Mit Schlauchbooten und Fähren

„Der Angriff über Gewässer ist eine der komplexesten Operationen überhaupt“

Es ist eine taktische Königsdisziplin: Bei der Übung Wettiner Schwert 2024 überquert die Panzergrenadierbrigade 37 unter Gefechtsbedingungen die Elbe. So etwas ist immer gefährlich. Aber die schnelle Eingreiftruppe der NATO, die vor allem die Ostflanke des Bündnisses schützen soll, muss auch das beherrschen.

Mehrere Kampfpanzer vom Typ Leopard A7 befahren eine Schnellschwimmbrücke

Es ist noch recht früh an diesem Sonntagmorgen Mitte März. Am Elbufer nahe der Ortschaft Hohengöhren in Sachsen-Anhalt sind deutlich die Spuren eines mehrwöchigen Hochwassers zu sehen. Plötzlich zerreißt das Röhren schwerer Dieselmotoren die Stille. Mit schwarzen Abgasfahnen nähern sich Schützenpanzer Marder des Panzergrenadierbataillons 371 aus Marienberg. Am Heck einiger Fahrzeuge sind hölzerne Schleppen mit Schlauchbooten befestigt. Bei anderen Mardern liegen die Schlauchboote quer über den Aufbauten. Nahe der Uferlinie stoppen die Kettenfahrzeuge. Kurz darauf sitzen die Panzergrenadiere ab und schnappen sich die Schlauchboote und ihre Ausrüstung.

Panzergrenadiere überwinden die Elbe in Schlauchbooten

Gruppenweise schleppen sie die mehr als 250 Kilogramm schweren Boote zur Elbe und sitzen auf. Wasser gischtet, Flüche und dann emsiges Paddeln. Mühsam gewinnen die Grenadiere gegen die Strömung tieferes Wasser, wo sie endlich den Außenbordmotor einsetzen können. Dann brummen die Boote über den Fluss, wobei die Bootsführer darauf achten, nicht zu weit von der geplanten Landestelle abzukommen. Am jenseitigen Ufer sitzen die Männer ab und sichern. Kurz darauf folgt ihnen eine zweite Welle Panzergrenadiere. Auch sie holen sich nasse Füße. Ihre Schützenpanzer haben derweil Stellung auf der anderen Flussseite in Ufernähe bezogen und sichern mit ihren Maschinenkanonen.

Jetzt wird Pioniertechnik benötigt. Die Schwimmschnellbrücke Amphibie M3 oder die Faltschwimmbrücke sind Spezialfahrzeuge, die selbst einen Kampfpanzer Leopard 2 binnen weniger Minuten sicher über breite Wasserhindernisse bringen. Allerdings können diese Fahrzeuge erst eingesetzt werden, wenn der Brückenkopf hinreichend gehärtet, also mit eigenen Kräften gegen den Feind gesichert wurde.

Schwimmschnellbrücken in Aktion

Nachdem das Westufer gesichert wurde, ist es Zeit für Phase zwei. Unvermittelt preschen nacheinander vier Schwimmschnellbrücken Amphibie M3 in voller Fahrt und mit hochgeklappten Schwallbrettern in die Elbe. Binnen weniger als zehn Minuten koppeln die Besatzungen ihre Fahrzeuge in der Flussmitte und melden sich einsatzbereit. Unmittelbar darauf rücken die ersten Schützenpanzer heran und werden ans andere Ufer gebracht. Das Übersetzen der Gefechtsfahrzeuge hat begonnen – und damit auch die Arbeit des Crossing Site Commanders, der für die Koordination der Übersetzstelle verantwortlich ist.

