Ein Tag mit: Dem Presseoffizier in Al-Asad

Ein Tag mit: Dem Presseoffizier in Al-Asad

Datum:
Ort:
Al-Asad
Lesedauer:
5 MIN

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Seit 2015 ist die Bundeswehr im Irak-Einsatz. Schwerpunkt ist die Ausbildung von Führungskräften der irakischen Streitkräfte mit dem Ziel des Aufbaus nachhaltiger Fähigkeiten, genannt „Capacity Building“. Daneben stellt sie ein Luftraumüberwachungsradar bereit und betreibt dieses mit einem kleinen Team auf der Al-Asad Air Base (AAAB). Eine dreiköpfige Gruppe des 10. Einsatzkontingentes aus Erbil besuchte die Kameradinnen und Kameraden. Mit dabei: Presseoffizier Oberleutnant René Kuhn.

Mein erster Besuch im Camp Teslar

Zwei Soldaten und eine Soldatin vor einem Campschild

Die Soldatinnen und Soldaten des Camps Teslar sind dafür zuständig, dass die zwei Radare ununterbrochen in Betrieb sind

Bundeswehr/René Kuhn

Es war mein erster Besuch im Camp Teslar auf der AAAB, die westlich der Hauptstadt Bagdad in der Nähe des Euphrats liegt. Dort ist ein kleiner Trupp von acht Radar- und Klima-Technikern und Sanitäterinnen unter Leitung von Hauptmann Jean-Pierre H. 24 Stunden täglich, sieben Tage die Woche im Schichtdienst im Einsatz. Sie leisten somit einen wesentlichen Beitrag zur Luftraumüberwachung und Lagebilderstellung für die multinationale Koalition gegen den Islamischen Staat.

Mit mir unterwegs: Oberstleutnant Kay P. – als Interkultureller Einsatzberater mit Land, Leuten und Machtstrukturen im Irak gut vertraut – und Stabsunteroffizier Lisa S., unsere Sicherungssoldatin. Eine C-160 der Canadian Air Force flog uns von Erbil aus die knapp 34 Minuten durch den irakischen Nachthimmel, die Landung fand in vollständiger Dunkelheit statt.

Freundlicher Empfang – und Einsatz ist nicht Einsatz!

Ein Lkw auf einer Straße, im Hintergrund ein altes Flussbett mit ein paar Bäumen

Durch ein altes Flussbett können teilweise Pflanzen wachsen. Leider ist das eher die Ausnahme

Bundeswehr/René Kuhn

Freundlich von Hauptmann Jean-Pierre H. in Empfang genommen, konnten wir schnell unsere Container aufsuchen: klimatisiert, die Toiletten und Duschen zu Fuß etwa 100 Meter entfernt. Schnell wurde uns klar: Einsatz ist nicht gleich Einsatz! Für jede und jeden ist dieser immer eine sehr individuelle Erfahrung, die von vielen Faktoren abhängig ist.
Die Soldatinnen und Soldaten hier haben keinen klimatisierten Fitnessraum oder eine OASE, das ist eine Bundeswehr-Betreuungseinrichtung, mit deutscher Küche, geschweige denn ein Team fleißiger Dienstleister für die Reinigungsarbeiten.
Dennoch waren wir sofort angekommen. Der Staub zwischen den Zähnen hatte etwas äußerst Reales, wir saugten die Eindrücke und das Klima von Al-Asad in uns auf. Und bis zu unserem Rückflug wussten wir: Alles ist eine Frage der Gewöhnung. Wir wollten den Geschmack und den Staub des Camps im Gedächtnis mitnehmen.

Hintergrundinfos von Amerikanern und Norwegern

Das Campschild der norwegischen Kräfte

Im Camp Midgard sind die norwegischen Kräfte untergebracht. Sie sind für das Militärische Nachrichtenwesen verantwortlich

Bundeswehr/René Kuhn

In den nächsten Tagen lernten wir die riesigen Weiten der ehemaligen irakischen Luftwaffenbasis AAAB genauer kennen. Dort ist es vor allem sehr heiß und staubig, die einzigen betonierten Straßen sind die ehemaligen Taxi-Ways der irakischen Luftwaffe.
Wertvolle Hintergrundinformationen erhielten wir vom Base Commander, dem Kommandeur des Stützpunktes, dem erfahrenen USUnited States-amerikanischen Oberst Mark Coble, Angehöriger der Iowa Air National Guard Base. Über die Sicherheitslage vor Ort informierte uns zudem der für das Militärische Nachrichtenwesen verantwortliche S2 der norwegischen Sicherheitskräfte, der permanent die Lage gegnerischer Kräfte bewertet, um die Sicherheitslage für das internationale Truppenkontingent zu erhöhen.

