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Die Panzergrenadier-Spezialgrundausbildung: Wie Grenadiere kämpfen lernen

Die Panzergrenadier-Spezialgrundausbildung: Wie Grenadiere kämpfen lernen

Datum:
Ort:
Marienberg
Lesedauer:
6 MIN

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In der Spezialgrundausbildung lernen Panzergrenadiere, gemeinsam mit ihrem Schützenpanzer zu kämpfen, Stellungen zu gewinnen, Panzer zu vernichten – und wie wichtig Kommunikation für die Auftragserfüllung ist.

Zwei Soldaten im Gefecht hinter einem Schutzwall. Ein Soldat zeigt mit der Hand auf etwas.

Klare Kommunikation: Im Gefecht bleibt keine Zeit für lange Ausführungen. Schlagworte und Handzeichen müssen genügen, um Aufträge zu übermitteln.

Bundeswehr/Rony Dröscher

„Es ist kalt, es ist nass, es ist anstrengend. Das sind die besten Voraussetzungen, um zu erfahren, was es bedeutet, Panzergrenadier zu sein“, sagt Stabsfeldwebel Axel P.*, Zugführer in der 3. Kompanie des Panzergrenadierbataillons 371 in Marienberg, Sachsen. Zehn Wochen lang hat er am Heimatstandort junge Soldaten – Mannschafter, Feldwebel- und Offizieranwärter – zu Panzergrenadieren ausgebildet.

Ihren Abschluss findet die Panzergrenadier-Spezialgrundausbildung nun auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz: zwei Wochen Gefechts- und Schießausbildung, Lager- und Stellungsbau, Sicherung und Alarmierung, der für die Grenadiere typische Wechsel zwischen dem aufgesessenen Kampf auf dem Schützenpanzer und dem abgesessenen infanteristischen Kampf. Vieles muss geübt werden, bevor die jungen Soldaten sich im Gruppengefechtsschießen in der Verteidigung, dem End- und Höhepunkt der Ausbildung, beweisen müssen. 

„Nach der Grundausbildung sind die Rekruten noch lange keine fertig ausgebildeten Grenadiere“, betont P., der seit über 20 Jahren als Panzergrenadier in der Bundeswehr dient. Denn in der Grundausbildung gehe es in erster Linie um erste soldatischen Grundfertigkeiten. Das Einfügen in eine Schützengruppe, das gemeinsame Vorgehen gegen den Feind komme erst danach: „Hier lernen die Soldaten, was Kameradschaft und Kampfgemeinschaft bedeuten. Und wie wichtig Teamarbeit und Kommunikation für die erfolgreiche Auftragserfüllung ist.“

Als Schütze gegen einen zahlenmäßig überlegenen Feind

Die Panzergrenadier-Spezialausbildung setzt sich aus zahlreichen Einzelbausteinen zusammen. In der ersten Woche steht die Waffen- und Schießausbildung bei Tag und bei Nacht im Mittelpunkt. „Ein Panzergrenadier hat standardmäßig ein G36 mit fünf Magazinen, fünf Handgranaten, ein paar Nebeltöpfe und – je nach Aufgabe – eine Granatpistole, ein Maschinengewehr 5 mit 500 Schuss oder eine Panzerfaust dabei“, sagt P. „Bei allen muss er wissen, wann und wie er sie am wirkungsvollsten einsetzt.“

Zwei Soldaten mit Gewehr im Anschlag hinter einem Schutzwall im Wald

Wer bekämpft welchen Feind? Die Schützen müssen lernen, auf welche Entfernung sie das Maschinengewehr 5 und auf welche das Sturmgewehr G36 einsetzen.

Bundeswehr/Rony Dröscher

Im ersten Schritt müssten die Soldaten daher nicht nur die Abläufe des Schießens lernen, sondern vor allem auch die unterschiedlichen Kampfentfernungen der einzelnen Waffen kennen und einschätzen können. Das Ziel sei, dass das Schießen automatisiert ablaufe, damit sich der Grenadier auf das Gefecht um ihn herum konzentrieren können. „Das ist wie beim Autofahren. Wenn ich übers Blinken nachdenken muss, habe ich den Verkehr nicht im Blick“, so der Stabsfeldwebel.

