Rückverlegung

Von der Abgabe bis zur Rücklieferung des Materials

Rechts und links stehen jeweils zwei Fahrzeuge der Bundeswehr. In der Mitte liegen verschiedene Materialien.

Ein ganzes Jahrzehnt lang hat sich die Bundeswehr an der Friedensmission MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali der Vereinten Nationen beteiligt. Nachdem der Sicherheitsrat das Ende der Mission zum Dezember 2023 beschlossen hat, steht die Bundeswehr vor einer Herausforderung: ihr Material bis Jahresende sicher nach Deutschland zurückbringen. Wie läuft dieser Prozess ab?

von Maik Hörhold
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  • Zwei Soldaten mit Warnweste stehen hinter der geöffneten Laderampe eines Flugzeuges.
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    Eine Mammutaufgabe beginnt

    Um Material und Fahrzeuge vom Auslandseinsatz in Mali nach Deutschland zurückzubringen, müssen die Soldatinnen und Soldaten viele Arbeitsschritte durchführen. Dazu zählen die Überprüfung, die Reinigung, die Abgabe, das Durchführen einer Tierseuchenprophylaxe und das Verpacken – ebenso wie das Erstellen von Belegen, das Anfordern von Transportkapazitäten bis hin zum Verladen des gesamten Equipments. Hierfür steht der Begriff Rückverlegung.

    Um dieses Rückverlegung zu ermöglichen und zu unterstützen, flogen Ende Mai Spezialisten der Logistiktruppe der Bundeswehr, die im Einsatz der Rückverlege-Organisation (RVO) angehören, in das Camp Castor in Mali. Das Team der RVO stellte innerhalb von nur zwei Wochen die Arbeitsbereitschaft in allen Bereichen her. Es ist in den folgenden Monaten für die Rücknahme, Rückbuchung und Überführung des Materials nach Deutschland verantwortlich. Der Leiter der RVO in Gao, Oberst
    Dr. Thomas Henschke, meldete pünktlich Mitte Juni dem Kommandeur des Deutschen Einsatzkontigentes MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali, Oberst Heiko Bohnsack, die Einsatzbereitschaft der Rückverlege-Organisation.

  • Drei Soldaten stehen um ausgebreitetes Material der Bundeswehr herum.
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    Vollzähligkeitsprüfung vor der Materialabgabe

    Um Fahrzeuge, Waffen, Munition, Funkgeräte oder optische Geräte, zum Beispiel Nachtsichtbrillen und Ferngläser, sowie weitere Ausrüstung und Ausstattung bei der Materialannahme abgeben zu können, müssen alle Trupps und Einheiten zunächst eine Vollzähligkeits- und Vollständigkeitsprüfung im eigenen Bereich durchführen. Dazu wird alles ausgelegt, geprüft und gereinigt. Defektes Material wird direkt ausgesondert und der entsprechende Beleg erstellt. Auch fehlendes Material wird bei dieser Prüfung festgestellt. 

  • Ein Soldat reinigt einen Transportpanzer Fuchs mit einer Hochdrucklanze.
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    Regenzeit und Sandstürme erfordern gründliche Reinigung

    Die klimatischen Bedingungen in Afrika, insbesondere die aktuelle Regenzeit in Mali, machen eine besonders gründliche Fahrzeugpflege erforderlich. Zum einen werden Gefechtsfahrzeuge wie Dingo und Eagle, das Spähfahrzeug Fennek oder auch der Transportpanzer Fuchs oft außerhalb des Camps Castor eingesetzt. Nach den regnerischen Tagen müssen diese so gereinigt werden, dass sie schlamm- und schmutzfrei abgegeben werden können. Auf der anderen Seite gibt es Fahrzeuge oder Container, die bereits äußerlich gereinigt waren, aber durch Sandstürme – wie sie viele nur aus dem Film „Die Mumie“ kennen – nun eine erneute Außenwäsche benötigen. Das Ganze genau zu timen, ist nicht immer einfach, da die Sandstürme unberechenbar, kurzfristig und in dieser Jahreszeit sehr häufig auftreten. Der Schlamm, Staub und die extreme Luftfeuchtigkeit während der Regenzeit erfordern zusätzlich eine gründliche Innenreinigung der Fahrzeuge sowie der Container.

  • Ein Soldat liegt auf dem Rücken unter einem Bundeswehrfahrzeug. Links und rechts stehen einige mobile Hebebühnen.
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    Technische Durchsicht und Überprüfung der Fahrzeuge

    Nach der Reinigung überprüfen die Soldatinnen und Soldaten ihre Fahrzeuge in der Instandsetzungshalle auf Schäden. Diese können aufgrund der extremen Witterungseinflüsse und starken Geländebeanspruchungen des Materials durchaus auftreten. Schäden können das Verladen der militärischen Kraftfahrzeuge in die Frachtflugzeuge jedoch erschweren. Außerdem können bei dieser Überprüfung defekte Schläuche oder Dichtungen gefunden werden. Diese meist schnell zu behebenden Schäden reparieren die Soldatinnen und Soldaten oder zivilen Mitarbeiter des Instandsetzungsbereiches vor Ort. Zusätzlich werden bei allen Fahrzeugen die Tankanzeigen überprüft. Für den Lufttransport darf der Tankinhalt gemäß gesetzlicher Vorgaben 75 Prozent nicht übersteigen. Bei Bedarf wird der Tank bis zur festgeschriebenen Füllmenge mit einer speziellen Abpumpvorrichtung in extra dafür bereitgestellte Behältnisse geleert.

