Unter erschwerten Bedingungen

Sanitätsausbildung unter Stress in Staub und Sand

Sanitätsausbildung unter Stress in Staub und Sand

Datum:
Ort:
Tillia
Lesedauer:
3 MIN

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Ob bei der Ausbildung nigrischer Spezialkräfte oder bei der Unterstützung der Spezialkräfte der Bundeswehr: die Fallschirmjäger mit erweiterter Grundbefähigung der Quick Reaction Force der JSOTFJoint Special Operations Task Force Gazelle sind überall gefordert. Auch im Einsatz in Niger halten sich die Fallschirmjäger EGBErweiterte Grundbefähigung einsatzbereit, auch sanitätsdienstlich.

Bundeswehrsoldaten tragen einen Verwundeten in Sicherheit

Der Verwundete muss schnell aus der unmittelbaren Gefahrenzone gebracht werden, um ihn zu untersuchen und zu versorgen

Bundeswehr/Benjamin Bendig

Zur QRF gehört auch ein luftbeweglicher Arzttrupp. Oberstabsarzt Max ist fachlicher Führer dieses Trupps. Er gehört zu den Heeressanitätskräften und ist wie alle Angehörigen des Fallschirmjäger mit erweiterter Grundbefähigung-Zuges beim Fallschirmjägerregiment 31 in Seedorf stationiert. Zu seinen Aufgaben zählt neben der medizinischen Erstversorgung Verwundeter oder Verletzter die sanitätsdienstliche Weiterbildung der Kameradinnen und Kameraden. Alle Bundeswehrangehörigen sind grundsätzlich in Selbst- und Kameradenhilfe ausgebildet und beherrschen dadurch medizinische Basisfertigkeiten. Fallschirmjäger EGBErweiterte Grundbefähigung sind Spezialisierte Kräfte des Heeres, die besonders befähigt sind, um mit Spezialkräften eng zusammenarbeiten zu können. Für sie ist daher auch eine intensivere sanitätsdienstliche Ausbildung erforderlich.

Untersuchung strikt nach MARCHMassive hemorrhage, Airway, Respiration, Circulation, Head injury/Hypothermia-Schema

Ein Soldat trägt in ein Formblatt seine Untersuchungsergebnisse zum verwundeten Kameraden ein

Während der Sanitätsübung ist auch eine Verwundetenkarte mit den Untersuchungsergebnissen und vorgenommenen Behandlungen auszufüllen, um später den Arzt möglichst genau einweisen zu können

Bundeswehr/Benjamin Bendig

In einem ersten Schritt wird das Untersuchen eines Verwundeten geübt. Dafür gibt es ein spezielles Verfahren, das MARCHMassive hemorrhage, Airway, Respiration, Circulation, Head injury/Hypothermia-Schema. Es geht darum, tödliche Verletzungen schnell zu entdecken und zuerst zu versorgen. M steht für Massive Bleeding (schwere Blutungen), A für Airway (Atemwege), R für Respiration (Atmung), C für Circulation (Kreislauf) und H für Hypothermia/Head (Unterkühlung/Kopfverletzung). In den letzten Ausbildungen hätten sich laut Max gelegentlich Unsicherheiten in der Reihenfolge gezeigt. Seine Absicht ist es nun, die Stresssicherheit der Soldaten beim Anwenden des Untersuchungsschemas zu verbessern. „Die Jungs sollen vorbereitet werden für den Fall, dass sie dies im Ernstfall bei einem Kameraden machen müssen. Dazu müssen sie in jeder Situation handlungssicher sein und im Team zusammenarbeiten.“

Drillausbildung rettet im Ernstfall Leben

Ein Trupp Soldaten untersucht einen Verwundeten im Qualm eines Rauchkörpers

Alle Handgriffe bei der Untersuchung des Verwundeten müssen sitzen. Auch unter Gefechtsbedingungen, wenn beispielsweise Rauch die Sicht behindert.

Bundeswehr/Benjamin Bendig

Für Oberstabsarzt Max steht fest, dass nur regelmäßige Drillausbildung die notwendige Handlungssicherheit schafft. „Wir trainieren heute mit Viererteams einen im Gefecht Verwundeten zu bergen, nach dem vorgegebenen Ablauf zu untersuchen und lebensrettende medizinische Maßnahmen durchzuführen.“ Das geschieht in voller Gefechtsausrüstung und unter Stress. Der Übungsverwundete soll in einen geschützten Bereich transportiert und dort untersucht werden, um ihn abschließend an die Sanitätskräfte übergeben zu können. Um es schwieriger zu machen, werden zusätzlich zu Hitze und Sand Stressfaktoren wie körperliche Belastung erzeugt oder in Form von Sinnesstörungen eingespielt. Es gibt Rauchkörper, laute Musik oder störende Kameraden, wiederkehrende Unterbrechungen durch Weitertransport des Verwundeten sowie ein Zeitlimit für jede Untersuchungsetappe.