Ein zusätzlicher Auftrag für Hauptmann Michael S., den Chef der 5. Kompanie des Deutsch/Britischen Pionierbrückenbataillons 130. Schon kurz nach Sonnenaufgang hatten Pioniertaucher seiner Kompanie den Uferbereich nach Hindernissen abgesucht und einige große Steine entfernt. „Diese Form der Erkundung unter Wasser ist wichtig“, sagt Hauptmann S. „Im Moment könnten sonst Treibgut oder Steine die Übersetzmittel beschädigen.“ Schon das wäre schlimm genug. Doch unter Gefechtsbedingungen müssten die Pioniertaucher zudem prüfen, ob der Gegner die Furten vermint oder sonst mit pioniertechnischen Hindernissen gespickt hat. All das hätten sie dann auch zu beseitigen.

Disziplin am Flussübergang reduziert Risiken 

Hauptmann S. sorgt jetzt als Crossing Site Commander mit einigen seiner Kameraden außerdem dafür, dass es an den Anmarschwegen zum Flussübergang nicht zu Behinderungen kommt. „Wir stehen über Funk ständig in Kontakt mit den Einheiten. Es gibt einen Ablaufplan, an den sich alle zu halten haben“, sagt er. Konkret halten sich die Besatzungen mit ihren Fahrzeugen im Verfügungsraum bereit. Erst wenn sie „dran sind“, begeben sie sich in die unmittelbare Nähe der Übergangsstelle. „Unter gefechtsmäßigen Bedingungen wäre sonst die Gefahr groß, dass sie in feindliche Artillerie- oder Luftangriffe geraten“, sagt Hauptmann S.

Einige hundert Meter weiter flussabwärts haben ebenfalls Panzergrenadiere aus Marienberg in Schlauchbooten die Elbe überwunden und einen weiteren Brückenkopf eingerichtet. An dieser zweiten Übergangsstelle koordiniert Hauptfeldwebel Felix K. vom Pionierbrückenbataillon 130 das Übersetzen. Anders als an der südlichen Übergangsstelle wird hier eine Faltschwimmbrücke (FSBFaltschwimmbrücke) eingesetzt. Und als Zugführer des amphibischen Brückenzuges ist Hauptfeldwebel K. zugleich der Leiter Fährbetrieb.

Mehrere Soldaten in Kampfmontur tragen ein Schlauchboot zu einem Ufer

Nach dem Absitzen vom Schützenpanzer schleppen die Panzergrenadiere ihr Schlauchboot zum Fluss. Den Bootsführer stellen ihre Pionierkameraden. Das Aufsitzen aufs Boot wird drillmäßig geübt, die Zeit am Uferstreifen muss möglichst kurzgehalten werden.

Bundeswehr/Elian Hadj Hamdi
Ein Schlauchboot mit mehreren Soldaten fährt mitten auf einem Gewässer

Gruppenweise überwinden die Grenadiere die Elbe mit den Schlauchbooten und richten am jenseitigen Ufer einen Brückenkopf ein. Dieser wird schnell verstärkt und dient nach dem Übersetzen schwerer Fahrzeuge als Ausgangspunkt für den weiteren Vormarsch.

Bundeswehr/Elian Hadj Hamdi

Die Brigade möglichst schnell über den Fluss bringen“ 

Die modular aufgebaute FSBFaltschwimmbrücke besteht im Wesentlichen aus mehreren Pontons, die gekoppelt und im Fährbetrieb von 320-PS-starken Motorbooten bewegt werden. Die Auffahrrampe am Ufer wird durch eine Schubverankerung gesichert, deren Ankerplatte durch massive Erdnägel gehalten wird. Zusätzlich ist im Wortsinne Pionierarbeit erforderlich, um den Übergang zu ermöglichen. Auf die natürliche Uferbeschaffenheit vor Ort könne sich die Truppe nicht einfach verlassen, erklärt K. Bei ihrer Erkundung haben die Pioniere das Areal gründlich geprüft. „Anschließend ist der Pionierpanzer Dachs als unser Multitool zum Einsatz gekommen“, ergänzt der Hauptfeldwebel. „Gräben schieben, eine Furt schieben.“ Die Spuren im Uferbereich sind eindeutig. Dafür können nun Rad- und Kettenfahrzeuge gleichermaßen problemlos an die FSBFaltschwimmbrücke heranfahren. Und darum geht es, wie Hauptfeldwebel K. sagt: „die Brigade möglichst schnell über den Fluss bringen“. 