  • Vier Fahrzeuge stehen in einem Zelt der Materialannahme. Zwischen den Fahrzeugen liegt ausgebreitet die Bordausstattung der Kfz.
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    Zeitaufwendige Materialannahme in der Materialschleuse

    Von Warndreieck, Hammer und Bürste über Ferngläser und Waffen bis hin zu Fahrzeugen und anderen Geräten: Alles muss vor der Rücklieferung nach Deutschland in der Materialannahme gesichtet, gezählt und mit vielen Tabellen oder Dateien abgeglichen werden. Zusätzlich werden Geräte- und Seriennummern kontrolliert sowie Papiere überprüft und abgegeben. Die Kontingentführung in Mali legt fest, in welcher Reihenfolge und von welchen Einheiten bestimmtes Material abzugeben ist. Aufgrund der großen Menge von Ausrüstung, Containern und Fahrzeugen sowie eines hohen Zeitaufwandes ist hierbei eine genaue Koordination notwendig.

    An den meisten Tagen gibt es einen Vormittags- und Nachmittagstermin bei der Materialannahme der RVO. Dabei ist genau geregelt, welche Einheit ihre Ausrüstung abgeben muss, da der Platz in der Halle und den Zelten der Rückverlege-Organisation sowie die Anzahl des Fachpersonals begrenzt sind. Das von den Einheiten abgegebene Material wird anhand der Lieferscheine nach der Rücknahme systemisch zurück nach Deutschland verbucht. Laufende Reparaturaufträge und eine damit verbundene Ersatzteilanforderung für zurückzuliefernde Fahrzeuge werden storniert, da diese dann in Deutschland einer großen Instandsetzung unterzogen werden. Einzelmaterial, zum Beispiel Waffen und Funkgeräte, werden in Packgefäße verstaut. Diese werden im Anschluss mit Umreifungsband verschlossen, mit schwarzer Schutzfolie umwickelt, beschriftet und mit dementsprechenden Kennzeichnungen und Belegen versehen.

  • Ein Soldat des ABC-Abwehrtrupps mit einer Maske besprüht einen Container mit einer farblosen Flüssigkeit.
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    Das Einschleppen von Tierseuchen verhindern

    Damit erst gar keine Erreger, Schädlinge oder Seuchen nach Deutschland gelangen, ist der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrtrupp nach der Materialübernahme der RVO mit der Tierseuchenprophylaxe (TSP) beauftragt. Grundlage dafür ist der § 28 Tiergesundheitsgesetz. Das ausgebildete Fachpersonal führt die TSP am kompletten Material durch. Dazu zählen zum Beispiel die Bordausstattung, Waffen, Behälter oder Container. Fahrzeuge werden mit einer Innen- und Außen-Tierseuchenprophylaxe behandelt. Um dies bei den unterschiedlichen Materialien richtig durchzuführen, nutzen die Soldaten des TSP-Trupps verschiedene Mittel. 
    Schutzkleidung und besondere Sorgfalt sind bei der Tierseuchenprophylaxe oberste Priorität. Der leitende Veterinär im Einsatz überprüft und überwacht die Maßnahmen der TSP.

  • Ein Spähwagen Fennek steht im Zelt mit allen vier Reifen auf jeweils einer Waage.
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    Vom Wiegen bis zur Transportanforderung

    Das gesamte Material, welches von der Materialannahme überprüft wurde, wird im Anschluss zum Luftumschlagpunkt gebracht. Dort wird es für den Lufttransport vorbereitet. Dazu ermitteln die zuständigen Soldatinnen und Soldaten zunächst mithilfe mobiler Waagen von allen Fahrzeugen und Containern sowie von anderem Frachtgut das Gesamtgewicht. Im Anschluss werden die Außenmaße gemessen. Ein Computerprogramm hilft dabei, den Schwerpunkt der Ladung zu berechnen. Dieser wird dann am Fahrzeug gekennzeichnet. Zusätzlich werden alle Teile, die sich durch Vibration beim Lufttransport lösen können, vorschriftsmäßig gesichert, verzurrt und festgeklebt.

    Außerdem werden eigens für den Lufttransport vorgesehene Paletten – sogenannte Heavy Cargo Units – mit Kisten, Geräten sowie anderen Materialien beladen und mit speziellen Netzen gesichert. All das wird dann im Luftsicherheitsbereich zwischengelagert. Ein Luftsicherheitsbereich muss verschiedene Vorgaben und Sicherheitsstandards erfüllen und ist von Fachpersonal zu überprüfen. Diesen Bereich darf nicht jeder betreten.