Vor allem sei es wichtig, dass die Soldaten lernten, Ruhe zu bewahren. Eine besondere Herausforderung sei für die Nachwuchsgrenadiere, in einer Stellung liegen und sich gegen einen zahlenmäßig überlegenen Feind behaupten müssen. P. sagt: „Es macht keinen Sinn, mit dem G36 Ziele auf 600 Meter Entfernung zu bekämpfen. Das ist Munitionsverschwendung.“ Wer dagegen abwarte und den Feind an sich herankommen ließe, könne den Feuerkampf aus einer ausgebauten Stellung dominieren und so für sich entscheiden.  

„Jeder Soldat ist Panzervernichter“

Die Ausbildung zum Panzervernichtungstrupp fordert den jungen Grenadieren ab, erstmals Verantwortung für andere und den Auftrag zu übernehmen. Drei Soldaten gehen dabei gemeinsam vor, ein Truppführer und zwei Schützen. „Jeder Soldat ist Panzervernichter. Und jeder muss einen Panzervernichtungstrupp führen können, auch Mannschaftssoldaten“, sagt P. Die Ausbildung in der Oberlausitz schaffe die Blaupause hierfür, denn das Vorgehen sei im Grundsatz immer gleich:

Ein Soldat spricht zu drei Soldaten im Gelände.

Befehlsausgabe: Der Gruppenführer weist die Rekruten an, einen Panzervernichtungstrupp zu bilden. Für einen Soldaten heißt das, das Kommando zu übernehmen und die beiden anderen zu führen.

Bundeswehr/Jana Neumann
Ein Soldat schießt mit der Panzerfaust. Ein Feuerstrahl tritt hinten aus dem Rohr aus.

Brandgefahr: Der Rückstoß der Panzerfaust erfordert Freiraum nach hinten, den die Soldaten einkalkulieren müssen. Auch Geschosskopf und Schusskanal müssen frei sein, um das Ziel erfolgreich bekämpfen zu können.

Bundeswehr/Jana Neumann

Die Grenadiere erhalten den Auftrag, einen Panzer zu vernichten. Sie prüfen ihre Waffen, erkunden und beziehen eine Stellung. Der Truppführer legt die Schussreihenfolge fest. Der erste Schütze ermittelt die Entfernung zum zu bekämpfenden Panzer, meldet sie und schießt auf Befehl. Hat er nicht getroffen, kann der zweite Schütze sofort die Schussentfernung korrigieren und ebenfalls schießen.

Danach weichen die Soldaten sofort in ihren Sammelraum aus, um von ihrem Schützenpanzer aufgenommen zu werden oder einen weiteren Auftrag zu erhalten. „Das darf nur ein paar Minuten dauern. Panzer warten nicht darauf, bekämpft zu werden. Und die Panzerfaust ist am wirksamsten, wenn der Panzer steht oder nur langsam fährt.“

Alarmierung bei Nacht: In zwei Minuten in die Stellung

Auch Eigensicherung und Alarmierung werden geübt. Am Anfang steht dabei der Stellungsbau. Drei bis vier Stunden benötigen vier angehende Grenadiere, um aus Erde, Gras, Zweigen und Holz einen Alarmposten zu bauen – zu Feindseite nur als abgetarnter Erdhügel sichtbar. Das Grundprinzip sei, viel zu sehen, ohne gesehen zu werden. „Wir Deutschen neigen dazu, alles zu hübsch zu machen. In der Natur gibt es aber keine rechtwinklig angeordneten Zweige“, warnt P. die bauenden Rekruten.

Soldaten in einem Unterstand bei Nacht

„Hier schläft keiner ein.“ Der Alarmposten ist nachts durchgängig besetzt, alle zwei Stunden wechseln sich die Grenadiere ab.

Bundeswehr/Jana Neumann
Zwei Soldaten mit Gewehr im Anschlag bei Nacht

Alles im Blick: Die Rekruten beobachten laufend die Umgebung und notieren alle Vorkommnisse. In regelmäßigen Abständen tauschen sie ihre Aufklärungsergebnisse mit der Streife, die die ganze Zeit um den Lagerplatz der Gruppe patrouilliert.

