Kein Spiel auf Zeit

Kein Spiel auf Zeit

Datum:
Ort:
Masar-i Scharif
Lesedauer:
3 MIN

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Eine gewöhnliche Patrouille führt die Soldaten der Force Protection entlang der malerischen Bergkette unweit des Camps Marmal.  Plötzlich, ein ohrenbetäubender Knall lässt die Frauen und Männer im Einsatzfahrzeug zusammenzucken – eine Sprengfalle ist explodiert. Mit diesem Szenario beginnt die Übung.

Ein Einsatzfahrzeug fährt auf einer sandigen Straße. Neben dem Fahrzeug explodiert ein Sprengsatz

Die Patrouille wird plötzlich angesprengt

Bundeswehr / Oliver Pieper

Durch eine Wand aus grünem Rauch eilen flinke Beine zu dem Hubschrauber, der seit nicht einmal einer Minute am Boden steht. Ein verletzter Soldat muss schnellstens in die nächste klinische Einrichtung gebracht werden. Dabei geht es nicht nur um Schnelligkeit, sondern auch um bestmögliche Versorgung. Keine Sekunde wird verschenkt. Es geht ums Überleben. Auf ihrer Patrouille durch die Ground Defense Area sollen die Soldaten der Force Protection den Raum um das Camp Marmal überwachen und ein Lagebild erstellen. Ein lauter Knall, ein Beben. Überall ist Rauch und Staub. Neben dem Fahrzeug ist ein IEDImprovised Explosive Device (Improved Explosive Device), ein Sprengsatz explodiert. Hundertfach wurden solche Szenarien geübt. Dann wieder Stille. Abwarten. Es erfolgt der Versuch einer Verbindungsaufnahme. Erfolgreich. Nun heißt es für den Zugführer, sich schnell ein Bild von der Lage zu verschaffen, Entscheidungen zu treffen. Es gibt Verletzte. Die Rettungskette beginnt. „Wir üben das regelmäßig“, sagt der Zugführer Oberleutnant Torben S., „wenn auch mit weniger Aufwand.“

Sichern und retten

Ein Soldat sichert die Umgebung. Im Hintergrund versorgen Soldaten einen Verletzten

Erstversorgung und gleichzeitig Sicherung

Bundeswehr / Oliver Piper

Zurück zum Ort des Geschehens. Es erfolgt eine umfassende Sicherung, die verwundeten Kameraden im Fahrzeug müssen sich zunächst selbst helfen und hoffen, dass sie bald aus ihrer misslichen Lage befreit werden. Immerhin scheint der Fahrer unversehrt, er kann über Funk die Situation schildern und Hilfe anfordern. Den Helfern bietet sich kein schönes Bild. Schnelles Handeln ist gefragt. Raus aus der Gefahrensituation und Erste Hilfe leisten. Zum Glück ist heute auch ein Arzt mit auf Patrouille. „Das ist nicht immer so“, sagt der Zugführer, „wir sind im Regelfall auf das Mobile Medic Team angewiesen.“ „Wir wollen den Soldaten die bestmögliche Versorgung zukommen lassen“, sagt Oberstarzt Dr. Arne M. Das ist zwischen Staub, Lehm, Regen, kaltem Wind und den hygienischen Bedingungen nicht immer ganz so einfach. Während die eine Seite sich um die Verwundeten kümmert, herrscht auf der anderen ebenfalls Hochbetrieb: Absichern des Geländes, emsiger Funkverkehr. Schnell ist klar: Die Verletzungen sind schwer, die beiden müssen so schnell wie möglich in eine klinische Versorgung. Die „HeliDocs“ werden alarmiert, militärisch der „Forward Air MedEvacMedical Evacuation“. Wenige Minuten später ist am Unglücksort schon das Rattern der Rotoren zu hören. Nun muss es schnell gehen. Die Patienten müssen zum Transport vorbereitet sein, bevor der Hubschrauber landet. Es bleiben nur Minuten. Der CH-53 erreicht sein Ziel, die Markierung für den Piloten ist nur ein Anhalt. Er entscheidet, wo er landen kann. Dann setzt sich dieses riesige, ratternde Ungetüm auf den Boden. Währenddessen dreht der zweite seine Runden über der Landestelle. Er sichert die Mannschaft am Boden.

Bestmögliche Versorgung

Ein Verwundeter wird versorgt

Bestmögliche Versorgung unter allen Bedingungen

Bundeswehr / Oliver Pieper

Die fliegende Klinik braucht keinen Vergleich zu scheuen. Ein ziviler Rettungshubschrauber ist nicht besser ausgestattet, hat aber deutlich weniger Platz. Für das Rettungspersonal liegt der Vorteil darin, dass sie ihre Patienten während des Fluges komfortabel betreuen können. Kurz darauf erhebt sich der Hubschrauber wieder. Der Flug zurück dauert ein paar Minuten. Für die Patienten Minuten der Ewigkeit. Sie sind nicht bewusstlos, sondern Sediert, von Schmerzen befreit. Aber sie sind ansprechbar und sollen das auch bleiben. „Der Flug ist kurz genug und es ist besser, wenn wir einen Patienten haben, der uns über seine Beschwerden Auskunft geben kann.“ Trotzdem stehen die Retter bereit, vorbereitet auf alles. Touchdown. Der Hubschrauber ist sicher zurück. Keine Zeit für eine Atempause. Die Helfer der Feuerwehr eilen herbei, entladen die Patienten. Nächste Station: Transportfahrzeug. Auf in die Klinik, so schnell wie möglich, so schonend wie nötig. Erst als beide Patienten übergeben sind, hat Oberstabsarzt Sinje H. Gelegenheit, den Helm abzunehmen. Geschafft, aber glücklich. „Es ist ein gutes Gefühl, Patienten bestversorgt an die Klinik übergeben zu können. Das zeigt uns, dass die Rettungskette funktioniert und jeder alles gibt, um - wie in diesem Fall die Kameraden zu retten.“ Wenig später rollt auch der Zug der Force Protection im Lager ein. „Wir haben gesehen, wie wichtig es ist, solche Zwischenfälle immer wieder zu trainieren. Das routinemäßige Reagieren ist Gold wert“, lautet die Bilanz des Zugführers. „Aber“, fügt er nachdenklich hinzu, „trotz aller Künstlichkeit wird einem im Nachhinein bewusst, in welcher gefährlichen Rahmenlage wir uns hier befinden.“


Ein Hubschrauer stet auf dem leeren Flugplatz.

Der Transporthubschrauber CH53 steht wieder sicher auf dem Flugplatz im Camp Marmal

Bundeswehr / Oliver Pieper


von Nikolas Barth

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