UNMISSUnited Nations Mission in South Sudan: Militärbeobachter zwischen Nil und Äthiopien

UNMISSUnited Nations Mission in South Sudan: Militärbeobachter zwischen Nil und Äthiopien

Datum:
Ort:
Südsudan
Lesedauer:
4 MIN

Kapitänleutnant Michael M., Informationstechnik-Offizier im Marinekommando in Rostock, ist seit mehr als neun Monaten im Einsatz bei UNMISSUnited Nations Mission in South Sudan, der VN-Mission im Südsudan. Es ist sein dritter Einsatz im jüngsten Staat der Welt. Der Sektor EAST, für den er und seine 23 Kameraden aus 20 Ländern zuständig sind, ist ungefähr so groß wie Bayern und Niedersachsen zusammen. Für die Patrouillen stehen ihnen Geländewagen sowie Hubschrauber zur Verfügung und gelegentlich setzen sie ihre Stiefel auch auf ein Schiffsdeck. Kapitänleutnant Michael M. berichtet.

Ein Schiff und mehrere Lastkähne auf dem Nil

Der Nil ist eine Hauptversorgungsroute der Mission im Südsudan

Bundeswehr/PAO UNMISS

Für die nächsten drei Tage steht die Begleitung der Operation Lifeline auf dem Dienstplan. Das bedeutet, dass ich zur Abwechslung ein Schiffsdeck unter meinen Füßen haben werde. Der Weiße Nil wird von der Mission als Transportweg zum Sektor Nord benutzt, der auf dem Landweg nur schwierig zu erreichen ist. Der Schubverband bringt unter anderem dringend benötigten Treibstoff und Verpflegung nach Malakal.

Vor mir liegen knapp 350 Kilometer auf dem Nil mit beindruckenden Landschaften, die ich wahrlich nicht alle Tage sehe. An den verschiedenen Checkpoints sind Verhandlungen notwendig, denn das ist meine Aufgabe: sicherstellen, dass der Konvoi reibungslos in den Sektor Nord gelangt. Dazu wechseln wir kurz vor Erreichen eines Checkpoints in das Speedboot unseres Begleitschutzes und fahren den Checkpoint an.

Dieses Mal läuft es an allen Kontrollpunkten reibungslos und nach drei Tagen erreicht der Konvoi wohlbehalten die Sektorengrenze. Am Ufer wartet schon der Hubschrauber, um mich zurück nach Bor zu fliegen. Zurück im Camp Bor schreibe ich meinen Bericht zu Ende und genieße erst einmal eine ausgiebige Dusche.

Viehdiebstähle und Stammesfehden

Einheimische und Soldaten der Bundeswehr sitzen auf mehreren Stühlen verteilt in einem Dorf

Das Spektrum der Militärbeobachter im Südsudan ist vielseitig

Bundeswehr/PAO UNMISS

Im Norden des Sektors gab es mehrere Vorfälle und der Sektorkommandeur möchte eine Patrouille entsenden, um ein Lagebild zu erhalten und VN-Präsenz zu zeigen. Nachdem mein Kamerad aus dem Senegal und ich unseren Wagen überprüft haben, treffen wir uns morgens mit den anderen Teilnehmenden der Patrouille. Ohne Zwischenfälle erreichen wir unser Zwischenziel Panyagor und schlagen im Ort unser Nachtlager auf. Am nächsten Morgen treffen wir uns mit dem Bürgermeister und erörtern im Gespräch die Lage. Wir erfahren, dass die am Vortag gehörten Schüsse von Jugendlichen abgegeben wurden, die gestohlene Rinder von Dieben zurückholten.

