Nichts für fremde Ohren: Unterwegs für die Informationsgewinnung

Nichts für fremde Ohren: Unterwegs für die Informationsgewinnung

Datum:
Ort:
Al-Asrak
Lesedauer:
5 MIN

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Der Himmel über dem deutschen Camp im jordanischen Al-Asrak ist in ein kühles helles Blau getaucht. Die Sonne scheint. Kein Wölkchen ist zu sehen. Plötzlich ein langanhaltendes Donnern. Mein Körper bebt. Kampfjets jagen über unser Camp – aber keine deutschen. Denn die sind hier schon seit über einem Jahr nicht mehr stationiert. Ich bin auf dem Weg zum mobilen Gefechtsstand. Elektronische Geräte wie Mobiltelefone müssen draußen bleiben. Der Gefechtsstand ist eine Sperrzone.

   

An einer dicken Stahltür ist ein Schild angebracht auf dem steht „Nur autorisiertes Personal“

Was hier besprochen wird, ist Geheimsache. Die Gefechtsstandtüren sind aus dickem Stahl, erinnern an die eines Marineschiffs.

Bundeswehr/Elisabeth Schöneberg

Ich treffe auf Luca S. - Er ist Offizier beim Militärischen Nachrichtenwesen (MilNW). Er öffnet eine schwere Stahltür, die an die Tür eines Militärschiffes erinnert. Wir treten ein in einen großen Raum, von dem aus weitere Stahltüren in andere Räume führen. In einem der Büros arbeitet Luca S., zusammen mit Chris B. Er ist Feldwebel im Militärischen Nachrichtenwesen und unterstützt ihn. Überall stehen Rechner und Telefone, hängen Zettel, Satellitenbilder und Kartenausschnitte an der Wand – alles eingestuft, das heißt geheim. So sieht der Arbeitsplatz der beiden aus.

Was sie hier machen würden, will ich wissen. Die Antwort kommt schnell: „Wir machen hier Militärisches Nachrichtenwesen. Wir schnüren den Piloten Informationspakete zur Sicherheits- und Bedrohungslage im gesamten Operationsgebiet.“ Bei den Operationen, die Luca anspricht, handelt es sich vor allem um Tankermissionen unseres A400M. Aber auch Versorgungsflüge nach Al-Asad und Erbil, für die Soldatinnen und Soldaten des Kontingents im Irak, gehören dazu.

Der Stein kommt ins Rollen

Blick in die Operationszentrale von oben: Rechner, Stühle, an die Wand projezierte Kartenausschnitte

Die Operationszentrale CAOCCombined Air Operations Centre der multinationalen Streitkräfte der Mission Counter Daesh befindet sich im katarischen Al Udeid

U.S. Air Force/Alexander W. Riedel

Über das Combined Air Operation Center (CAOCCombined Air Operations Centre) im katarischen Al Udeid ist eine Anfrage der französischen Luftstreitkräfte zur Luft-Luft-Betankung für den nächsten Tag eingetroffen. In Absprache mit den anderen Koalitionskräften bestimmt das CAOCCombined Air Operations Centre zunächst den Missionsraum zur Betankung der französischen Kampfflugzeuge vom Typ Rafale. In dem multinational besetzten Gefechtsstand sind auch deutsche Verbindungs- und Stabselemente vertreten. Regelmäßig tauschen sie sich mit unserem Gefechtsstand im jordanischen Al-Asrak aus. Somit wissen sie auch, ob für den angefragten Zeitraum sowohl der A400M, als auch die Crew verfügbar sind. Denn die Crew hat festgelegte Ruhezeiten zwischen den Flügen, die sie einhalten müssen. In diesem Fall sind alle Ressourcen vorhanden. Wir treten die Mission an. Nun sind die Fachleute des Militärischen Nachrichtenwesens gefragt.

Die Informationsgewinnung

Ein Soldat sitzt in einem Büro an einem Rechner

Chris B. ist Feldwebel des MilNW. Er pflegt die gewonnen Erkenntnisse in einer Präsentation für das Briefing der Crew ein.

Bundeswehr/Elisabeth Schöneberg

Luca S. und Chris B. beginnen damit, das Crew-Briefing vorzubereiten. „Erstmal schauen wir, ob die Flugunterlagen für morgen schon da sind,“ erklärt mir der Offizier. Dabei handelt es sich um Informationen zur Flugroute und zum Auftrag. Die stehen in der Air Task Order (ATO), dem Flugbefehl, der digital vom CAOCCombined Air Operations Centre kommt. In der ATO sind die Daten für alle an der Mission Beteiligten auf über 50 Seiten schmucklos, auf das Wesentliche zusammengefasst, auf Englisch. Luca S. nimmt sich daraus nur die Informationen, die zur Erfüllung unseres Tankauftrages erforderlich sind: Wer soll wann und wo betankt werden?