Im gepflegten und skandinavisch praktisch eingerichteten Camp Midgard hörten wir, dass die Bedrohungslage anders ist als in Erbil. Al-Asad befindet sich im Gouvernement Anbar, dem größten der 18 Verwaltungseinheiten des Irak. Gerade dort war der Widerstand gegen die ausländische Militärpräsenz nach dem Irakkrieg besonders ausgeprägt. Deshalb gibt es permanente Luftabwehrübungen, die ich bereits in der ersten Nacht wahrgenommen hatte, aber nun erst richtig einordnen konnte.

Drei neue abendliche Dart-Gegner

Unsere deutschen Kameradinnen und Kameraden haben sich mit den hiesigen Gegebenheiten arrangiert. Zwar gibt es im Sportbereich außer Hantel- und Klimmzugstangen nicht viel, dennoch konnte man dem staubigen Wüstensand eine schattige Ecke mit Dartscheibe und Campingstuhl, ein gepflegtes kleines Rasenstück sowie eine liebevoll kombinierte Erdbeer-Chili-Pflanzung abgewinnen.

Wir Drei aus Erbil waren übrigens eine willkommene Abwechslung: zum einem neue Gesichter, zum anderen neue Gegner in den abendlichen Dart-Wettkämpfen.

Vorbereitung für die Antonow AN-124

Eine Soldatin und ein Soldat beim Vorbereiten der Kamera auf dem Rollfeld

Die letzten Vorbereitungen sind getroffen: Jetzt kann die Antonow eintreffen

Bundeswehr/René Kuhn

Schließlich bereiteten wir den eigentlichen Grund der Dienstreise vor. Alle fieberten der Ankunft der Antonow AN-124 am nächsten Morgen entgegen, die einen neuen Transport-Lkw und eine komplette Traglufthalle für die Radaranlage bringen sollte, damit diese künftig besser gegen die Witterung und die Sonne geschützt ist. Wir verrückten also Material und schufen im Camp Teslar Platz für jede Menge Paletten. Auch bereiteten wir die pressetechnische Begleitung des Vorhabens – Kameras, Akkus und Stative – vor und erkundeten genau die Landebahn sowie den Bunker für den großen Tag.

Früh ging es ins Bett, früh waren alle wieder auf den Beinen. Es schien niemanden zu geben, der sich die Ankunft der Antonow-Frachtmaschine um 3 Uhr morgens entgehen lassen wollte. Der Aufbau unserer Kameras und Stative ging aufgrund der Vorarbeiten zügig voran, wobei uns auch die USUnited States-amerikanische Presseoffizierin, Master Sergeant Rachel Smith, unterstützte. Wir alle erwarteten mit Spannung die Ankunft des Riesenfliegers, der schließlich pünktlich einschwebte.

Faszinierend, was in den Flieger passt

Ein Lkw in der Antonow

Auf diesem Lkw kann das Radar verladen und transportiert werden

Bundeswehr/René Kuhn

Beeindruckend waren die Schnelligkeit und Souveränität, mit der die Crew das Ausladen meisterte. Dabei war es schlicht unglaublich, was alles aus der Antonow geladen wurde: Neben der großen Menge an Containern hat trotzdem noch ein Lkw Platz gefunden. Direkt nach dem Ausladen ging es für die Antonow von der AAAB zum nächsten Ziel. Es war eine Herausforderung, das neu angekommene Material ins Camp Teslar zu verbringen. Doch da man vor Ort bereits darauf gewartet hatte, war die Motivation sehr hoch und alle fassten mit an. Gemeinsam ging es sehr gut voran und schließlich war das gesamte Material transportiert und verstaut.

Unser Rückflug nach Erbil ging erst um 23 Uhr, sodass wir noch ausgiebig Zeit hatten, uns zu bedanken. Denn wir wurden wirklich gut aufgenommen und betreut. Für die Kameradinnen und Kameraden in Al-Asad war es eine Selbstverständlichkeit, doch ich möchte betonen: Das war es ganz und gar nicht! Schließlich landeten wir nachts um eins vollkommen übermüdet, aber glücklich in Erbil. Dort wurden wir sogar noch von unseren „Flugorganisatoren“ abgeholt, die ebenfalls einen tollen Job gemacht haben und ihren „All-Inclusive-Service“ nun abrundeten. Somit ging meine erste Dienstreise im Einsatz zu Ende.

Ich habe gespürt, dass Einsätze der Bundeswehr sehr individuell sind. Ich habe erfahren, dass man sich auf unterschiedliche Gegebenheiten einlassen und den Willen haben muss, etwas Positives zu bewirken. Ich habe erlebt, dass die Bundeswehr bei all der erforderlichen Professionalität sehr menschlich und kameradschaftlich ist. Und ich habe verdeutlicht bekommen, dass sie bei den internationalen Partnern angesehen und respektiert ist und auch mit befreundeten Nationen eine enge Zusammenarbeit besteht.

von René Kuhn

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