Einige Zeit ist vergangen. Oberstleutnant Carsten Oberländer setzt sein Fernglas ab und greift zum Funkgerät. Seit einigen Minuten schon beobachtet der Kommandeur des Panzerbataillons 393 die südlichen Übersetzstelle über die Elbe. Wenige Meter neben ihm ist einer der Leopard 2 A7V seines Bataillons in Stellung gegangen. Das mächtige 120-Millimeter-Geschütz ist aufs westliche Ufer der Elbe gerichtet. Und auch wenn es von außen nicht zu sehen ist – die Besatzung des Kampfpanzers ist hellwach. Mit ihren vielfältigen Sensoren spähen sie über den Fluss und schützen so ihre bereits übergesetzten Kameradinnen und Kameraden vor unliebsamen Überraschungen.

Mehrere Funksprüche setzt Oberländer kurz nacheinander ab. Er ist taktischer Führer vor Ort und somit in dieser Phase dafür verantwortlich, dass seine Kräfte wohlbehalten die Elbe überqueren können. Das Panzerbataillon 393 ist im thüringischen Bad Frankenhausen stationiert und ebenso wie das Panzergrenadierbataillon 371 der Panzergrenadierbrigade 37 „Freistaat Sachsen“ unterstellt. Diese gehört seit 2022 zur NATO Response Force (NRFNATO Response Force). Im Rahmen der Übung Wettiner Schwert soll der deutsche Gefechtsverband zunächst die Elbe bei Hohengöhren überschreiten und dann zum Gefechtsübungszentrum Heer weitermarschieren. Heute übt die Truppe vor. Am nächsten Tag soll dann scharf geübt werden und der Kommandeur unterschätzt den Auftrag nicht.

Eine Schnellschwimmbrücke klappt ihre Seitentüren im Wasser wieder ein und fährt auf das zum Ufer

Auftrag erfüllt: In der Abendsonne fährt eine Schwimmschnellbrücke Amphibie M3 aus der Elbe. Kurz zuvor haben die Besatzungen die Fähre in der Flussmitte entkoppelt. Für die Nacht verlegen die Fahrzeuge in den Verfügungsraum.

Bundeswehr/Elian Hadj Hamdi

Immer riskant: Der Angriff über Gewässer 

„Der Angriff über Gewässer ist für Landstreitkräfte eine der komplexesten Operationen überhaupt“, sagt Oberländer. Schon die Durchführung unter friedensmäßigen Bedingungen sei riskant. Dies zeige bereits der stark schwankende Pegel der Elbe, so der Oberstleutnant weiter. Morastige Uferbereiche und angeschwemmtes Treibgut erschwerten den Zugang und Einsatz der Technik. „Deshalb muss hier jeder seine Aufgabe kennen, damit alle Rädchen ineinandergreifen können.“

Während der Kommandeur das sagt, rumpelt ein weiterer Leopard 2 seines Bataillons auf eine „Vierfachfähre“ aus vier gekoppelten Schwimmschnellbrücken Amphibie M3. Viel Platz bleibt nicht, wenn so ein Koloss auf die Fähre rollt. Der Blick des Fahrers ist starr auf den Fährenführer gerichtet, der ihn mit Handzeichen einweist. Luken und Türen sind aus Sicherheitsgründen während des Übersetzens immer geöffnet zu halten. In gestoppten vier Minuten ist der Leopard am anderen Ufer. Oberstleutnant Oberländer sieht zufrieden aus. Der Großteil seines Bataillons ist bereits im Brückenkopf, die Folgekräfte rücken nach. Bald kann der weitere Vormarsch beginnen.