Atmung, Blutung, Body Check

Das Viererteam untersucht einen am Boden liegenden Soldaten nach Verletzungen

Nichts darf vergessen werden, auch nicht unter Stress. So müssen tödliche Wunden zuerst gefunden und versorgt werden.

Bundeswehr/BenjaminBendig

Auf „Los!“ laufen die vier voll ausgerüsteten Fallschirmjäger zu ihrem als Verwundeter gekennzeichneten Kameraden. Rasch packen sie an, tragen ihn einige Meter durch dichten, roten Signalrauch in einen geschützten Bereich. Nachdem die Waffe abgenommen wurde, beginnt der erste Teil der Untersuchung. Wenige Sekunden später heißt es „Stellungswechsel!“ Wieder wird der Verwundete aufgenommen und zur nächsten Station geschleppt. Diesmal ertönt laute Musik aus einem Lautsprecher um Stress zu erzeugen. Weiter im Untersuchungsschema! Nach dreißig Sekunden eine erneute Unterbrechung mit Standortwechsel. Neugierige Kameraden bedrängen jetzt die Truppe bei ihrer Untersuchung und müssen gebändigt werden, bevor es weitergehen kann. An Waffe, Munition, Funkgerät, Packtaschen, Helm und Schutzweste sind die Fallschirmjäger zwar gewöhnt, die körperliche und geistige Belastung bei über dreißig Grad Umgebungstemperatur in Verbindung mit dem allgegenwärtigen Staub treibt den Männern während der mehrstündigen Weiterbildung schließlich doch den Schweiß ins Gesicht. 
„Das, was die Männer hier leisten, überzeugt mich“, bewertet Oberstabsarzt Max die Übung. „Jeder ist voll bei der Sache, die Abläufe sitzen selbst unter den fordernden Bedingungen.“ Das sei bei diesem ersten Schritt der Selbst- und Kameradenhilfe besonders wichtig, weil eine gründliche, umfassende Untersuchung eines Verwundeten die Grundlage für die weitere medizinische Versorgung bildet. Würden hierbei Verletzungen übersehen oder bei der Übergabe an das Sanitätspersonal vergessen, könnte dies im schlechtesten Fall tödlich für den Verwundeten sein. Max ist zufrieden mit dem Leistungsstand der spezialisierten Fallschirmjägerkameraden. Sein Lob bei der Abschlussbesprechung sorgt für ein Lächeln in den schweißverschmierten Gesichtern, wissen doch damit alle, dass sie sich in einem Ernstfall auch in diesem Bereich aufeinander verlassen können.

  • Vier Soldaten laufen bei Übungsbeginn schnell zu ihrem Verwundeten Kameraden

    Die Übung beginnt mit körperlicher Belastung. Der Trupp sprintet in Gefechtsausrüstung zum Verwundeten.

    Bundeswehr/Benjamin Bendig
  • Bundeswehrsoldaten tragen einen Verwundeten in Sicherheit

    Die richtigen Handgriffe müssen koordiniert werden, um verzugslos den Verwundeten in Deckung zu bringen

    Bundeswehr/Benjamin Bendig
  • Deutsche Soldaten untersuchen während einer Übung einen verwundeten Kameraden

    Stets unter Aufsicht von Sanitätspersonal untersucht der Fallschirmjäger-Trupp den Verwundeten

    Bundeswehr/Benjamin Bendig
  • Ein Soldat füllt das Meldeformular für die Untersuchung des Verwundeten aus

    Das Meldeformular für die Untersuchung. Je genauer mögliche Verletzungen bei der Übergabe benannt werden, desto höher ist der Behandlungserfolg später.

    Bundeswehr/Benjamin Bendig
  • Drei Soldaten sichern die Übergabe der Verwundeten durch den Truppführer an einen Arzt

    Zum Übungsabschluss ist der Verwundete durch den Truppführer an den Arzt zu übergeben. Die Auswertung erfolgt umgehend, um beim nächsten Durchgang noch besser zu werden.

    Bundeswehr/Benjamin Bendig
von Kieron Kleinert

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