„Nachgefragt“

Internationales Peacekeeping: „Blauhelm-Missionen sind das Premiuminstrument“

Internationales Peacekeeping: „Blauhelm-Missionen sind das Premiuminstrument“

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
5 MIN

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Die Vereinten Nationen entsenden sogenannte „Peacekeeper“ in die Krisenregionen der Welt, um Gewalt zu verhindern und für Stabilität zu sorgen. Militärangehörige, Polizisten und zivile Helfer aus vielen Ländern arbeiten dafür eng zusammen. Nun werden auf einer Peacekeeping-Konferenz in Deutschland die Weichen für die Zukunft der Blauhelme gestellt.

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Peacekeeping-Einsätze der Vereinten Nationen sollen Krisenregionen stabilisieren. Wie das geht, erklären Dr. Jasper Wieck und Fregattenkapitän Kenneth Harms aus dem Verteidigungsministerium im „Nachgefragt“-Gespräch mit Hauptmann Jan Czarnitzki.

Das „UNUnited Nations Peacekeeping Ministerial“ findet am 13. und am 14. Mai 2025 erstmals in Deutschland statt. Rund 150 Nationen wurden zu der alle zwei Jahre stattfindenden Konferenz eingeladen, die diesmal vom Verteidigungsministerium und dem Auswärtigen Amt organisiert wird. „Die große Resonanz auf diese Konferenz zeigt, dass das internationale Krisenmanagement der Vereinten Nationen eine ganz zentrale Frage für viele Staaten dieser Erde ist“, sagt Dr. Jasper Wieck zu Hauptmann Jan Czarnitzki, dem „Nachgefragt“-Moderator. Ein Blick auf die Weltkarte reiche, um den Grund zu verstehen, so der Leiter der Politikabteilung im Verteidigungsministerium: „Da sehen wir eine Vielzahl von Konflikten und Krisen: Innerstaatliche Konflikte von Volksgruppen, die gegeneinanderstehen, oder zwischenstaatliche Konflikte, wenn sich Länder über die Grenzziehung streiten.“

70.000 Blauhelme weltweit im Einsatz

Die Verantwortung für Frieden und Sicherheit rund um den Globus trage der Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen. „Die Blauhelm-Missionen sind das Premiuminstrument, mit dem die Vereinten Nationen dieser Aufgabe nachkommen“, sagt Wieck. Derzeit seien 70.000 Soldatinnen und Soldaten, Polizeikräfte und zivile Helfer in elf Blauhelm-Missionen im Einsatz. Die Vereinten Nationen verfügten aber weder über eigene Truppen noch über eigene Ausrüstung und Fahrzeuge und seien daher auf die Unterstützung ihrer Mitgliedstaaten angewiesen. „Nur wenn die Nationen bereit sind, Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen – Soldaten, Polizeibeamte, aber eben auch Ausrüstung –, dann kann es funktionieren“, sagt Wieck. Die Konferenz diene dem Zweck, die Beiträge der Länder für die laufenden und die künftigen Friedensmissionen festzulegen. Zudem solle in Berlin über die Zukunft des Peacekeepings und die Anpassung der Friedensmissionen an die veränderte sicherheitspolitische Weltlage debattiert werden. 

Deutschland beteiligt sich seit den 1990er-Jahren an den Stabilisierungseinsätzen der Vereinten Nationen. Derzeit seien Blauhelme der Bundeswehr vor der Küste des Libanons, in der Westsahara und im Südsudan aktiv, so Wieck. Polizeikräfte und zivile Helfer aus Deutschland unterstützten außerdem bei den Missionen in Somalia, Kosovo und dem Südsudan. „Neben personellen Beiträgen ist es auch wichtig, was Deutschland für den Kapazitätsaufbau der großen Truppensteller der Vereinten Nationen leistet“, sagt Wieck. Am UNUnited Nations-Ausbildungszentrum in Hammelburg würden Peacekeeper auf ihren Blauhelmeinsatz vorbereitet, zudem ertüchtige Deutschland befreundete Länder. „Das ist ein ganz wesentlicher Beitrag, der ein bisschen unser Markenzeichen in den Vereinten Nationen ist“, so Wieck. Zudem trage Deutschland als viertgrößter Beitragszahler der UNUnited Nations ganz erheblich zur Finanzierung der Friedensmissionen bei.

Friedenssicherung an der Küste des Libanon

Neben Wieck steht in dieser „Nachgefragt“-Folge noch ein zweiter Gast Rede und Antwort: Fregattenkapitän Kenneth Harms. Der Marine-Sprecher im Verteidigungsministerium war mehrfach für die Vereinten Nationen im UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon-Einsatz im Libanon. Dort sind an der Grenze zu Israel 11.000 Blauhelme aus 40 Nationen stationiert, um Kämpfe zu unterbinden. „Das Besondere an UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon ist, dass es der bisher erste und einzige UNUnited Nations-Einsatz ist, der auch eine maritime Komponente hat“, führt Harms aus. „Deutschland beteiligt sich seit 2006 durchgängig dort. Wir haben Kriegsschiffe dort im Einsatz.“

Der Auftrag der Marine sei klar umrissen, so Harms: Es gehe um die Seeraumüberwachung und die Durchsetzung eines Waffenembargos. „Es soll letztlich verhindert werden, dass die Hisbollah mit Waffen beliefert wird.“ Zudem würden die libanesischen Streitkräfte ausgebildet und ertüchtigt, um ihre Küsten künftig schützen zu können. „Wir werden mit unserem Auftrag erst fertig sein, wenn die libanesische Marine selbst in der Lage ist, den Schutz ihrer Küste sicherzustellen“, so der Marinesprecher.

Sicherheitsinteressen in Afrika und Nahost

Die Bundeswehr fokussiert sich seit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 wieder auf die Landes- und Bündnisverteidigung. Dennoch dürfe Deutschland als Wirtschafts- und Handelsnation nicht die Augen vor den weltweiten Konflikten verschließen, mahnt Wieck. „Der Handel weltweit ist Bedingung für den Wohlstand der Menschen in unserem Land“, stellt er heraus. „Gleichzeitig können Krisen in unserem Umfeld schnell auch Auswirkungen auf unsere eigene Sicherheit haben.“ Beispiele seien etwa Nordafrika, die Sahelzone oder der Nahe und der Mittlere Osten. „Da haben wir ein genuines Sicherheitsinteresse, diese Konflikte in den Griff zu bekommen“, sagt Wieck. Auf dem „UNUnited Nations Peacekeeping Ministerial“ wolle man deshalb auch darüber reden, inwiefern regionale Organisationen wie die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWASEconomic Community of West African States die Vereinten Nationen beim Peacekeeping entlasten könnten.

von Timo Kather

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