National Guardian

Seehafen Rostock: Heimatschutzkräfte sichern Verlegung an die NATO-Ostflanke

Rund 160 Kampfpanzer, Pionierpanzer, Bundeswehr-Lkw und weiteres militärisches Großgerät stehen im Seehafen Rostock bereit zur Fährverladung nach Litauen. Die Sicherung übernehmen Reservistendienstleistende im Heimatschutz.

Soldaten stehen vor einer Lagerhalle im Hafen

Die Verlegung ist ein Teil der NATO-Großübung Steadfast Defender 2024. Etwa 90.000 Soldatinnen und Soldaten aller Bündnispartner üben Alarmierung, Einsatzvorbereitung, die Verlegung und die Verteidigung gegen einen Aggressor an den Grenzen des NATO-Bündnisgebietes.

Der Seehafen Rostock übernimmt eine Schlüsselfunktion bei der strategischen Verlegung deutscher und multinationaler Streitkräfte auf verschiedenen Routen im Ostseeraum. Hierbei arbeiten Bundeswehr, Hafenbetreiber und Blaulichtorganisationen wie Landespolizei und Technisches Hilfswerk eng zusammen.

Porträt eines Soldatens in Uniform
Generalleutnant André Bodemann, Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr Bundeswehr
Die Heimatschutzkräfte sind von besonderer Bedeutung, weil sie in der Heimat schützen und sichern, wenn die aktive Truppe bereits auf dem Weg in ihren Einsatzraum ist.”

Der Bereich, in dem die Verlegung des militärischen Großgerätes stattfindet, wird von Reservistendienstleistenden im Heimatschutz gesichert. Auch sie sind Teil von Steadfast Defender. Unter dem Namen National Guardian üben rund 1.400 Heimatschutzkräfte in ganz Deutschland ihren Kernauftrag, die Sicherung und den Schutz verteidigungswichtiger Infrastruktur – also Infrastruktur, die für die Landes- und Bündnisverteidigung erforderlich ist. In Rostock sind rund 260 Reservistinnen und Reservisten an der zweiwöchigen Übung beteiligt, die ihren Abschluss in der Realunterstützung der Verlegung nach Litauen findet. 

Generalleutnant André Bodemann, Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr und Nationaler Territorialer Befehlshaber, sagt: „Die Heimatschutzkräfte sind ein wichtiger Bestandteil der Landes- und Bündnisverteidigung. Sie schützen verteidigungswichtige Infrastruktur und damit Aufmarsch und strategische Verlegung an die NATO-Ostflanke – für uns und unsere Bündnispartner.'' Das Territoriale Führungskommando plant und steuert bei Steadfast Defender als aufmarschführendes Kommando die Verlegung der deutschen Kräfte sowie die Unterstützung der multinationalen Partner.

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  • Mehrere Kampfpanzer Leopard 2 sind auf die Bahnwaggons aufgefahren
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    Der Aufmarsch

    Eine Kompanie des Panzerbataillons 104 aus Pfreimd in Bayern ist auf dem Weg nach Litauen. Der Auftrag: Unter Führung der Panzerbrigade 12 werden die Soldatinnen und Soldaten mit den litauischen Streitkräften das gemeinsame Gefecht zur Verteidigung des Bündnisgebietes üben. Die Verlegung ist dabei Bestandteil der Übung: Denn nur wenn militärische Kräfte bei einem Konflikt zeitgerecht, voll ausgerüstet und kampffähig bereitstehen, kann Abschreckung glaubwürdig und Verteidigung wirksam sein.

    Der Aufmarsch in Deutschland ist der erste Schritt. Auf der Schiene werden die Gefechtsfahrzeuge des Bataillons zum Seehafen Rostock transportiert. Von dort aus geht es mit der Roll-on-roll-off-Fähre weiter nach Litauen: die strategische Verlegung in den Übungsraum im Baltikum.

