Heer
Zwei Panzerhaubitzen fahren hintereinander schnell über Übungsgelände, Staub wirbelt auf.
Truppengattung

Artillerie

Die Vielfalt des Heeres spiegelt sich in den Truppengattungen wider. Jede besitzt besondere Fähigkeiten und Fertigkeiten – aber nur gemeinsam sind sie stark und erfolgreich. Die unterschiedlichsten Anforderungen werden mit spezieller Ausrüstung erfüllt. Erfahren Sie mehr über die Artillerie, eine Truppengattung des Heeres.

Das ist unser Auftrag

Die Artillerie zählt zu den Kampfunterstützungstruppen des Heeres. Mit ihrem weitreichenden Artilleriefeuer unterstützen die Artilleristen die Kampftruppe. Die Panzerhaubitze 2000 und der Raketenwerfer MARSMittleres Artillerieraketensystem II sind ihre Hauptwaffensysteme.

Mit gewaltiger Staubentwicklung fahren zwei Haubitzen über einen Übungsplatz.

Die Panzerhaubitze 2000 ist ein Rohrwaffensystem auf einem gepanzerten Kettenfahrzeug

Bundeswehr/Marco Dorow

Die Artillerietruppe des Heeres leistet einen wesentlichen Beitrag in Gefechten aller Intensitäten und Szenarien. Sie gibt der Kampftruppe Feuerunterstützung durch die Bekämpfung von Punkt- und Flächenzielen und bekämpft den Feind auch aus weiter Distanz.

Der Feuerkampf wird durch Joint Fire Support Teams am Boden vorn beim Gefecht geführt. Es setzt sich zusammen aus Artilleriebeobachtern, vorgeschobenen Beobachtern der Mörser und den Fliegerleittrupps. Dieses Team begleitet die Kampftruppe und verfügt über die Fähigkeit, mit den anderen Teilstreitkräften Luftwaffe und Marine, den Spezialkräften aber auch mit verbündeten Armeen in allen Dimensionen des Einsatzraumes zusammenzuarbeiten.

Ein Soldat mit Funkausrüstung beobachtet das Zielgebiet der Artillerie.

Joint Fire Support: Jeder Schuss und jeder Treffer im Zielgebiet wird beobachtet und bei Bedarf der Treffpunkt verschoben

Bundeswehr/Thomas Köhler

Auch verfügt die Artillerietruppe über vielfältige Möglichkeiten zur Aufklärung gegnerischer Kräfte und kann zu jeder Tages- und Nachtzeit sowie bei jeder Witterung den Gegner auf große Entfernung bekämpfen.

Die Artillerietruppe hat derzeit eine Personalstärke von rund 5.000 Soldaten. An der Spitze der Truppengattung steht der General der Artillerie. Er ist gleichzeitig Leiter der zentralen Ausbildungseinrichtung der Artillerietruppe in Idar-Oberstein.

Weitreichende Waffenwirkung

Ein Raketenwerfer schießt im Wald ein Rakete ab. Feuer und Rauch entstehen.

Ziele in bis zu 84 Kilometer Entfernung erreichen die Raketen des Raketenwerfers MARSMittleres Artillerieraketensystem II

Bundeswehr/Mario Bähr

Die Artillerie ist der wesentliche Träger des Feuerkampfes. Dies bedeutet, dass sie zu jeder Tages- und Nachtzeit unabhängig vom Wetter feuern kann. Diese Unterstützungsleistung wird durch die Artillerie schnell und präzise erbracht. Große Entfernungen, von der Waffe bis zum Ziel, sind die Regel. Man spricht auch von der Wirkung mit Präzisions- und Abstandsfähigkeit. Die Artillerie liefert diesen Beitrag mit ihren Panzerhaubitzen und Raketenwerfern.

Aufklärung und Führung

Ein Kleinfluggerät wird aus einem Container abgeschossen, der auf einem Lkw montiert ist.

