Fitnesstest für die Psyche

PTBSPosttraumatische Belastungsstörung vorbeugen: Psychische Vorbereitung auf den Einsatz

PTBSPosttraumatische Belastungsstörung vorbeugen: Psychische Vorbereitung auf den Einsatz

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
3 MIN

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

„Wenn ich besonderen Stress erwarte, ist es gut, wenn ich gelernt habe, damit umzugehen, und weiß, wer mich unterstützen kann“, sagt Susanne Bruns. Sie leitet den Psychologischen Dienst der Bundeswehr. Dort gibt es seit einem Jahr ein neues Werkzeug: den Test zur Erfassung der psychischen Fitness.

Zwei Soldaten bewegen sich im Rauch einer Rauchgranate im Gelände.

In der Einsatzvorbereitung sollten Soldatinnen und Soldaten sich nicht nur mit körperlich fordernden, sondern auch mit psychisch belastenden Situationen beschäftigen

Bundeswehr/Marcus Schaller

Je näher die Einsatzvorbereitung der Realität kommt, desto mehr Handlungssicherheit gibt sie Soldatinnen und Soldaten später im Einsatz. Das gilt auch für die psychische Vorbereitung. Dazu, so Susanne Bruns, sollte man sich mit den Belastungen vertraut machen, die im Einsatz zu erwarten sind.

Auch wer gewöhnt sei, schwierige Aufgaben zu meistern, unter Zeitdruck zu arbeiten und körperliche Herausforderungen anzunehmen, müsse mit zusätzlichen Faktoren rechnen. Wer sich also gedanklich mit einem „worst case scenario“ auseinandersetzt, ist besser gewappnet.

Eine Frau im Porträt
Susanne Bruns, Leiterin Psychologischer Dienst der Bundeswehr Bundeswehr/Roland Alpers
Wichtig ist, dass man sich selbst gut kennt: Wie reagiere ich auf Stress?

Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder andauerndes Grübeln: Jeder Mensch reagiert anders auf Stress. Wichtig ist, rechtzeitig zu erkennen, wann man unter Stress gerät. Erst dann lässt sich gezielt gegensteuern.

Bewältigen kann man „normalen“ Stress mit Ablenkung: Sport, mit Freunden sprechen, Lesen oder Musik hören. Doch bei großem innerem Druck reichen diese Bewältigungsstrategien nicht aus. Dann ist es gut zu wissen, wer zusätzlich helfen kann, wenn man allein nicht mehr weiterweiß.

Zu den Angeboten der psychosozialen Unterstützung gehören Gespräche mit Truppenpsychologinnen, der Militärseelsorge sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vom Sozialdienst. Der psychologische Dienst unterbreitet auch ein Beratungsangebot, das man bereits im Vorfeld nutzen kann. Vor allem, wenn beispielsweise private Probleme eine Person daran zweifeln lassen, dem Einsatz gewachsen zu sein.

Test: Erfassung der psychischen Fitness

Seit vergangenem Jahr gibt es ein neues Angebot: die Erfassung der psychischen Fitness. Bei diesem Testverfahren werden verschiedene Facetten der psychischen Fitness erfasst, zum Beispiel die Depressivität, körperliche Beschwerden oder erlernte Bewältigungsstrategien.

Den Test kann man am PC beim Betriebs- oder Truppenpsychologen machen. Es handelt sich um ein freiwilliges Angebot für alle, die ihre psychische Fitness besser kennenlernen möchten. So zeigt sich bereits vor dem Einsatz, ob Werte erhöht, normal oder besonders gut sind, also ob eine Person möglicherweise vorbelastet oder eben besonders resilient ist.

Belastung durch moralische Konflikte: „Moral injury“

Häufig haben Menschen, die unter besonderen Stresserkrankungen wie zum Beispiel PTBSPosttraumatische Belastungsstörung leiden, auch eine sogenannte moralische Verwundung erlitten, eine „moral injury“.  Darunter versteht man die Verletzung eines Menschen, die das moralische und ethische Empfinden in Frage stellt. Daraus kann eine psychische Erkrankung entstehen. Die Kernfrage sei, so Susanne Bruns: „Was ist, wenn ich Beobachtungen mache, die ich moralisch nicht gutheißen kann?“

Der Psychologische Dienst entwickelt derzeit zusammen mit dem Psychotraumazentrum am Bundeswehrkrankenhaus Berlin präventive Programme. Denn auch hier müsse man sich vor dem Einsatz darüber klar werden, welche moralischen Konflikte sich ergeben können und was sie möglicherweise auslösen.

Eine Frau im Porträt
Susanne Bruns, Leiterin Psychologischer Dienst der Bundeswehr Bundeswehr/Roland Alpers
Nicht jede starke Emotion ist auch gleich eine Erkrankung.

Als Beispiel nennt Bruns die militärische Evakuierungsoperation aus Kabul im August 2021. Nicht jeden verzweifelten Menschen retten zu können, habe bei Soldaten und Soldatinnen möglicherweise moralische Zweifel ausgelöst.

„Da kann es sein, dass man zornig wird, weil man nicht jedem helfen darf und sich vielleicht auch schämt den Betroffenen gegenüber, die man zurücklassen muss“, erklärt die Leiterin des Psychologischen Dienstes. Wichtig sei, viele Informationen zu erhalten, um den Emotionen Fakten gegenüberstellen zu können. So könne man die Situation neu bewerten.

Eine starke Emotion, die wieder nachlässt, sei nicht behandlungsbedürftig. Wenn jedoch Krankheitsanzeichen wie Schlafstörungen, starke Traurigkeit, Schuldgefühle oder Zorn hinzukämen, solle man ärztliche Hilfe suchen.

Angebote für aktive und ehemalige Soldatinnen und Soldaten

Erster Ansprechpartner für ehemalige Soldatinnen und Soldaten ist der Sozialdienst der Bundeswehr. Auch die Trauma-Hotline und die PTBSPosttraumatische Belastungsstörung-App sind gute Kontakt-  und Informationsmöglichkeiten.

Das interne Angebot der Bundeswehr ist groß. Ärztinnen, Psychologen und Sozialdienst unterstützen Kameradinnen, Kameraden, Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzte, Helfer und Angehörige.

von Barbara Gantenbein

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

Mehr zum Thema