Weiter geht es mit der Beurteilung der Gefahrenlage im Operationsgebiet. Mit welchen Bedrohungen – am Himmel und Boden – muss die Crew rechnen? Wer befindet sich zum Zeitpunkt der Mission noch in der Luft? Die Information zur Sicherheitslage bezieht er aus eingestuften Quellen, die er mit offenen abgleicht. Aber auch Erkenntnisse seitens der Piloten aus den letzten Flügen fließen mit ein. Chris B. skizziert alles visuell auf einer digitalen Karte und fasst die gewonnen Erkenntnisse in einer Präsentation zusammen. Das Briefing für morgen steht.

Tag X ist gekommen: Die Tankermission

Zwei Soldaten mit Warnwesten stehen seitlich zu einem A400M auf einem Flugplatz

Ist der Flieger nach einer Tankermission wieder gelandet, wartet Luca auf die Piloten. Es folgt das Debriefing.

Bundeswehr/Elisabeth Schöneberg

Kaffeegeruch steigt mir in die Nase. Der Flugbetriebsfeldwebel, „Opsi“ oder „Operator“ wie er hier liebevoll genannt wird, hat auf den zusammengestellten Tischen im Eingangsbereich das nötige Material für die Crew bereitgelegt. Neben Süßigkeiten und Fachmagazinen liegen Helme, ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Ausstattung, der vorbereitete Flugordner mit den nötigen Flugunterlagen und was die Piloten und der Ladungsmeister sonst noch für die Mission brauchen.

Das Briefing

Hinter einer blickdichten Umzäunung steht ein Gebäude mit wehenden Flaggen auf dem Dach

Mit einem mobilen Gefechtsstand gewährleistet ein verlegter Luftwaffenverband seine Führungsfähigkeit

Bundeswehr/Elisabeth Schöneberg

Die Zeiger stehen auf 04:25 Uhr. Es geht los. Luca S. schließt die schwere Stahltür zum Briefing-Raum auf. Inzwischen ist auch die Crew da. Jeder rüstet sich mit einem Getränk aus: Kaffee, Tee, Limonade, Wasser. Alle sind entspannt. Das hier ist Routine. Ich frage einen Piloten nach der Bedeutung des Briefings für seine Mission. „Das sind die wichtigsten Informationen überhaupt, die wir da bekommen. Da hängt unser Leben von ab. Im Notfall brauchen wir die Erkenntnisse aus dem Briefing, damit wir wissen wie wir uns im Ernstfall verhalten sollen. Wir müssen wissen wie die Feindlage am Boden ist, wo eigene Kräfte sind, wie die Codewörter für den Tag lauten, und so weiter.“

Über Telefon wird auch gleich ein Meteorologe vom Geoinformationsdienst der Bundeswehr in Münster zugeschaltet sein. Er sagt den Piloten nicht nur mit welchem Wetter sie rechnen müssen, sondern auch mit welchen Höhenwinden. Luca S. und Chris B. verschwinden mit der Crew hinter der dicken Stahltür. Ich bleibe draußen. Zwanzig Minuten sind vergangen. Musik tönt aus dem Büro des Operators. Die Tür des Briefing-Raums öffnet sich. Zufriedene Gesichter kommen raus. Die Tankermission kann losgehen.


Take off

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Der A400M startet zu einer Tankermission von der Aibase in Al-Asrak in Jordanien.

Jede Tankermission ist Teil einer multinationalen Operation. Nach den Terroranschlägen in Paris am 13. November 2015 hatte der Deutsche Bundestag am 4. Dezember 2015 beschlossen, Frankreich und die internationale Koalition gegen den „Islamischen Staat“ (IS„Islamischer Staat“) auch militärisch zu unterstützen. Die Koalition umfasst mehr als 70 Nationen und ist dabei nicht nur auf das Operationsgebiet Irak begrenzt. Die militärischen Operationen laufen unter dem Namen Inherent Resolve. Im Juni 2017 hat das deutsche Einsatzkontingent vom türkischen Incirlik nach Al-Asrak in Jordanien verlegt. Ausgehend vom Hauptquartier des deutschen Einsatzkontingents Counter Daesh/ Capacity Building Iraq in Jordanien unterstützt die Bundeswehr seit jeher ihre multinationalen Partner vorwiegend durch Luft-Luft-Betankungen mit dem strategischen und taktischen Transport- und Tankflugzeug A400M. Der mobile Gefechtsstand ist das Herzstück zur Durchführung des Einsatzflugbetriebs. Hier werden die Unterstützungsmissionen mit den A400M-Tankflugzeugen ausgeplant.

von Elisabeth Schöneberg

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