Fliegende Rückendeckung: Die Spezialkräfte der Luftwaffe

Fliegende Rückendeckung: Die Spezialkräfte der Luftwaffe

Datum:
Ort:
Grafenwöhr
Lesedauer:
4 MIN

Die Soldaten und Soldatinnen der 4. Fliegenden Staffel des Hubschraubergeschwaders 64 sind die Spezialkräfte der Luftwaffe. Ihr Auftrag ist es, die Kommandokräfte der Bundeswehr weltweit zu unterstützen. Dafür sind sie mit dem leichten Mehrzweckhubschrauber H145M LUH SOFLight Utility Helicopter – Special Operation Forces ausgestattet. Hinter dem sperrigen Kürzel verbirgt sich eine agile Maschine.

Ein Soldat steht an der offenen Tür eines Mehrzweckhubschrauber H145M LUH SOF und bedient ein Maschinengewehr

Den LUH SOFLight Utility Helicopter – Special Operation Forces nutzen die Spezialkräfte der Luftwaffe für ihr breites Aufgabenspektrum. Als „Waffenmaschine“ wird der leichte Mehrzweckhelikopter mit zwei Miniguns MG6 zur Feuerunterstützung eingesetzt.

Bundeswehr/Raphael Stypa

Zwei schlanke, grau lackierte Hubschrauber landen beinahe synchron auf einer Lichtung des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr. Die leichten Mehrzweckhubschrauber des Typs H145M LUH SOFLight Utility Helicopter – Special Operation Forces gehören zur 4. Staffel des im oberschwäbischen Laupheim stationierten Hubschraubergeschwaders 64 (HSGHubschraubergeschwader 64): den Spezialkräften der Luftwaffe. Kaum stehen die Rotoren still, rollt ein Tankfahrzeug nach vorn, die Munitionsgruppe bringt mit einem Hubwagen Nachschub für die beiden Miniguns MG6 des Helikopters.

Auch Stabsfeldwebel Jonas Wiese* und Oberfeldwebel Christian Müller* sind kurz darauf an den Maschinen. Sie gehören zur Wartungs- und Waffenstaffel des HSGHubschraubergeschwader 64 und sind Spezialisten für den LUH SOFLight Utility Helicopter – Special Operation Forces. Das Kürzel steht für Light Utility Helicopter Special Operations Forces, also leichter Mehrzweckhubschrauber für die Unterstützung von Spezialkräften. Wiese ist als Prüfer mit allen Komponenten von Steuerung, Antrieb und Hydraulik des Hubschraubers vertraut. „Wir sichern vor allem die Vor- und Nachfluginspektionen ab“, erklärt er. Rund eine Stunde dauert es, die Checkliste abzuarbeiten: Rotorblätter checken, Sichtprüfung an den Triebwerken, Ölstände messen. „In der Regel läuft das mit einem Kameraden im Vier-Augen-Prinzip“, erläutert Wiese.

Piloten lernen nie aus

Einer der Piloten ist Major Thomas Wolff*, ein athletischer Typ Anfang 30. Leise, sehr sachlich und Quereinsteiger. Bis vor einigen Jahren flog er noch die Transall C-160. Mehr als 1.000 Flugstunden hat er auf dem inzwischen ausgemusterten Transportflugzeug absolviert. 2014 schulte Wolff auf Hubschrauber um. In der 4. dient er seit 2016. „Eine der besten Entscheidungen meines Lebens“, sagt er. „Unsere Staffel hat ein sehr breites Einsatzspektrum.“ Dazu gehören verschiedene Möglichkeiten, die Spezialkräfte an ihren Einsatzort zu bringen, das Fliegen mit Außenlasten oder Winde sowie Aufklärungsflüge mit Sensorausstattung. Hinzu kommen noch Feuerunterstützung aus der Luft und, wenn nötig, die Rettung von Verwundeten.

Die Vielfalt an Aufgaben fordert ihren Preis. Nicht jeder Pilot passt ins Profil. Der Zeitaufwand für die Ausbildung ist enorm. Am Ende steht ein Einsatzüberprüfungsflug. Und auch nach bestandener Prüfung wird es nicht einfacher. „Als Piloten haben wir ständig Lehrgänge zu absolvieren“, sagt Wolff. „Es ist ein anspruchsvolles Programm mit vielen Flugstunden.“ Zusätzlich üben sie regelmäßig mit Spezialkräften, um die Abläufe zu harmonisieren.

