Ich bin iM EINsatz

Als Militärseelsorgerin bei Counter Daesh

Als Militärseelsorgerin bei Counter Daesh

Datum:
Ort:
Al-Asrak
Lesedauer:
4 MIN

Auf drei Kontinenten und zwei Weltmeeren: In unterschiedlichen Einsatzgebieten leisten die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr täglich ihren Dienst. Doch was tun sie genau vor Ort? Was ist ihre spezielle Aufgabe? Was bewegt sie, was treibt sie an? In der Serie „Ich bin iM EINsatz“ stellen wir einige von ihnen ganz persönlich vor.

Eine Militärpfarrerin in Uniform sitzt auf einer Bank in einer Kapelle.

Die Kapelle im Camp Sonic wurde 2022 um eine ganz besondere Kirchenglocke erweitert: Diese stand zuvor im Camp Marmal, in Masar-i Sharif in Afghanistan. Maike Seelhorst lauscht hier gerne ihrem Klang.

Bundeswehr/Kevin Kügele

Ich bin Maike Seelhorst und 33 Jahre jung. In Deutschland bin ich seit drei Jahren Militärseelsorgerin für die Standorte Aachen und Geilenkirchen. Dies ist mein zweiter Einsatz, vor etwa einem Jahr war ich schon einmal hier in Jordanien.

Das ist meine Aufgabe im Einsatz

Eine Militärpfarrerin hält die Lesung während eines internationalen Gottesdienstes.

Auch die Zusammenarbeit mit den Geistlichen des USUnited States-amerikanischen Koalitionspartners wird hier aktiv gelebt

Bundeswehr/Benjamin Dempfle

Als Seelsorgerin bin ich hier die Einzige, die keinen Dienstgrad hat. Dies ermöglicht mir, mit allen auf Augenhöhe zu sprechen. Sprechen ist eine meiner Hauptaufgaben, denn Einsatz bedeutet Belastung. Wie zu Hause gibt es hier vor Ort reichlich Geschehnisse. Wir leben auf sehr engem Raum, sehen immer die gleichen Menschen, die gleichen Orte und essen das Gleiche. Die Entfernung von zu Hause und der immer gleiche Trott können auf Dauer belastend sein, auch unabhängig von einer Gefährdungslage. Aber: Es gibt Abhilfe! Reden hilft nachweislich – und genau dafür bin ich da. Unabhängig, ohne Dienstgrad und mit absoluter Schweigepflicht.

Die Themen in den Gesprächen speisen sich aus allem, was das Leben beinhaltet: Das sind einerseits Konflikte, Krankheit, Sorgen und Ängste, fehlende Auslebung von Sexualität und manchmal auch der Tod eines nahen Angehörigen. Und andererseits geht es um schöne Erfahrungen wie eine Geburt in der Familie, ein Fest, Vorfreude auf zu Hause und die Beziehung. Meistens beginnen Gespräche mit den Sätzen: „Ich hab' sowas noch nie gemacht und ich weiß eigentlich gar nicht, was ich sagen soll. Ich fang' einfach vorne an....“ Und dann ist im Nu eine Stunde vergangen. Reden hilft und ich kann jedem nur empfehlen, das Angebot anzunehmen! 
Der zweite Teil meines Auftrages ist es, jeden Sonntag einen Gottesdienst anzubieten. Dieser hat eine katholische Prägung, weil ich selbst katholisch bin. Jeder Soldat, jede Soldatin ist herzlich willkommen, unabhängig von Religion oder Konfession. In dieser halben Stunde am Sonntagmorgen geht es darum, den inneren Horizont zu weiten und auf andere Gedanken zu kommen. Meistens helfen mir Soldatinnen und Soldaten und bereiten den Gottesdienst mit mir vor, indem sie mit mir über den Bibeltext sprechen oder die Lesung und die Fürbitten übernehmen.