Im Südsudan gilt der Besitz von Rindern als Zeichen von Wohlstand. Diese Tatsache, verbunden mit der hohen Anzahl an Waffen in den Händen der Zivilbevölkerung, führt immer wieder zu Zwischenfällen mit Toten und Verletzten.
Auf dem Weg zu unserem Zielort Duk Padiet müssen die indischen Kameraden einem Sattelschlepper helfen, der die Böschung hinabzurutschen droht. Nach 90 Minuten hat die Besatzung des Bergefahrzeugs das Problem behoben und die Fahrt kann fortgesetzt werden. In Duk Padiet bleiben wir drei Tage und treffen uns mit dem Bürgermeister, der uns über die Viehdiebstähle in den vergangenen Wochen erzählt. Wie zuvor der Bürgermeister von Panyagor,  äußert auch er sich positiv über unsere Anwesenheit und bittet um regelmäßige Patrouillen.

Verbrannte Hütten und geplünderte Lager

Ein deutscher Militärbeobachter fotografiert zerstörte Hütten, im Hintergrund mehrere Einheimische

Niedergebrannte Tukuls und geplünderte Lagerhallen im Außenbereich des Stadtzentrums

Bundeswehr/PAO UNMISS

Einige Wochen später hat die beginnende Regenzeit die meisten Wege unpassierbar gemacht. Uns erreichten Berichte, wonach es Kämpfe zwischen zwei Stämmen gab. Um einen ersten Überblick über die Lage zu erhalten, fliegen wir mit dem Hubschrauber in das Gebiet. Bereits aus der Luft können wir die ersten niedergebrannten Hütten erkennen.

Entgegen den Berichten stellen wir fest, dass das Stadtzentrum verschont blieb, aber in den Außenbereichen wurden mehrere Tukuls, wie die Hütten hier genannt werden, niedergebrannt. Gravierender sind jedoch die zerstörten Wasserpumpen und die geplünderten Lagerhallen verschiedener Hilfsorganisationen. Nach unserer Rückkehr schreiben wir unseren Patrouillenreport und machen eingehend auf die Situation aufmerksam.

Corona: Der Südsudan bleibt nicht verschont

Ein Militärbeobachter steht mit einem südsudanesischen Verbindungsoffizier am Ufer des Nils

Die Maske ist Pflicht, Kontakte beschränkt: Corona erschwert die Arbeit der Militärbeobachter

Bundeswehr/PAO UNMISS

Mit dem Auftauchen und Fortschreiten der Corona-Pandemie hat sich natürlich auch das Leben im Einsatzgebiet geändert. Kontakte zu Außenstehenden sind auf das Notwendigste beschränkt und das Tragen einer Maske ist obligatorisch. Das macht unsere Aufgabe nicht leichter, kommt es doch bei den Gesprächen auch auf Mimik und Gestik an. Ein entwaffnendes Lächeln hat schon so manche Situation entschärft. Auch im täglichen Dienst macht sich die außergewöhnliche Lage bemerkbar. Durch die Reisebeschränkungen konnten die Nachfolger der Offiziere, die ihr Einsatzende erreicht hatten, nicht anreisen. Jetzt fehlen uns zehn Offiziere für unsere Arbeit. 

Das Leben im Camp

Ein Zimmer: Im Vordergrund ein Tisch mit Stühlen, daneben ein Bett und ein Schrank

Einfach, zweckmäßig, aber ausreichend – Ein eigenes Bad war vor ein paar Jahren noch die Ausnahme

Bundeswehr/PAO UNMISS

War es vor einigen Jahren noch möglich und üblich, außerhalb des Camps zu wohnen, gibt es diese Möglichkeit aufgrund der Sicherheitslage inzwischen nicht mehr. Die Vereinten Nationen vermieten im Camp Wohncontainer mit circa 30 Quadratmetern Fläche, die allein oder zu zweit bewohnt werden können.
Lebensmittel kann man auf dem lokalen Markt oder über die Vereinten Nationen erwerben. Zur Freizeitgestaltung bieten sich diverse Sportmöglichkeiten an. Neben den Fuß-, Volley- und Basketballfeldern verfügt das Camp in Bor über einen verhältnismäßig gut ausgestatteten Fitnessraum.

von PAO UNMISS

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