Ein Soldat steht an der Tür eines Mehrzweckhubschraubers H145M LUH SOF und spricht mit dem Piloten

Gleich nach der Landung erkundigt sich ein Mechaniker beim Piloten nach Auffälligkeiten während des Fluges

Bundeswehr/Johannes Locherer
Ein Soldat überprüft den Munitionsgurt des Maschinengewehrs MG6

Ein Tactical Operator, der Bordschütze, prüft die Munitionszufuhr seines MG6. Die flexible Aufnahmevorrichtung für die Munitionsgurte wird auch „Tatzelwurm“ genannt.

Bundeswehr/Johannes Locherer

Tactical Operator: Spezialist für besondere Einsätze

Ähnlich aufwendig ist die Ausbildung des Tactical Operators. Dieser – zumeist ein erfahrener Portepeeunteroffizier – ergänzt die Crew eines LUH SOFLight Utility Helicopter – Special Operation Forces bei bestimmten Einsätzen. Er bedient die Winde des Hubschraubers und ist auch für den Einsatz der Minigun zuständig.

Ob bei einer Mission ein Tactical Operator an Bord geht, wird immer lageabhängig entschieden. Feste Besatzungen gibt es nicht. „Jeder unserer Piloten muss mit jedem anderen arbeiten können“, erläutert Wolff. Dasselbe gilt für die Operators. Einheitliche Standards und Abläufe stellen sicher, dass das klappt.

Major Thomas Wolff
Die Perspektiven vom Boden und aus der Luft unterscheiden sich stark. Das kann leicht zu Missverständnissen führen.

Immer startklar: Nur wenige Minuten Alarmzeit

Zwei Flüge hat Wolff heute bereits hinter sich. Aber er ist weiter in Bereitschaft. Die notice to move für die Piloten, also die Alarmzeit, beträgt nur ein paar Minuten. Dann müssen sie in der Luft sein, Tag und Nacht. „Wir haben heute unseren Kampfschwimmern Luftnahunterstützung gegeben“, erklärt Wolff. Dafür gibt es beispielsweise eine Konfiguration, in der der Hubschrauber mit zwei Miniguns in den Türen als „Waffenmaschine“ aufsteigt.

Das Übungsszenario: Kampfschwimmer sind an Land gegangen, haben das ihnen zugewiesene Terrain erkundet und Luftunterstützung angefordert, als sie unter Druck gerieten. Sie melden drei Pick-ups mit aufgesessener Infanterie – ein Fall für die Waffenmaschine, jedoch erst nach genauer Prüfung aller Angaben. Sobald eigene Kräfte ein Ziel identifiziert haben, beginnt die Zielansprache. Ein Prozedere zwischen Hubschraubercrew und Bodenkräften, dass Irrtümer vermeiden soll.

Ein Hubschrauber fliegt über ein Gelände und schießt

Mit bis zu 3.000 Schuss pro Minute kann der LUH SOFLight Utility Helicopter – Special Operation Forces die eigene Truppe am Boden effektiv unterstützen. Ein Tactical Operator, ein Bordschütze, bedient dabei die Minigun, die sich in den Seitentüren befinden.

Bundeswehr/Raphael Stypa

Nicht der Schnellste, aber agil

Auch die Leistungsdaten des LUH SOFLight Utility Helicopter – Special Operation Forces passen zu seiner Aufgabe: wendig und agil, wenn auch nicht der Schnellste. Wolff: „Der Rotorkreis ist klein, die Konstruktion kompakt. Seine enorme Beweglichkeit hilft uns dabei, in urbanen Gebieten unsere speziellen Aufträge zu erfüllen.“ Größere Maschinen kommen da schnell an ihre Grenzen.

Volle Nachtkampftauglichkeit ist ein weiteres Muss, weil die Operationen von Spezialkräften in aller Regel im Schutze der Dunkelheit stattfinden.

Ebenfalls wichtig: Das zivile Grundmodell, der H145, fliegt schon seit langem und auch seine militärische Variante ist zuverlässig und störungsarm. „Wir fliegen selten allein, meist sind wir im operativen Verband unterwegs“, erklärt Wolff. Hierfür sind die LUH SOFLight Utility Helicopter – Special Operation Forces mit allen gängigen Luftfahrzeugen der Bundeswehr kompatibel, insbesondere mit den verbandseigenen Transporthubschraubern CH-53. „Der LUH SOFLight Utility Helicopter – Special Operation Forces ist zuverlässig und vielseitig“, sagt Wolff: Eine Maschine also, der die Spezialkräfte vertrauen können.

*Namen zum Schutz der Soldaten geändert

von Markus Tiedke

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