Nachgefragt

„Wir sind ganz am Anfang mit der Veteranenkultur“

„Wir sind ganz am Anfang mit der Veteranenkultur“

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
4 MIN

Das Thema Veteranen hat die deutsche Öffentlichkeit lange kaum interessiert. Dies änderte sich erst ab 1995 durch die Auslandseinsätze, in denen deutsche Soldaten kämpften und fielen. Künftig sollen Sichtbarkeit und Akzeptanz von Veteraninnen und Veteranen gesteigert werden. Doch wie steht es eigentlich aktuell um die Veteranenkultur in Deutschland?

Passen Sie jetzt Ihre Datenschutzeinstellungen an, um dieses Video zu sehen

Oberst i. G. Peter Haupt leitet das Referat für Reservisten- und Veteranenangelegenheiten im Verteidigungsministerium. Mit der „Nachgefragt“-Moderatorin, Frau Hauptmann Janet Watson, spricht er über die Veteranenkultur in Deutschland und der Welt.

„Vereinfacht gesagt ist jeder, der im aktiven Dienst steht, Soldatinnen und Soldaten und jede und jeder, der aus dem aktiven Dienst ehrenhaft ausgeschieden ist, Veteran“, erklärt Oberst i. G. Peter Haupt der „Nachgefragt“-Moderatorin, Frau Hauptmann Janet Watson. Haupt ist Leiter des Referates für Reservisten- und Veteranenangelegenheiten im Verteidigungsministerium.

Diese „weite“ Definition des Veteranenbegriffes wurde 2018 von der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen festgelegt. Im Gegensatz dazu steht häufig eine „enge“ Fassung des Begriffs, die den Veteranenstatus etwa an die Beteiligung an einem Auslandseinsatz oder sogar an die Teilnahme an einem Gefecht knüpft.

Jedes Land macht es anders

Im internationalen Vergleich sei der Begriff des Veteranen nicht eindeutig festgelegt, sagt Haupt. „Es gibt Nationen, die kennen überhaupt keinen Veteranenbegriff“, so der Oberst. „Es gibt Nationen, die verbinden mit dem Begriff mindestens einen Auslandseinsatz und es gibt Nationen, die sagen: Das reicht aus, wenn man einmal eine Uniform getragen hat.“

Mit dem Veteranenstatus seien oft auch besondere soziale Leistungen in den jeweiligen Nationen verbunden, so Haupt. „Da gibt es Fürsorgemaßnahmen, da gibt es Betreuungsmaßnahmen, da gibt es Veteranenheime.“ Wie eine Gesellschaft mit ihren Veteranen umgehe, sei dabei durch ihre gesellschaftspolitische und militärische Geschichte bedingt. Während Veteraninnen und Veteranen der Streitkräfte beispielsweise in den USA hohes Ansehen genössen, sei die Bundeswehr in der deutschen Nachkriegsgesellschaft lange Zeit nicht als „selbstverständlicher Bestandteil“ eben dieser Gesellschaft gesehen worden.

Fürsorge und Wertschätzung

Das habe sich mit den Auslandseinsätzen der Bundeswehr ab Mitte der 1990er Jahre geändert, so Haupt. So habe Deutschland zum Beispiel „unterschiedliche Gesetzesmaßnahmen auf den Weg gebracht, damit Einsatzgeschädigte weiter im Dienst gehalten werden können.“

Auch bei der medizinischen Behandlung von Einsatzschäden seien deutliche Fortschritte festzustellen: So unterhält die Bundeswehr in Berlin ein Psychotraumazentrum mit therapeutischen Angeboten für Menschen, die infolge ihres Dienstes posttraumatische Belastungsstörungen entwickelt haben. Die deutschen Streitkräfte müssten sich mit ihren Fürsorgeleistungen für Veteraninnen und Veteranen nicht verstecken, so der Oberst: „Im internationalen Vergleich stehen wir ziemlich gut da.“

Handlungsbedarf gibt es nach Ansicht von Haupt vor allem bei der Wertschätzung von Veteraninnen und Veteranen. Auch hier habe sich aber vor allem durch die Arbeit von Veteranenverbänden und privaten Initiativen in den zurückliegenden Jahren viel bewegt: So werde mit dem Marsch des Gedenkens an die im Ausland gefallenen Soldatinnen und Soldaten erinnert, mit den Invictus Games würden Einsatzversehrte gewürdigt.

Veteranenkultur in Deutschland noch am Anfang

Um die gesellschaftliche Sichtbarkeit von Veteraninnen und Veteranen weiter zu steigern, wird in Deutschland seit einiger Zeit über die Einführung eines jährlichen Veteranentages nachgedacht, wie er in vielen anderen Ländern schon Standard ist. Ein solcher Gedenktag könne den Anliegen der Veteraninnen und Veteranen nützen, glaubt Haupt. „Wir brauchen einen Startpunkt in Berlin, öffentlichkeitswirksam, sodass die Veteraninnen und Veteranen mit Bürgern, Touristen und den Menschen, die in dieser Stadt leben, ins Gespräch kommen.“ Dieser Austausch könne die Entwicklung einer Veteranenkultur in Deutschland weiter befördern.

Gleiches gelte auch für das Veteranenbüro in Berlin, das die Bundeswehr Anfang des Jahres feierlich eröffnet hat. „Das Veteranenbüro ist zunächst einmal eine niedrigschwellige Ansprechstelle, in erster Linie für Veteraninnen und Veteranen, aber auch für die Verbände und für Interessierte“, sagt Haupt.

Die Entwicklung einer Veteranenkultur in Deutschland habe gerade erst begonnen. „Wir sind ganz am Anfang “, sagt Haupt. Das Veteranenbüro markiere aber einen „wichtigen Schritt insgesamt mit den Initiativen auf dem Weg zu einer Veteranenkultur“, so der Referatsleiter für Veteranenangelegenheiten im Verteidigungsministerium.

von Arthur Mertens

Weitere Folgen