Tausche Hörsaal gegen Einsatz
Tausche Hörsaal gegen Einsatz
- Datum:
- Ort:
- Viereck-Stallberg
- Lesedauer:
- 3 MIN
Eigentlich studiert Major der Reserve Paul G. Philosophie und Kulturwissenschaft. Doch schon bald tauscht der 34-Jährige Hörsaal und Zivil gegen Uniform und Auslandseinsatz. Als Reservistendienstleistender wird er für mehr als ein halbes Jahr bei der NATO-Mission Enhanced Forward Presence (EFP) in Litauen dabei sein. Wir haben ihn kurz vor der Abreise getroffen.
Herr Major, Sie gehen als Embedded Planer in der Iron Wolf Brigade zu EFP. Was muss ich mir darunter vorstellen, wie sieht Ihr Alltag dort aus?
Major der Reserve Paul G.: Der Dienstposten hat zwei Besonderheiten. Zum einen werde ich nicht bei dem multinationalen Gefechtsverband (Battlegroup), der unter deutscher Führung steht, eingesetzt sein, sondern direkt bei der litauischen Iron Wolf Brigade. Der Embedded Planer ist ein Verbindungsoffizier zwischen der multinationalen Battlegroup und der übergeordneten Brigade. Ich selbst bin dabei Teil der G3-Abteilung der litauischen Brigade und damit „Auge und Ohr“ der multinationalen Kräfte. In dieser Abteilung werden Ausbildung und Übungen geplant und geführt. Ich nehme an Besprechungen beider Verbände teil, verteile Informationen und werde auch bei Übungen durch die litauische Brigade eingesetzt.
Zum anderen ist mein Einsatzzeitraum ein anderer als derjenigen, die in dem multinationalen Gefechtsverband eingesetzt sind – er verläuft versetzt zur normalen Rotation. Ich nehme an der zweiten Hälfte der 10. und der ersten Hälfte der 11. Rotation teil. Das bedeutet für mich, ich gehe bereits im September nach Litauen und nicht wie der Großteil der 11. Rotation im Januar.
Welche Erwartungen haben Sie an diesen Einsatz?
Ich freue mich auf die multinationale Zusammenarbeit in der Battlegroup mit den Niederländern, Norwegern, Tschechen, Belgiern und Luxemburgern, aber auch auf das Kennenlernen der litauischen Militärkultur. Ich erwarte eine steile persönliche Lernkurve bei dem Einsatz in einem Brigadestab, da ich bislang immer maximal auf der Ebene Bataillon geübt habe. Außerdem hoffe ich, jede Menge Eindrücke zu sammeln, wie der Einsatz mechanisierter Kräfte in großem Rahmen abläuft.
Wie sieht Ihre Vorbereitung aus? Aus Reservistensicht: Wie herausfordernd ist es, alles unter einen Hut zu bringen – zivile Tätigkeit und Vorbereitungen auf EFP?
Dadurch dass ich in diesem Jahr durchgehend übe, gibt es wenige reservespezifische zeitliche Herausforderungen. Die letzten Prüfungsleistungen des Studiums kann ich auch digital ablegen. Seit Februar habe ich Verbindung zu meinem Vorgänger in Litauen und auch die Einsatzlandspezifische Ausbildung beim Panzerbataillon 414 in Bergen habe ich bereits durchlaufen. Im März war ich auf dem Lehrgang „Englisch für multinationale Stäbe„, im April war ich mit dem Panzergrenadierbataillon 411 bei SIRA in Dresden (eine computergestützte Übung, Anm. d. Red.), wo wir gemeinsam mit den Niederländern auf Englisch Führungsprozesse geübt haben. Parallel war ich weiterhin als Kompaniechef im Panzergrenadierbataillon 908 (ein Verband, der nur aus Reservisten besteht, Anm. d. Red.) eingesetzt und habe im Juni mit meiner Kompanie an der Brigadeübung Haffschild der Panzergrenadierbrigade 41 teilgenommen. Seit Anfang August schließe ich die letzten Einsatzvorbereitungen wie Gefechtsschießen, verschiedene Unterrichtseinheiten, ärztliche Untersuchungen und Empfang von Ausrüstung ab, um schließlich Mitte September in den Einsatz zu verlegen.
Was hat Sie dazu bewegt, als Reservist in den Einsatz zu gehen und was reizt Sie an der Mission EFP?
Die mit Einsätzen und anerkannten Missionen verbundenen Erfahrungen gehören für mich zum modernen Soldatenbild. Es war also immer mein Ziel, daran teilzunehmen. Zudem reizt mich der hohe Anteil an Übungen mit den gepanzerten Kampftruppen im hochintensiven Gefecht, also das Kerngeschäft der Landes- und Bündnisverteidigung.
Ich sehe den Einsatz als europäische Verpflichtung. Solidarität in Europa bedeutet auch, dem Bedrohungsempfinden der baltischen Staaten Rechnung zu tragen und diese glaubhaft zu unterstützen.