Bundeswehr/Jana Neumann

Nachts ist der Alarmposten durchgängig mit zwei Mann besetzt, wegen der Kälte wird alle zwei Stunden getauscht. Denn die Soldaten dürfen den Posten nicht verlassen. Zusätzlich wird das Lager der Grenadiergruppe durch eine Streife gesichert. Auch sie patrouilliert im Wechsel die ganze Nacht durch. Wird ein Feind gesichtet, schießen die Soldaten nicht, sondern alarmieren bloß. Denn eine Schussabgabe bedeutet Aufklärung: Der Feind weiß dann, wo sich die Soldaten befinden.

Anfangs haben die Rekruten fünf Minuten Zeit, um sich in ihre vorbereiteten Stellungen zu begeben, möglichst laut- und ereignislos. Das Ziel ist, am Ende der Ausbildung in weniger als der Hälfte der Zeit gefechtsbereit zu sein. P. sagt: „Später sollte das in 60 Sekunden machbar sein. Hauptsache, die Weste ist an.“ Erst wenn der Feind die sogenannte Feuereröffnungslinie überschreitet, beginnt der Kampf. P. ergänzt: „Das nimmt hier jeder ernst. Denn wenn der Alarmposten schläft und der Feind uns überrollt, sind wir tot.“

Der Feuerkampf im Gefecht als Abschlussprüfung

Schwerpunkt der zweiten Ausbildungswoche ist der Gefechtsdienst, insbesondere der abgesessene infanteristische Kampf zu Fuß im Wechsel mit dem aufgesessenen Kampf auf dem Schützenpanzer. „Panzergrenadiere bewegen sich im Gefecht mit ihrem Panzer“, so P. Deswegen müssten die Rekruten lernen, sich in dessen Radius zu bewegen. Denn auch wenn Grenadiere einen Auftrag zu Fuß erfüllen, kann der Richtschütze im Panzer weiter entfernte Feindkräfte bekämpfen und die eigenen Soldaten so schützen und unterstützen. Ist der Auftrag erfüllt, kehren die Soldaten in ihren Schützenpanzer zurück.

Soldaten beim Gefechtsschießen im Wald. Rauch liegt in der Luft.

Bewährung im Kampf: Das Gefechtsschießen ist Abschluss und Höhepunkt der Panzergrenadier-Spezialgrundausbildung

Bundeswehr/Rony Dröscher

Neben dem geleiteten Feuerkampf auf Befehl des militärischen Führers, wie er in der ersten Woche in vorbereiteten Stellungen geübt wurde, kommt zudem der ungeleitete Feuerkampf hinzu. Die Soldaten erhalten einen Auftrag, suchen sich eine Stellung im Gelände und müssen selbstständig gegen den Feind vorgehen.

Zum Beispiel im Sturmschießen, bei dem es darum geht, Raum zu gewinnen. „Die Soldaten gehen aus ihrer Stellung heraus in den Angriff über und schießen im Laufen bei jedem Schritt“, erklärt P. So werde der Feind niedergehalten, bis die nächste Stellung erreicht sei. Von dort werde der Feuerkampf fortgeführt. P. betont: „Wirkung geht vor Deckung.“ Neu ist auch der Kampf über die Bordwand. Das bedeutet: Der Soldat wirkt aus der Panzerluke des stehenden oder fahrenden Schützenpanzers mit dem G36 gegen statische und bewegliche Ziele.  

Am Ende der Woche steht das Gefechtsschießen als Höhepunkt und Abschlussprüfung. Drei Ziele müssten bis hierin erreich sein, so P. Die Rekruten müssen handlungssicher an der Waffe sein. Sie müssen die Grenzen ihrer persönlichen Leistungsfähigkeit kennen: „Die beste Ausbildung nützt nichts, wenn der Grenadier nach drei Tagen draußen nicht mehr gefechtsfähig ist.“ Und sie müssten ihre Aufgabe im gemeinsamen Auftrag kennen und miteinander kommunizieren, um diesen zu erfüllen. Das „kleine Kampfgespräch“ sei essenziell, sobald zwei oder mehr Soldaten gemeinsam mehrere Feindkräfte bekämpfen. „Und Panzergrenadiere kämpfen immer im Team.“

*Name zum Schutz des Soldaten abgekürzt.

von Simona Boyer

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