    Die Truppe fährt ihre Panzer selbst zum Verladebahnhof. Auch die Verladung auf die Bahnwaggons übernehmen die Soldatinnen und Soldaten selbst – Millimeterarbeit. Spezielle Logistikkräfte werden hierfür nicht benötigt. Denn jede Einheit der Bundeswehr hat die Fähigkeit, sich selbst per Bahn zu verlegen. Der Bahntransport erfolgt heute jedoch ohne Kräfte der Panzertruppe. Die Soldatinnen und Soldaten übernehmen ihre Gefechtsfahrzeuge erst wieder, wenn sie in Litauen angekommen sind. Gesichert wird die Verladung von Heimatschutzkräften des Heimatschutzregimentes 1. 
     

  • Mehrere Fahrzeuge sind auf Eisenbahnwagen verladen
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    Umschlagpunkt Seehafen

    Etwa 20 Stunden später erreichen die Panzer den Seehafen Rostock. In den nächsten Stunden und Tagen werden noch weitere Gefechtsfahrzeuge der Bundeswehr per Bahn ankommen: insgesamt rund 160 verschiedene Kampf-, Schützen- und Transportpanzer, Panzerhaubitzen, Minenräumpanzer, Bundeswehr-Lastwagen und mehr.

    Die 7. Kompanie des Logistikbataillons 171 „Sachsen-Anhalt“ aus Burg – eine von zwei Hafenumschlagkompanien der Bundeswehr – übernimmt den Umschlag der Waffensysteme und Fahrzeuge. Der Umschlag umfasst die Bahnentladung, die Überführung zur Vorstaufläche, auf der die Fahrzeuge für die Fährverladung bereitgestellt werden und die Fährverladung selbst.

    Die Herausforderung: Panzer sind keine Pkw. Nahezu jedes Fahrzeug benötigt einen anderen Führerschein. Jedoch kein Problem für die 30 Frauen und Männer des eingesetzten Zuges der Hafenumschlagkompanie. Gemeinsam können sie alles bewegen, was auf Straße und Schiene ankommt. 
     

  • Zwei Soldaten an einem Check Point am Eingang eines Seehafens
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    Bewachen und Sichern

    Heimatschutzkräfte sichern den Teil des Seehafens, der für die Dauer des Umschlags als militärischer Sicherheitsbereich ausgewiesen ist. Betonblöcke und Stacheldraht begrenzen einen Checkpoint. Hauptaufgabe der Reservistendienstleistenden aus Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Hamburg und Brandenburg ist hier die Kontrolle aller Personen und Fahrzeuge, die die Vorstaufläche für die Gefechtsfahrzeuge betreten oder befahren wollen. Alle Fahrzeugtüren werden geöffnet. Motorraum und Kofferraum werden überprüft und mit Spiegeln Dach und Unterboden abgesucht. Personen werden abgetastet. Erst dann wird der Zutritt gestattet.

    Zugleich laufen die Soldatinnen und Soldaten permanent Streife entlang des Außenzauns des Geländes. Entdecken sie verdächtige Personen oder Fahrzeuge außerhalb des militärischen Sicherheitsbereichs, melden sie dies umgehend in den Gefechtsstand, der Verbindung mit der zivilen Polizei aufnimmt. Sie übernimmt die Aufklärung des Sachverhalts. Innerhalb des militärischen Sicherheitsbereichs alarmieren die Heimatschutzkräfte die Feldjägertruppe.

  • Zwei Soldaten mit einem Drohnenabwehrgerät an einem Check Point
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    Spionage aus der Luft

    Plötzlich schwirrt eine Drohne über den Köpfen der Heimatschutzkräfte am Checkpoint. Sofort werden die Personen- und Fahrzeugkontrollen eingestellt, die Fahrzeugschleuse gesperrt. Vorsorglich gehen die Soldatinnen und Soldaten in Deckung und sichern zugleich nach allen Seiten gegen eine mögliche Bedrohung. Denn Drohnen können nicht nur zum Ausspähen genutzt, sondern auch als Kampfmittel eingesetzt werden.

