Türkei – AFTUR

Türkei – AFTUR

Im Zuge des seit 2011 andauernden Bürgerkriegs in Syrien sind mehrere Millionen Einwohner des Landes auf der Flucht. Viele von ihnen suchten bereits ab Juni 2011 im Nachbarland Türkei – dem, mit seiner rund 900 Kilometer langen Grenze zu Syrien, am stärksten vom Konflikt betroffenen NATO-Partner, Schutz. Nach Angaben des UNHCRUnited Nations High Commissioner for Refugees hatten Mitte Dezember 2015 mehr als 2,29 Millionen syrische Flüchtlinge in der Türkei Zuflucht gefunden.

Im April 2012 feuerten syrische Truppen erstmals auf das Flüchtlingslager Kilis in der Türkei, vier Menschen wurden verletzt. Nahe der Küstenstadt Latakia schoss Syrien im Juni 2012 einen türkischen Militärjet ab – beide Piloten starben. Das Flugzeug sei nach syrischen Angaben in den Luftraum des Landes eingedrungen, der NATO-Rat verurteilte den Abschuss. Mindestens drei aus Syrien abgefeuerte Granaten schlugen am 3. Oktober 2012 im türkischen Grenzort Akcakale ein – eine Frau und ihre vier Kinder starben.

Am 21. November 2012 ersuchte die türkische Regierung daraufhin die NATO-Partner, sie im verbundenen Einsatz an der syrischen Grenze zu unterstützen. Diesem Antrag kam die NATO mit ihrem Ratsbeschluss vom 4. Dezember 2012 nach. Ein militärischer Schutzschild für drei grenznahe Städte sollte installiert werden.

Der Deutsche Bundestag mandatierte daraufhin am 14. Dezember 2012 erstmals der Entsendung deutscher bewaffneter Streitkräfte zur Verstärkung der integrierten Luftverteidigung der NATO auf Ersuchen der Türkei und auf Grundlage des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung (Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen). Die deutschen Soldaten erhielten den Auftrag, die rund 500.000 Einwohner zählende Stadt Kahramanmaras, rund 100 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt, vor einem Beschuss mit ballistischen Raketen zu schützen.

Die Verlegung deutscher PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target-Systeme im Januar 2013 in die Türkei erfolgte in enger Abstimmung mit den zu Beginn ebenfalls beteiligten Niederlanden und den USA. Der niederländische Beitrag wurde 2015 von spanischen Soldaten übernommen.

Die Bundeswehr unterstützte die NATO zum Schutz der türkischen Bevölkerung und des türkischen Staatsgebiets im Rahmen der integrierten NATO-Luftverteidigung. Dazu wirkte sie an der luftgestützten Frühwarnung im Rahmen der Luftraumüberwachung sowie beim Austausch und Abgleich gewonnener Lagebildinformationen mit.

Im Sommer 2015 beschloss die Bundesregierung, den Einsatz in der Türkei, der zuletzt für bis zu 400 Soldaten bis zum 31. Januar 2016 mandatiert war, nicht zu verlängern. Grundlage war die Einschätzung der NATO, wonach die Bedrohung des türkischen Territoriums durch ballistische Raketen aus Syrien mittlerweile als gering eingeschätzt wurde. Daraufhin endete am 15.Oktober 2015 der operative Auftrag der deutschen Soldaten, die PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target-Systeme wurden abgeschaltet. Nach der Rückverlegung des Materials nach Deutschland, verließ am 30. Dezember 2015 der letzte deutsche AFTUR-Soldat das Land.

Seit Januar 2013 haben insgesamt mehr als 2.500 deutsche Soldaten in Kahramanmaras den ersten eigenständigen Auslandseinsatz der Flugabwehrraketentruppe geleistet. Trotz häufiger Alarmsituationen musste in diesen fast drei Jahren zu keinem Zeitpunkt eine deutsche Flugabwehrrakete zum Einsatz gebracht werden.

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