragen. Oberstleutnant Florian Loges vom deutsch-britischen Pionierbrückenbataillon 130 erklärt, was zu beachten ist.

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Der Kommandeur des deutsch-britischen Pionierbrückenbataillons spricht mit „Nachgefragt“-Moderatorin, Frau Hauptmann Janet Watson, über die Herausforderungen amphibischer Operationen.

„Brückengerät der Pioniertruppe ist immer dann erforderlich, wenn die Operation die Bewegung eigener Kräfte erfordert. Zum Beispiel beim Angriff, bei der Verzögerung oder einfach nur beim Marsch von Kräften von einem Ort zum anderen“, sagt Loges. In Mittel- und Osteuropa sei damit zu rechnen, dass alle 40 bis 60 Kilometer ein größerer Fluss überquert werden müsse. Stünden dafür nicht genügend Übergänge zur Verfügung, müsse die Truppe eigene schaffen. „Und dafür gibt es die Pioniere.“

Oberstleutnant Loges ist Kommandeur des deutsch-britischen Pionierbrückenbataillons 130, das auf die Überwindung von Flüssen jeder Art spezialisiert ist. Sein Verband bereitet auch ukrainische Pionierinnen und Pioniere auf den Einsatz gegen Russland vor. „Wir sehen jetzt ja auch im Ukrainekrieg: Dort, wo breite Gewässer sind, dort entwickeln sich Frontlinien“, sagt Loges.

Amphibien dienen als Fähren oder Brücken

Die Bundeswehr greife bei der Querung kleiner Gewässer auf Brückenlegepanzer Leguan und bei der Querung größerer Gewässer ab einer Breite von 40 Metern auf Amphibienfahrzeuge des Typs M3 zurück, so der Oberstleutnant zur „Nachgefragt“-Moderatorin, Frau Hauptmann Janet Watson.

Letztere werden von der Bundeswehr seit 1996 genutzt. „Die Amphibie ist hochmobil“, sagt Loges. Und zwar an Land, wie auf dem Wasser. Die M3 könne je nach Lage entweder als Fähre oder auch als Brücke eingesetzt werden. „Als Fähre werden mehrere Amphibien zusammengekoppelt“, so Loges. Würden vier M3 verbunden, könnten zwei Kampfpanzer über einen Fluss gebracht werden. Zwei dieser Vierfachfähren könnten in einer Stunde rund 85 Militärfahrzeuge transportieren, so der Oberstleutnant.

Noch schneller geht es, wenn die Amphibien zu einer Brücke verbunden werden. „Acht Amphibien schaffen eine Brücke von etwa 100 Metern in einer Bauzeit von ungefähr 20 bis 30 Minuten“, sagt Loges. Rund 250 Fahrzeuge könnten binnen einer Stunde über eine solche Brücke auf die andere Uferseite gelangen.

Bei einem solchen „Marsch über ein Gewässer“ werde davon ausgegangen, dass die Übergangsstelle nicht angegriffen wird. „Wenn eine Amphibie auf dem Gewässer ist, dann ist sie sehr exponiert“, sagt Loges. Die Gefahr sei groß, dass sie aus der Luft, mit Artillerie oder sogar mit direktem Feuer von der gegnerischen Uferlinie bekämpft werden könne. Die Amphibie wäre in einem solchen Fall ein leichtes Ziel.

Kampf um Gewässer im verbundenen Gefecht

Stehe also ein „Kampf über ein Gewässer“ an, werde anders vorgegangen, so der Oberstleutnant. „Dann ist es erforderlich, zunächst einen Brückenkopf zu bilden.“ Infanteristen müssten das gegenüberliegende Ufer mit der Unterstützung von Artillerie und Flugabwehr „erreichen, sichern und halten.“

Erst wenn klar sei, dass der Feind die Übergangsstelle weder beobachten noch direkt beschießen könne, würden die Brückenpioniere mit ihren Amphibien an die Arbeit gehen. „Zunächst als Fähre, denn die Fähre ist flexibler einzusetzen als eine Brücke, die starr im Fluss liegt“, so Loges. Zunächst würden gepanzerte Kräfte übergesetzt, um den Brückenkopf auszubauen. „Erst wenn dieser Brückenkopf ausreichend groß ist, die Gefahr für die Übergangsstelle nicht mehr besteht, wäre es eine Option, eine Brücke einzusetzen, über die mehr Kräfte über den Fluss gehen könnten.“

Ein Kampf um ein Gewässer sei eine hochkomplexe Operation, die in der Regel von einem militärischen Großverband in Divisionsstärke geführt werde, stellt Oberstleutnant Loges klar. „Dort, wo wirklich alle Kräfte vorhanden sind, um einen solchen Kampf um ein Gewässer zu planen und dann auch durchzuführen im Verbund aller Kräfte, die dafür erforderlich sind.“ 

von Timo Kather

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