Führungsverständnis in Kirche und Bundeswehr

Führungsverständnis in Kirche und Bundeswehr

Datum:
Ort:
Hamburg
Lesedauer:
3 MIN

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Sie ist seit 2019 die amtierende Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland: Kristina Kühnbaum-Schmidt. Nun besuchte sie die höchste militärische Ausbildungseinrichtung und wollte wissen: „Wie gehen die Soldatinnen und Soldaten mit dem Führungsbegriff um?“

Landesbischöfin Kühnbaum-Schmidt steht in einem Unterrichtsraum neben einer Korkwand.

Landesbischöfin Kühnbaum-Schmidt informiert sich beim Basislehrgang Stabsoffiziere über die Ausbildungsmethoden

Bundeswehr/Katharina Roggmann

Als Landesbischöfin der Nordkirche ist Kristina Kühnbaum-Schmidt zugleich Vorsitzende der Kirchenleitung. Das Thema „Führung“ beschäftigt die Leitende Geistliche immer wieder. Bei ihrem Besuch an der Führungsakademie der Bundeswehr stand daher das Thema „Führungsverständnis“ im Mittelpunkt. Nach einem ersten Gespräch mit dem Kommandeur, Generalmajor Oliver Kohl, traf Kühnbaum-Schmidt Teilnehmende des Basislehrganges Stabsoffiziere. Diese lernen während der dreimonatigen Weiterbildung unter anderem verschiedene Methoden der Projektarbeit kennen. Während des Besuches der Landesbischöfin stand „Open Space“ auf dem Lehrplan. Diese Methode der Großgruppenmoderation wird beispielweise dazu eingesetzt, Konferenzen zu strukturieren. Sie eignet sich ab einer Gruppengröße von 20 Personen. Charakteristisch ist die inhaltliche Offenheit: Die Teilnehmenden schlagen eigene Themen vor und gestalten dazu je eine Arbeitsgruppe aus. So kamen an diesem Tag Themen wie „Home-Office – Eine Herausforderung in der Führung“, „Hätte eine allgemeine Dienstpflicht positive Auswirkungen auf das innere Gefüge“ oder „Führen und Entscheiden: Gefahr für die Karriere?“ auf das Flipchart. Kühnbaum-Schmidt stieg in die lebhaft geführten Diskussionen sehr interessiert ein.

Entscheidungen treffen

Die Landesbischöfin steht mit Soldaten zusammen in einem Raum und unterhält sich

Kühnbaum-Schmidt tauscht sich mit Teilnehmern des Basislehrganges Stabsoffiziere zum Thema "Führung" aus

Bundeswehr/Katharina Roggmann

Die Absicht des Kommandeurs, auch bekannt als „Commander’s Intent“, beschreibt den gewünschten Endzustand einer militärischen Operation – beispielsweise die Stabilisierung einer bestimmten Region. Es ist also ein prägnanter Ausdruck des Zwecks der Operation. Dass es sich dabei um ein wesentliches Element für Militäreinsätze im 21. Jahrhunderts handelt, erfuhr die Landesbischöfin während ihres Besuches. Hilft dieses Konzept den Vorgesetzten? In der Diskussionsrunde zum Thema „Führen und Entscheiden: Gefahr für die Karriere?“ stellten die Lehrgangsteilnehmenden fest, dass es unterschiedliche Erfahrungen zu diesem Thema gibt. Während einige in der Gruppe äußerten, für fehlerhafte Entscheidungen schlecht bewertet geworden zu sein, so stellten andere klar, dass für sie auch kritische Äußerungen keine Karrierestopper waren. Kühnbaum-Schmidt ergänzte, dass vermieden werden sollte, dass Unklarheit darüber besteht, was entschieden werden kann: „Dabei könnten Korridorentscheidungen helfen.“ Wenn sich alle im Team einig sind, macht das die Landesbischöfin skeptisch. Kamen wirklich alle Punkte zur Sprache? Was ist unter der Oberfläche? Daher ermutigt sie ihre Mitarbeitenden immer wieder, Dinge auch einmal anders zu sehen. Die Gefahr des „Ja-Sagens“ sei zwar da, „aber im Protestantismus nicht ganz so ausgeprägt,“ erzählt sie mit einem Augenzwinkern.

Fehlerkultur

Kühnbaum-Schmidt steht mit Soldatinnen und Soldaten im Halbkreis

Wie gehen wir mit Fehlern um? Die Lehrgangsteilnehmenden um die Landesbischöfin (r.) tauschen ihre Erfahrungen aus

Bundeswehr/Katharina Roggmann

Wie gehen wir innerhalb der Bundeswehr mit Fehlern um? Sind Fehler etwas Positives, aus denen man lernen kann? Oder sind Fehler immer menschliches Versagen, das bestraft werden muss? Auch zu dieser Fragestellung kamen unterschiedliche Erfahrungen auf den Tisch. Einig waren sich die Hauptleute darüber, dass Fehler im militärischen Bereich gravierende Konsequenzen haben können. Auf die Frage, wie in der Nordkirche mit Fehlern umgegangen wird, antwortete die Landesbischöfin: „Vergebung gehört zu unserer Kultur. Im Umgang mit Fehlern verfolgen wir das Ziel, offen und klar, und ebenso barmherzig und kollegial zu sein.“

Expertenrunde

6 Personen in Zivilkleidung und Uniform stehen auf einer Treppe vor einem Backsteingebäude

Teilnehmende des Themenseminars "Ethik des Führens" mit Landesbischöfin Kühnbaum-Schmidt (links) und Kommandeur Generalmajor Kohl (rechts)

Bundeswehr/Katharina Roggmann

Im Themenseminar “Ethik des Führens“ kamen Angehörige der Fakultät Politik- Strategie- und Gesellschaftswissenschaften, der Militärseelsorge und der Akademieführung zur intensiven Diskussion und zum intensiven Erfahrungsaustausch zusammen. Wie gehen die sehr unterschiedlich organisierten Institutionen – Kirche und Bundeswehr – mit den Themen Führung, Entscheidungsfindung und Verantwortung um? Vergleichbare und auch gemeinsame Fragen waren beispielweise, wie die Ergebnisse guter Analysen und Expertise auch zielorientiert umgesetzt werden können. Oder wie Initiativen gebündelt und genutzt, Entscheidungsräume angenommen und Verantwortung übernommen wird. Schließlich wurde auch über die Bedeutung ethischer Fragen in der Ausbildung an der Führungsakademie der Bundeswehr diskutiert. Dass die Militärseelsorge insbesondere in den Einsätzen eine wirkungsvolle Klammer über konfessionelle Bindung hinweg ist, hoben die Seminarteilnehmenden hervor.

von Ines Blandau  E-Mail schreiben

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