Brigadegeneral Alexander Krone ist der Kommandeur der Panzergrenadierbrigade 37 und hat die Übung seiner Truppe aufmerksam verfolgt. Grundsätzlich nicht unzufrieden, hat er doch einige Schwächen erkannt, an denen er arbeiten lassen wird. „Das Übersetzen erfolgte nicht überall stockungsfrei“, resümiert Krone. „Mitunter halten sich die Soldaten zu lange ohne Übersetzmittel in Ufernähe auf. Wir dürfen aber nie mehr als maximal 20 Prozent der Kräfte dort haben.“ Außerdem habe er bei Überflügen der Aufklärungsdrohne MIKADOMikro-Aufklärungsdrohne im Ortsbereich an einigen Stellen mangelhafte Tarnung festgestellt. Auch sei die Truppe nicht überall in der befohlenen aufgelockerten Formation unterwegs gewesen. „Das sind aber Punkte, an denen wir arbeiten können“, sagt Krone. Angesichts der Komplexität des Auftrags und der vielen noch jungen Kameradinnen und Kameraden in einigen Einheiten, sei das bislang erzielte Resultat in Ordnung. „Morgen machen wir es noch besser.“

Gewässerübergang – Komplexer Auftrag für die Truppe

Der Angriff über Gewässer ist eine der komplexesten Aufträge für die Kampftruppe. Jede Phase muss hochkonzentriert und zügig absolviert werden, damit keine Stockungen eintreten. Denn Zeitverlust gäbe einem Gegner Gelegenheit, die während des Übersetzens verwundbare Truppe hart zu treffen. Bei der Übung Wettiner Schwert 2024 üben Soldatinnen und Soldaten der Panzergrenadierbrigade 37 „Freistaat Sachsen“ deshalb jeden Schritt dieser anspruchsvollen Form des Gefechts gründlich vor.

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  • Mehrere Soldaten stehen an einem Schlauchboot und bauen dieses auf
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    Panzergrenadiere stürmen ans jenseitige Ufer

    Die Panzergrenadierbrigade 37 „Freistaat Sachsen“ soll während der Übung Wettiner Schwert die Elbe überwinden – und zwar unter gefechtsmäßigen Bedingungen. Dazu stehen verschiedene Übersetzmittel der Pioniertruppe bereit. Aber bevor Spezialfahrzeuge wie eine Faltschwimmbrücke (FSBFaltschwimmbrücke) oder die Schwimmschnellbrücke Amphibie M3 zum Einsatz kommen können, muss das jenseitige Ufer feindfrei sein. Diese großen, ungepanzerten Fahrzeuge wären unter Gefechtsbedingungen sonst perfekte Hochwertziele für gegnerische Artillerie, Drohnen oder Jagdbomber. Konsequenz: Das Gewässer muss zunächst von den Grenadieren aus eigener Kraft überwunden und das jenseitige Ufer freigekämpft werden. Dazu setzen die Soldatinnen und Soldaten gruppenweise mit Schlauchbooten über. Nach und nach wird so ein Brückenkopf gebildet und gehärtet – also immer weiter verstärkt. Erst dann können gepanzerte Fahrzeuge über die Fähren nachgezogen werden. Die Schlauchboote wiegen mit Motor rund 250 Kilogramm, hinzu kommen im Einsatz Waffen und persönliche Ausrüstung. Sie aus dem Verfügungsraum – einem Geländeabschnitt, in dem sich die Truppe gedeckt bereithält – schnell ans Ufer zu bekommen, ist also auch für eine Gruppe Grenadiere allein mit Muskelkraft nicht einfach. Deshalb werden die Boote nach Möglichkeit mit dem Schützenpanzer Marder bis unmittelbar an das zu überwindende Gewässer gebracht. Dort sitzen die Panzergrenadiere dann ab, bemannen die Boote und setzen über. Was in der Theorie einfach klingt, ist real eine Herausforderung – sogar ohne Feindberührung. Daher wird alles gründlich stationsweise vorgeübt. Vom Verlasten der S-Boote über das Zu-Wasser-lassen und Aufsitzen bis zum Übersetzen.

