Nachgefragt

„Der Sanitätsdienst ist ein wichtiger Faktor für Moral und Motivation“

„Der Sanitätsdienst ist ein wichtiger Faktor für Moral und Motivation“

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
4 MIN

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Wo gekämpft wird, gibt es Verwundete und Verletzte. Um Leben zu retten, gibt es die Rettungskette: Von der Erstversorgung im Feld durch die Kameraden über die notärztliche Behandlung im Lazarett bis zum Transport ins Krankenhaus daheim. Wie der Sanitätsdienst der Bundeswehr den Kampf der Ukraine unterstützt, erklärt Oberstarzt Dr. Marco Seyfarth.

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Kämpfende müssten sich darauf verlassen können, bei einer Verwundung im Gefecht gerettet zu werden, sagt Dr. Marco Seyfarth. Mit „Nachgefragt“-Moderatorin, Frau Hauptmann Janet Watson, spricht der Oberstarzt über die Arbeit von Militärmedizinern.

„Für mich können Streitkräfte nur in einem ausgeglichenen und balancierten System funktionieren“, sagt Oberstarzt Dr. Marco Seyfarth zu Frau Hauptmann Janet Watson, der „Nachgefragt“-Moderatorin. „Wenn ich Truppenteile in den Einsatz bringe, die nicht versorgbar und nicht unterstützbar sind, ist der Misserfolg vorprogrammiert.“

Das gelte auch für die medizinische Versorgung im Gefecht: Die Soldatinnen und Soldaten müssten sich im Ernstfall auf die Hilfe ihrer Kameraden verlassen können. „Der Sanitätsdienst ist ein wichtiger Faktor für Moral und Motivation. Sich in eine Gefahr zu begeben, wohl wissend, dass niemand im Bedarfsfall zum Retten kommt, grenzt wahrscheinlich eher an Tollkühnheit denn an Mut.“

Der Faktor Zeit entscheidet

Die Bundeswehr bildet deshalb alle Soldatinnen und Soldaten zu Einsatz-Ersthelfern aus, damit sie gleich an Ort und Stelle helfen können. „Das Wichtigste in der Versorgung von Verwundeten und Verletzten ist immer die Zeit“, so der Referatsleiter im Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr. Würden nicht binnen einer Stunde nach einer Verletzung oder Verwundung medizinische Maßnahmen ergriffen, seien die Überlebenschancen der Betroffenen deutlich schlechter.

„Ich kann leider aus Ressourcengründen nicht hinter jeden Trupp einen Notarzt stellen“, sagt Seyfarth. Mit den Ersthelfermaßnahmen von Kameradinnen und Kameraden könne aber Zeit gewonnen werden, bis die Betroffenen in die Hände von medizinischem Fachpersonal gelangten. „Wenn Sie sich das System der sanitätsdienstlichen Unterstützung als Kette vorstellen, also die klassische Rettungskette, dann stellen wir mit diesem Personal den vordersten Anteil. Und haben damit auch eine sehr, sehr gute Ergänzung zu dem Sanitätspersonal.“

Etwa zwei Drittel der verletzten oder verwundeten Soldatinnen und Soldaten müssten operiert werden und würden damit auch langfristig ausfallen, rechnet der Oberstarzt vor. Nur etwa jeder sechste Uniformierte könne zeitnah in den Dienst zurückkehren.

Bei den Kämpfen zwischen den ukrainischen Streitkräften und den russischen Invasoren gibt es jeden Tag Hunderte Opfer: Viele Tote, vor allem aber Verwundete. Brand- und Druckverletzungen sowie Knochenbrüche seien besonders häufig, so Seyfarth. Eine medizinische Schulung ist deshalb für alle Ukrainerinnen und Ukrainer obligatorisch, die in Deutschland auf den Fronteinsatz vorbereitet werden. „Jeder einzelne Soldat der ukrainischen Streitkräfte, der hier in Deutschland in eine Ausbildung gelangt, wird zusätzlich – quasi nebenbei – noch sanitätsdienstlich weitergebildet.“

Medizinische Hilfe und medizinische Ausbildung

Weiter seien 200 ukrainische Soldatinnen und Soldaten im Rahmen der europäischen Ausbildungsmission für die Ukraine in Deutschland zu Einsatz-Ersthelfern ausgebildet worden. Ab Mai würden auch Kampfsanitäter geschult, die über größere medizinische Fähigkeiten verfügten, sagt der Oberstarzt. „Und dann haben wir zusätzlich noch Kurse für hoch spezialisiertes Personal wie beispielsweise Einsatzchirurgen, die wir weiterbilden.“

Der Sanitätsdienst der Bundeswehr unterstützt den Freiheitskampf der Ukraine aber nicht nur mit Ausbildung. „Wir haben 50 Krankentransportfahrzeuge, die geländegängig sind, verbracht“, sagt Seyfarth. „Wir unterstützen mit Rettungsrucksäcken, OP-Leuchten, über 1.000 OP-Betten, mit Morphin-Autoinjektoren und allerlei Sanitätsmaterial.“ Außerdem sei ein Feldlazarett in die Ukraine geschickt worden, das mit einem kleinen Kreiskrankenhaus verglichen werden könne.

Zudem helfe Deutschland bei der Behandlung von Ukrainerinnen und Ukrainern, so der Oberstarzt. „Nachdem die Verwundeten vom Ort der Verwundung an eine medizinische Einrichtung transportiert worden sind, melden die ukrainischen Behörden ihren Unterstützungsbedarf.“ Dann werde geschaut, welche Krankenhäuser Platz für die Behandlung der Patienten hätten. Finde sich ein Platz, würden die Verwundeten über Polen nach Deutschland gebracht. „Mittlerweile haben wir fast 700 Patienten hier in Deutschland aufnehmen können“, sagt Oberstarzt Seyfarth.

von Timo Kather

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