Hin und wieder gibt es in der Erfüllung meiner Aufgabe auch kritische Stimmen. Natürlich gelingt es mir nicht, alle rund 150 Kontingentangehörigen jeden Tag ausreichend wahrzunehmen. Ich werde nicht immer auf den ersten Blick sehen können, wenn jemand etwas bedrückt. Es bleibt in der Verantwortung der einzelnen Personen, mich anzusprechen. Und dann bin ich jederzeit bereit für ein Gespräch oder einen gemeinsamen Spaziergang. Es motiviert mich, den Menschen hier bei allem, was sie bewegt, zur Seite stehen zu dürfen und diese durchaus belastende Zeit mit ihnen gemeinsam zu meistern.

Das macht meine Tätigkeit hier besonders

Die Militärpfarrerin laufend im Gespräch mit einer Soldatin.

Ortsungebunden: Seelsorgegespräche können völlig flexibel am Ort der Wahl der Gesprächsbedürftigen erfolgen

Bundeswehr/Kevin Kügele

In Jordanien befinden wir uns in den östlichen Ausläufern des Heiligen Landes. Die Propheten Elija und Moses und selbst Johannes der Täufer und Jesus waren der Überlieferung nach in Jordanien. Im Rahmen der Religionsausübung ist es uns gestattet, die hiesigen religiösen Stätten zu besuchen. Dies habe ich mit einigen Soldatinnen und Soldaten getan und sie waren alle begeistert: von der Geschichte und Bedeutung des Landes und von all den Bildern, die wir unterwegs dorthin sehen durften.

Wir sind hier außerdem zusammen mit USUnited States-Amerikanern. Der interkulturelle Austausch, die Zusammenarbeit und die Kameradschaft mit ihnen sind auf allen Ebenen und in allen Arbeitsbereichen selbstverständlich. Ebenso in der Chaplaincy, der Seelsorge. Ich treffe hin und wieder meine USUnited States-amerikanischen Kollegen zum Bibelgespräch und zum Glaubensaustausch, was für mich als Theologin äußerst spannend ist. Wir feiern auch gemeinsame Gottesdienste, deutsche und amerikanische Streitkräfte vereint. Dies macht die Universalität des Glaubens und die Zusammenarbeit aller Nationen im Sinne des Friedens in einer ganz anderen Dimension erlebbar.

Ich mag Spitznamen wie „Fegefeuerleitoffizier“ oder „Verbindungsoffizier Boden-Luft“ sowie „Pfarrerin“ – als katholische Frau kann ich keine Pfarrerin sein, übe aber die Funktion aus. Dies zeigt mir, dass die Soldatinnen und Soldaten mich wahrnehmen, als Mensch und in meiner Funktion.

Das vermisse ich hier am meisten

Porträt einer lachenden Militärpfarrerin.

Als Militärseelsorgerin trägt Maike Seelhorst zwar Uniform, statt einem Rangabzeichen ziert jedoch das Wappen der Katholischen Militärseelsorge die Schulterschlaufen

Bundeswehr/Benjamin Dempfle

Als Weltenbummlerin bin ich es gewohnt, meine Liebsten nicht um mich zu haben. Dennoch fehlen sie mir, genauso wie die grüne Landschaft in Deutschland, die Bäume und Wälder. Und das Kochen fehlt mir. Manchmal vermisse ich es auch, einfach die Airbase verlassen und in die Stadt fahren zu können.

Das sind meine Pläne, meine Wünsche und Grüße

Meine Pläne und Wünsche sind dieselben: Da ich meinen Job wirklich sehr gerne mache – hier wie zu Hause – möchte ich möglichst lange bei der Bundeswehr bleiben und Soldatinnen und Soldaten in ihrem Leben begleiten. 
Grüße gehen raus an alle meine Soldatinnen und Soldaten zu Hause in Aachen und Geilenkirchen, die schon fragen, wann ich wieder da bin. Und an die Kolleginnen und Kollegen in der Militärseelsorge, die mich auch aus der Ferne so gut unterstützen.

von Maike Seelhorst

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