  • Mehrere Soldaten knien auf dem Boden und bauen ein Gestell aus Holzstämmen
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    Bau behelfsmäßiger Schlauchboot-Schleppen

    Der Zusammenbau eines Schlauchboots gehört zu den ersten Aufgaben für die Männer und Frauen der 3. und 4. Kompanie des Panzergrenadierbataillons 371 aus Marienberg. Die Ausbildung an den Booten übernehmen ihre Kameradinnen und Kameraden vom Panzerpionierbataillon 701 aus Gera. Neun Kammern hat so ein S-Boot und die müssen von Hand mit einem Blasebalg befüllt werden. Rund vier Minuten dauert das bei einem eingespielten Team. Ist der hölzerne Boden eingelassen und der Motor fixiert, ist das Schlauchboot einsatzbereit. Um es aber aus dem Verfügungsraum mit dem Schützenpanzer Marder zum Fluss zu bringen, sind weitere Arbeitsschritte zu erlernen. „Manchmal stehen uns für die Verbringung Transportachsen zur Verfügung, die hinter dem Marder geschleppt werden können“, erklärt Stabsunteroffizier David L. von der 3. Kompanie des Panzerpionierbataillons 701. „Wenn nicht, müssen wir eine behelfsmäßige Schleppe bauen. Für den Marder ist das ein sogenannter A-Rahmen.“ Dazu benötigen die Grenadiere drei rund zehn Meter lange Kiefernstämme. Zwei bilden ein langes „V“, während der dritte Stamm zu drei Querstreben zersägt wird. Das Konstrukt wird mit Kabel verdrillt und ergibt dann ein „A“, das am Heck des Marders angeschlagen werden kann. Dort muss ein Holzbalken für den Transport als Widerlager herhalten. Fixiert wird das Ganze mit einem Kuhfuß und das S-Boot kann aufgelegt und befestigt werden. Nach der Fahrt schlagen die Grenadiere den Bolzen heraus und setzen den Schützenpanzer etwas vor. Die Schleppe fällt zu Boden und die Gruppe kann das Boot aufnehmen und zum Ufer tragen. Etwa 15 bis 30 Minuten dauert das Zusammenbauen eines A-Rahmen, schätzt Stabsunteroffizier L. und ergänzt: „Die Konstruktion ist einfach gehalten. Das soll ja ohne viel Ausbildung machbar sein.“

  • Drei Soldaten steigen in einen Schützenpanzer vom Typ Marder. Auf dem Marder liegt ein Schlauchboot.
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    Marder als provisorischer Schlepper

    Alternativ kann das S-Boot auch auf dem Schützenpanzer Marder zum Gewässer verbracht werden. Diese Variante nennen die Pioniere Dachverlastung. „Das geht schneller als der Bau einer Schleppe und ist vielleicht die einzige Option, wenn kein geeignetes Holz zur Verfügung steht“, sagt Hauptfeldwebel Nils E., der Zugführer des Pioniermaschinenzugs der 3. Kompanie des Panzerpionierbataillons 701. Allerdings braucht es für die Vierteltonne des Bootes ordentlich Muskelkraft beim Heben auf den Marder. „Ohne Teamwork ist da nichts zu machen“, sagt der Hauptfeldwebel. Auch eine sachgemäße Sicherung sei wichtig, weil das Boot sonst herabfallen könne. Zudem besteht beim Fahren durchs Gelände immer die Gefahr von Beschädigungen durch Bäume und ähnliche Hindernisse. Also müssen die Fahrer entsprechend gebrieft und sensibilisiert werden. Die geschilderten Transportvarianten funktionierten übrigens nur beim Marder, fügt Hauptfeldwebel E. noch hinzu. Wegen der konstruktionsbedingten Unterschiede beim schwereren und größeren Schützenpanzer Puma müsse für diesen eine H-Schleppe gebaut werden. „Da werden wir die Kameradinnen und Kameraden heranführen, wenn die Umrüstung begonnen hat“, sagt der Hauptfeldwebel. Sowohl das Verlasten der Schlauchboote am Marder als auch das Absitzen in Ufernähe wird bei der Vorbereitung mehrfach drillmäßig geübt. „Wir haben einige Kameradinnen und Kameraden dabei, die erst vor kurzem aus der Grundausbildung gekommen sind“, erläutert der Zugführer. Und die Neuen müssten die Chance bekommen, das Erlernte zu verinnerlichen.

