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Panzergeneral: „Keiner kann sein Gefecht alleine führen“

Panzergeneral: „Keiner kann sein Gefecht alleine führen“

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
4 MIN

Die Gegenoffensive der Ukraine wird auch mit Kampf- und Schützenpanzern aus Deutschland geführt. Die ukrainischen Truppen gehen gegen ausgebaute russische Verteidigungsstellungen an, die von Minenfeldern und Artillerie geschützt werden. Russland scheint zudem die Luftüberlegenheit im Kampfgebiet zu besitzen. Brigadegeneral Björn Schulz erklärt, warum westliche Panzer dennoch einen Unterschied machen können.

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Brigadegeneral Björn Schulz leitet die Panzertruppenschule der Bundeswehr. Mit „Nachgefragt“-Moderatorin Frau Hauptmann Maria Schönemann spricht er über den Einsatz westlicher Waffensysteme bei der ukrainischen Gegenoffensive.

Die Zerstörung westlicher Kampfpanzer durch die russischen Streitkräfte hat die Debatte um den Nutzen der Waffenlieferungen an die Ukraine neu entfacht. Von Anfang an sei klar gewesen, dass die Panzer den Krieg nicht entscheiden, sondern nur entscheidend beeinflussen könnten, stellt der General klar. Zugleich betont er: „Die ukrainischen Kräfte sind so ausgebildet worden, dass sie dort im Kampf bestehen können.“

Kampfpanzer wie der aus Deutschland gelieferte Leopard 2 A6 seien ihren Gegenstücken aus Russland technisch überlegen, so der Kommandeur der Panzertruppenschule der Bundeswehr. „Panzerschutz, Feuerkraft, Mobilität führen zu einer Stoßkraft, zu einer Intensität, die man gegenüber dem Feind zur Wirkung bringen kann.“ 

Am Ende gehe es aber darum, so Schulz weiter, dass sowohl die Besatzung als auch der taktische Führer die Panzer so einsetze, dass ihre technische Überlegenheit auch in eine taktische Überlegenheit umgemünzt werden könne: „Keiner kann sein Gefecht alleine führen“, sagt der Panzergeneral zur „Nachgefragt“-Moderatorin Frau Hauptmann Maria Schönemann. „Ich kann es nicht alleine mit Panzern, ich kann es nicht alleine mit Infanterie, ich kann es nicht alleine mit Artillerie, Luftwaffe und so weiter machen.“ Ein moderner Krieg könne nur im Gefecht verbundener Waffen gewonnen werden.

Der Aufklärung komme vor einem Angriff auf die russischen Stellungen eine wichtige Rolle zu, so Schulz. „Wir haben einen Minensperrgürtel, der durch die russischen verteidigenden Kräfte da angelegt worden ist. Es gibt faktisch keinen Meter, wo ich frei manövrieren kann mit Fahrzeugen, wo nicht auch Minen liegen oder wo Panzersperren angelegt worden sind.“ Zudem könnten die Angreifenden aus den Stellungen unter Feuer genommen werden. „Wenn ich da kein klares Lagebild habe, habe ich fast schon wieder verloren“, erklärt Schulz.

Minen als ständige Gefahr

Die ukrainischen Streitkräfte hatten mehrere Kampfpanzer – darunter auch Leopard 2 – eingebüßt, nachdem sie in ein russisches Minenfeld geraten waren. „Sind Minen verdeckt verlegt – und das macht jemand, der sein Gelände vorbereitet hat für die Verteidigung – dann erkenne ich die nicht“, sagt Schulz. Die Minenfelder zu umgehen, sei ausgesprochen schwierig: Man habe es mit „unheimlich breiten, lang angelegten Minengürteln“ zu tun. Kampfpanzer wie der Leopard 2 A6 seien aber so konstruiert, dass der Besatzung im Fall einer Minendetonation „wenig, im besten Fall sogar gar nichts passiert“, so der General.

Die Verteidigung gegen Drohnenangriffe aus der Luft sei ebenfalls schwierig. Normalerweise werde dann in aufgelockerter Formation gefahren oder Deckung gesucht. „Das wird schwierig, wenn man sich das Gelände anguckt, wo der Krieg tatsächlich stattfindet: Weil Gebäudeinfrastruktur im Wesentlichen zerstört ist, weil die Wälder teilweise überhaupt gar nicht mehr existieren“, erläutert Schulz. Umso wichtiger sei es, die Fahrzeuge zumindest behelfsmäßig zu tarnen, damit sie nicht so einfach aufzuklären seien.

Mehr westliche Waffen = Mehr Aussicht auf Erfolg

Es sei nicht auszuschließen, dass Russland Kampfpanzer erbeute und die verbaute Technik untersuche, so Schulz. „Krieg ist nun einmal voller Risiken, und es gehört auch dazu, dass Panzer, wenn sie zerstört werden, von der Besatzung aufgegeben werden müssen.“ Es gebe aber keinen Grund, übermäßig nervös zu werden – Spionage sei ohnehin Gang und Gebe. „Das ist ärgerlich, es gilt, das zu vermeiden, aber es wird schlicht und einfach passieren.“

Werde die Ukraine mittel- bis langfristig mit zusätzlicher Waffentechnik aus dem Westen ausgestattet, werde dies die Erfolgsaussichten im Kampf gegen Russland erhöhen, so Schulz. „Ich kann eine Überlegenheit durch Geschick im Einsatz dieser Systeme und der Fähigkeiten der Systeme erreichen, was es mir dann möglich macht, gegen einen schwer abzunutzenden Gegner auch tatsächlich zu bestehen.“

Die Ukraine müsse mit weniger Menschen und weniger Gerät gegen einen zahlenmäßig überlegenen Gegner kämpfen, so Schulz – und zwar so lange, bis die russischen Streitkräfte schließlich aus der Ukraine vertrieben seien. „Das kann ich unter anderem erreichen, wenn ich überlegenes Gerät habe.“

von Timo Kather

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