    Auf Grundlage der Transportbelege des Luftumschlagpunktes erstellt später ein Offizier in der Funktion des Transportlenkers eine Transportanforderung. Diese sendet er an das Logistikzentrum der Bundeswehr (LogZBw) nach Deutschland. Im LogZBw wird festgelegt, welche Fahrzeuge, Container, Paletten oder anderes Gerät auf welchen Flug gebucht werden. Das bildet die Grundlage für die Erstellung der Frachtliste. Anhand dieser Liste erstellt der Transportlenker im Einsatzland die Zollbelege und -papiere für die Frachtladungen.

  • Ein blauer Lkw mit Sattelanhänger steht beladen in einer Halle.
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    Letzte Vorbereitungen im Camp

    Zwei Tage vor dem Flugtermin wird die Ladung aus einem der Flugsicherheitsbereiche in die Hallen der Luftumschlaggruppe geholt. Hier überprüfen die Frauen und Männer alle Frachtpapiere, zum Beispiel materialbegleitende Unterlagen, Transport- und Zollbelege, noch einmal auf Vollständigkeit. Im Anschluss führt speziell ausgebildetes Personal der Luftumschlaggruppe einen Gefahrgutcheck durch – für Material, Fahrzeuge, Containerladungen und sonstiges Gerät, welches mit militärischen Transportflugzeugen geflogen wird.

    Für den Transport mit zivilen Luftfahrzeugen übernimmt diese Gefahrgutprüfung ein Mitarbeiter einer Logistikfirma. Container und Fahrzeuge, die in einem Flugsicherheitsbereich Wind und Wetter ausgesetzt waren, werden bei Bedarf nochmals gereinigt und mit der Tierseuchenprophylaxe behandelt. Die zusammengestellte Ladung wird dann auf mehrere Lkw geladen. Diese verbleiben bis zum Abtransport des Materials in der Flugsicherheitshalle der Luftumschlaggruppe.

  • Ein Container hängt an Ketten. Darunter steht ein Fahrzeug. Im Vordergrund steht ein Soldat.
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    Vorbereitungen am Internationalen Flughafen Gao

    Da es nicht möglich ist, sämtliche Arbeitsschritte für die Verladung im Camp Castor vorzubereiten, finden einige Arbeitsschritte direkt am Internationalen Flughafen in Gao statt. Bei der Verladung spezieller Container ist es notwendig, mehrere Paletten miteinander zu verbinden. Dazu montieren Soldaten die Luftfrachtpaletten direkt auf dem selbstfahrenden Transporter PFAFeldwebelanwärter-50, um sie als Aufnahmeplattform für den Container zu nutzen. Für die Umsetzung des Containers und weitere Beladevorgänge wurde die Luftumschlaggruppe mit Lastkraftwagen, einem Kran und Personal der Transportgruppe des Einsatzkontingents unterstützt.

  • Ein graues Militärflugzeug steht am Flughafen und wird mit einem Container beladen.
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    Vom Flugfeld ins Flugzeug

    Das Personal der Luftumschlaggruppe ist auch dafür zuständig, den Transport vom Camp Castor zum Internationalen Flughafen Gao zu organisieren und sicherzustellen. Nach der Landung wird zunächst das Gespräch mit der Crew des Flugzeuges aufgenommen. Hierbei werden die Frachtpapiere übergeben und die Ladung besprochen. Die Ladungsmeisterinnen und Ladungsmeister der Luftfahrzeuge überprüfen die Fracht und legen dann fest, in welcher Reihenfolge das Material in den Flieger geladen wird. Dabei weisen sie alle Fahrzeuge mittels Handzeichen ein. Das Verzurren der Fracht im Laderaum übernimmt die Crew des Flugzeugs, da sie hierfür die Verantwortung trägt.

  • Zwei Militärfahrzeuge und ein beladener Anhänger stehen hinter einem Flugzeug.
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    Alle logistischen Möglichkeiten nutzen

    Um das gesamte Material nach Hause bringen zu können, mietet die Bundeswehr auch zivile Transportflugzeuge von Logistikunternehmen für Materialtransporte an. Aufgrund verschiedener Faktoren kann die maximale Transportlast der Flugzeugtypen variieren. Diese ist zum Beispiel von der Außentemperatur und der damit einhergehenden Thermik am Abflughafen sowie der Flugstrecke abhängig. Daher ist eine genaue Vorausplanung der Frachtgüter durch das LogZBw in Deutschland von entscheidender Bedeutung. Die Ladungen können nur aus Containern, nur aus Fahrzeugen oder nur aus palettierten Materialien und Gerät bestehen. Eine Kombination der verschiedenen Güter ist jedoch oft notwendig, um Platz und Transportgewicht bestmöglich auszunutzen.

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