  • Zwei Schlauchboote mit mehreren Soldaten an einer Rampe im Wasser, ein Soldat springt aus dem Boot
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    Drill fürs Übersetzen im Schlauchboot

    Der wichtigste und potenziell gefährlichste Teil der Übung ist für die Panzergrenadiere das Übersetzen mit dem Schlauchboot. Schon ohne Feindeinwirkung birgt die schnelle Fahrt mit dem Schlauchboot gewisse Risiken. Zudem führt die Elbe Hochwasser. Das erschwert das Auf- und Absitzen für die Kampftruppe erheblich, weil die Zugänge zum Fluss zumindest vielerorts verschlammt sind. Eine große Hilfe sind die Kameradinnen und Kameraden des Panzerpionierbataillons 701. Vor dem Anmarsch zum Fluss sitzt je ein Bootsführer mit auf den Schützenpanzer Marder auf. Am Gewässer angelangt geht er mit der Gruppe auf das S-Boot und steuert es über den Strom. Hat er seine Gruppe abgesetzt, ließe er sich im Ernstfall rund einen Kilometer flussabwärts treiben, wo ihn eigene Kräfte wieder aufnehmen würden. Im Übungsbetrieb wird dieser Teil allerdings ausgeklammert – da liegt der Fokus auf möglichst vielen Wiederholungen. Das Auf- und Absitzen im Uferbereich erfordert eine Art Choreografie. Jede Soldatin und jeder Soldat muss genau wissen, wo ihr oder sein Platz im Boot ist. Nach dem Abstoßen muss zumeist gepaddelt werden, bevor die Wassertiefe den Einsatz des Außenborders zulässt. Nasse Füße sind spätestens am jenseitigen Ufer garantiert, wenn die Grenadiere vom Boot aus schnellstmöglich in die Sicherung gehen und den Brückenkopf freikämpfen.

  • Ein Soldat steht an einem Bedienstand auf einem Boot und schaut seitlich in eine Richtung
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    Das Übersetzen der Hauptkräfte

    Erst wenn der Brückenkopf am jenseitigen Ufer gesichert und verstärkt wurde, können gepanzerte Fahrzeuge wie der Schützenpanzer Marder nachgezogen werden. Ein bewährtes Übersetzmittel ist die Schwimmschnellbrücke Amphibie M3, die vom Deutsch/Britischen Pionierbrückenbataillon 130 aus Minden eingesetzt wird. Üblicherweise sprechen die Pioniere von „Amphibien“. Während des Übersetzens der Grenadiere mit den Schlauchbooten hatten die Schützenpanzer mit den Maschinenkanonen ihre abgesessenen Kameradinnen und Kameraden gesichert. Danach werden die Rollen getauscht und die Grenadiere schützen ihre auf dem Wasser verwundbaren Gefechtsfahrzeuge. Die Mindener haben vier Amphibien M3 zu einer Fähre gekoppelt. In der gewählten Konfiguration trägt dieser Verbund rund 63 Tonnen. Das genügt für zwei Schützenpanzer Marder. Aber auch das Auffahren auf die Fähre will geübt sein. Aus Sicherheitsgründen müssen während der Überfahrt alle Luken geöffnet bleiben. Die Kommunikation mit den Brückenpionieren läuft vor allem nonverbal durch Handzeichen. Der Blick der Fahrer über Luke ist auf die Fährenführer gerichtet. Wie üblich muss alles schnell gehen. Für die Grenadiere heißt das: Auf Kommando zügig aus dem Verfügungsraum zu einer der Übersetzstellen verlegen und auf die Fähre fahren. Und auch am jenseitigen Ufer muss die Verweildauer im Uferbereich auf das mögliche Minimum reduziert werden. Im Ernstfall könnte dies sonst zu Verlusten führen.

    von Markus Tiedke

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