    Der Drohnenabwehrtrupp wird alarmiert, übernimmt die Steuerung der Drohne und erzwingt die Landung. Zeitgleich wird ein Hundeführer mit Kampfmittel-Spürhund gerufen. Erst wenn der Diensthund die Drohne abgespürt hat, wird Entwarnung gegeben: keine Gefahr. Die Drohne wird abgedeckt, um einen erneuten Start zu verhindern und an die Landespolizei übergeben. Die Kontrollen am Checkpoint gehen weiter.

  • mehrere Fahrzeuge stehen im Hafen
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    Die Verladung

    Liegt die Fähre im Hafen, muss es schnell gehen. Denn Liegezeiten sind teuer – und kurz. Auf der Vorstaufläche stehen die Gefechtsfahrzeuge sortenrein bereit zur Verladung. Denn die Logistikkräfte haben sie nicht einfach nur von den Bahnwaggons auf den Parkplatz gefahren, sondern in Reihen nach Fahrzeugtyp und Gewicht sortiert: Lkw, leichte Gefechtsfahrzeuge, schwere Gefechtsfahrzeuge und mehr.

    Vom zivilen Vertragspartner hat der Kompanieeinsatzoffizier der Hafenumschlagkompanie eine Stauliste erhalten. Nach Gewichtsklassen sortiert, auf Unter- und Oberdeck aufgeteilt, plant er nun aus: Was muss wohin? Wer fährt es dahin? Und wie schnell müssen die Soldatinnen und Soldaten wieder zurück auf der Vorstaufläche sein, um das nächste Fahrzeug zu übernehmen? Und nicht zuletzt: Wie müssen die Fahrzeuge stehen, um im Zielhafen möglichst schnell wieder entladen zu werden, ohne Rangieren oder gar Wenden?

    Da auch die Fähigkeiten der Soldatinnen und Soldaten der Hafenumschlagkompanie zum Nadelöhr werden können – nicht jeder kann alles fahren – müssen Ladeplan und Ladeplanung so passgenau wie möglich koordiniert werden. 

  • Mehrere Soldaten, einer davon mit Diensthund, halten einen Eindringling fest, um ihn an die Polizei zu übergeben
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    Sabotage von See

    Auch die Kaimauer behalten die Heimatschutzkräfte laufend im Blick. Denn während der Verladung der Gefechtsfahrzeuge sind auch die Abstell- und Rangierflächen vor der Laderampe militärischer Sicherheitsbereich. Ohne Personenkontrolle darf dieser nicht betreten werden.

    Auf dem Wasser sichern zusätzlich Einsatzkräfte der Marine den Bereich des Roll-on-roll-off-Schiffes. Da gerät ein ziviles Boot scheinbar unbeabsichtigt zu nah an die Fähre. Doch während die Marinesoldaten das Boot an der Weiterfahrt hindern und Verbindung aufnehmen, nähert sich aus einer anderen Richtung schnell ein weiteres Boot. Ein Mann erklimmt die Kaimauer, verhält sich verdächtig – ein Sabotageversuch?

    Auf Ansprache versucht der Eindringling zu fliehen. Die Sicherungssoldaten verhindern die Flucht und nehmen den Verdächtigen vorläufig fest, bis er der zivilen Polizei übergeben und befragt werden kann. Die Verladung, die während des Vorfalls unterbrochen worden ist, wird wieder aufgenommen.

  • Auf eine Fähre werden Fahrzeuge der Bundeswehr verladen.
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    Die strategische Verlegung

    Sechs Stunden, nachdem die Fähre im Hafen Rostock angelegt hat, schließt sich die Laderampe. Der Aufmarsch ist beendet, die strategische Verlegung nach Litauen beginnt. Die Soldatinnen und Soldaten des Panzerbataillons werden ihre Fahrzeuge im Zielhafen entgegennehmen und auf den litauischen Übungsplatz Pabrade verlegen. Für das Territoriale Führungskommando der Bundeswehr ist mit Ablegen des Schiffs der Auftrag Aufmarschführung abgeschlossen.

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