Der Technik sei Dank – Erfindergeist im Einsatz

Der Technik sei Dank – Erfindergeist im Einsatz

Datum:
Ort:
Masar-i Scharif
Lesedauer:
3 MIN

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Er gilt als revolutionärer Weg in der Ersatzteilversorgung: Der 3D-Druck. Die Idee dahinter: Benötigte Teile werden vor Ort und „just in time“ produziert, so auch im Einsatz bei Resolute Support. Das spart lange Wege, Zeit und Kosten.

Der größte Nutzen für das deutsche Einsatzkontingent ist jedoch, dass die Einsatzbereitschaft des Materials erhalten bleibt. Als Pilotprojekt dieser neuen Art der Materialbewirtschaftung steht ein 3D-Drucker seit November 2017 in Masar-i Scharif. Mannshoch füllt dieser Drucker einen halben Container.

Ein Soldat hält die Luke des 3D-Druckers offen

Der 3D-Drucker weckt Erinnerungen an eine riesige Mikrowelle

Bundeswehr / Oliver Pieper

Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan bedeutet nicht nur eine Belastungsprobe für das Personal, sondern auch für das Material. Geht etwas zu Bruch - was im Einsatz schon einmal passieren kann – müssen die Ersatzteile erst über den Weg der Beschaffung ins Einsatzland gebracht werden. Es gibt aber einen einfacheren Weg: „Wenn wir von der Industrie die Daten bekommen würden, könnten wir hier die Teile direkt nachproduzieren“, sagt Hauptmann Ciprian F. Er trägt momentan in Nebenfunktion – zusammen mit Oberfeldwebel Philipp F. - die Verantwortung für das Ungetüm, einen industriellen 3D-Drucker, mit dem sich Kunststoffteile aller Art produzieren lassen. Diese Art der Ersatzteilbeschaffung wird gerade durchdacht. „Da müssen vertragliche Grundlagen geschaffen werden, statt Ersatzteilkosten bezahlen wir dann vielleicht nur noch Lizenzgebühren“, sagt Oberstleutnant Jörg B. vom Logistikkommando. Er ist ein entschiedener Verfechter dieser Art der Ersatzteilbeschaffung, er kennt aber auch die Grenzen: „Theoretisch könnten wir sogar Ersatzteile für Fluggeräte produzieren. Allerdings sind diese nicht durch das Luftfahrtbundesamt zugelassen und wir dürfen sie nicht verwenden.“ Bei der Luftfahrtsicherheit verstehen auch die Erfinder keinen Spaß.


Ein Pilotprojekt

Ein Soldat scannt ein Objekt. Auf dem Monitor im Hintergrund wird das Bauteil angezeigt.

Der Handscanner erfasst auch komplexe Formen

Bundeswehr/ Oliver Pieper

Dabei wäre die Funktion ganz einfach: Mit dem zugehörigen 3D-Scanner lassen sich ganze Teile scannen, digitalisieren und nachkonstruieren. Selbst fertige Produkte, die über eine vermeintliche Sollbruchstelle verfügen, könnte man in diesem Zuge verbessern. Das macht die Bundeswehr aber nicht. „Wir wollen uns hier nicht auf das Glatteis von Justiz- oder Patentstreitigkeiten begeben“, heißt es einstimmig aus dem 3D-Druck-Team der Bundeswehr. Es ist und bleibt ein Pilotprojekt, eine „Spielwiese“ für Ideen. Dem Erfindergeist sind dabei fast keine Grenzen gesetzt. Die Lösung: Haken aus flexiblem Kunststoff, elastisch genug um nicht zu brechen und stark genug, um das Innenzelt zu halten. „Bisher haben wir diese neuen Haken sehr erfolgreich eingesetzt“, sagt der Oberfeldwebel und fügt voller Stolz hinzu: „Die Aufbauzeit des Zeltes verkürzt sich nun um rund 30 Minuten.“ Die Lampen und dazugehörigen Kabel werden inzwischen ebenfalls mit einer Eigenentwicklung aufgehängt. Und dann zeigen die beiden voller Stolz noch einen ganz neuen Stecker. Was vorher findige „Funker-Finger“ mit Klebeband zusammengebastelt haben, bekommt jetzt durch das „3D-Druck-Team“ ein echtes Gehäuse. Formstabil, passend und selbstgemacht. Damit ist die Bastelei vorbei. Zumindest im Einsatz.


Rechts im Bild liegt der alte selbstgebastelte Stecker. Links daneben liegen zwei mit dem 3D-Drucker hergestellte Bauteile

Rechts im Bild liegt der alte selbstgebastelte Stecker. Links daneben liegen zwei mit dem 3D-Drucker hergestellte Bauteile

Bundeswehr / Oliver Pieper

„Wir drucken´s einfach“

Eine Auswahl verschiedener Materialien und Farben für den 3D-Drucker

Bunte Auswahl an Materialien und Farben

Bundeswehr / PIZ EinsFüKdo

Der Begriff Leuchtturmprojekt kommt einem hier sehr leicht über die Lippen, weil hier wirklich herausragend weitergedacht wird. Hauptmann F. sprudelt förmlich vor Begeisterung für die Sache. Es ist das „Baby“ des kleinen Teams, wenn er auch höchstens Adoptivkind sagen würde. „Ich bin nicht der Erfinder, ich habe das Projekt auch nur übernommen“, sagt er. „Aber wir sind nun aus den Kinderschuhen raus und wollen diesen Piloten zum Erfolg bringen.“ Mit „wir“ meint er auch die Gegenstelle des 3D-Druckzentrums in Erding. Hier steht noch einmal das gleiche Ungetüm. Ein weiteres ist noch größer. Hier wird auch mit Metallen und Verbundstoffen experimentiert. „Eine Wahnsinnstechnologie, die wir hier in den Händen halten und die Bundeswehr hinkt dieses Mal nicht hinterher“, sagt er. Letztlich sei es ein ganzes Team, das diesen Fortschritt hier im Einsatz verfügbar mache. Neben profanen Zelthaken hat man in Masar-i Scharif auch eine Adapterplatte konstruiert, die es erlaubt verschiedene Nachtsichtgeräte an einem Helm zu befestigen. Weitere Maßanfertigungen und Sonderwünsche werden in diesem experimentellen Umfeld gefertigt. „Wir testen die Möglichkeiten und die Grenzen des Systems ausgiebig“, so Hauptmann F. Hierzu ist auch eigens Oberfeldwebel F. aus Erding in den Einsatz geschickt worden. Aus Sicht der beiden lohnt sich der Aufwand in Masar-i Scharif, der hier betrieben wird. Deshalb ist dem 3D-Druck-Team wichtig, „dass das Potenzial des 3D-Druckes erkannt und aus dem temporären Entwicklungsschub ein langfristiges Projekt wird“.

von Nikolas Barth

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