Das Kleinfluggerät für Zielortung, kurz KZOKleinfluggerät für Zielortung, hat eine Reichweite von etwa 100 Kilometern

Bundeswehr/Marco Dorow

Bevor ein Ziel bekämpft werden kann, muss es durch Aufklärung erkannt und eindeutig bestimmt werden. Für diese Aufgabe verfügt die Artillerietruppe über zahlreiche Aufklärungsmittel. Die Augenbeobachtung wird durch Radargeräte und fliegende Systeme ergänzt. Mit diesen Mitteln wird es möglich, Ziele mit hoher Genauigkeit zu orten. Für eine optimale Zielbekämpfung und Führung aller Kräfte bedarf es Mittel, mit denen die Systeme der Aufklärung und Wirkung miteinander verknüpft werden können. Hierzu werden unter Nutzung des funkgestützten Netzwerkes ADLER (Artillerie-, Daten-, Lage-, Einsatz-Rechnerverbund) Zieldaten und andere Informationen übermittelt und digital an die Waffensysteme übergeben. Eine unverzügliche Zielbekämpfung wird hierdurch wesentlich erleichtert.

Das „System Artillerie“

Zwei Soldaten sitzen im Fahrerhaus eines Militärfahrzeugs, einer schaut auf einen Bildschirm.

Alle zum Schießen notwendigen Daten werden im Fahrerhaus des Mittleren Artillerieraketensystems (MARSMittleres Artillerieraketensystem) in einem funkgestützten Netzwerk verarbeitet und weitergeleitet

Bundeswehr/PIZ Heer

Wirksam wird die Artillerie erst im Systemverbund. Dieser „System Artillerie“ genannte Verbund von Führung, Aufklärung und Wirkung bringt die Truppengattung in allen Einsatzszenarien erst richtig zur Geltung. Das enge Zusammenwirken mit Luftwaffe, Marine und befreundeten Streitkräften kennzeichnet die Artillerie als streitkräftegemeinsam und multinational ausgerichtete Truppengattung des Heeres.

Modern und zukunftssicher ausgestattet, wird die Artillerie auch künftig ihren Platz unter den wesentlichen Akteuren der Landstreitkräfte behalten.


Die Artillerietruppe des Heeres

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Die Artillerietruppe des Heeres leistet einen wesentlichen Beitrag in Gefechten aller Intensitäten und Szenarien. Sie gibt der Kampftruppe Feuerunterstützung durch die Bekämpfung von Punkt- und Flächenzielen und bekämpft den Feind auch aus weiter …

So kämpft die Artillerie

Ovales Zeichen, mittig zwei Kanonenrohre umgeben von Eichenlaub, unten die Deutschlandflagge.
Schlachtruf der Artillerietruppe
Zu – Gleich!

Das ist unsere Ausrüstung

Die Artillerietruppe ist für ihre Aufgaben mit einer Vielzahl unterschiedlicher Rad- und Kettenfahrzeuge ausgerüstet, darunter dem Spähwagen Fennek und dem Schützenpanzer Marder. Ihre Waffensysteme sind die Panzerhaubitze 2000 und der Raketenwerfer MARSMittleres Artillerieraketensystem. Mit der Panzerhaubitze 2000 als Hauptwaffensystem verfügt die Artillerietruppe des Deutschen Heeres über eines der modernsten und leistungsfähigsten Rohrartilleriesysteme. Neben den beiden Waffensystemen ist die Artillerie mit Beobachtungs- und Aufklärungsmitteln ausgerüstet. Die unterschiedlichen Radarsysteme, wie das Counter Battery Radar COBRA und das Artilleriebeobachtungsradar ABRA, werden durch Drohnen zur unbemannten Luftaufklärung ergänzt.

Über die folgenden Links erfahren Sie mehr über die modernen und leistungsfähigen Systeme der Artillerietruppe.

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Das sind unsere Standorte

Deutschlandkarte in Grautönen
Deutschlandkarte in Grautönen

Das ist unsere Geschichte

Geschichte der Artillerietruppe

Bereits in der Antike kannte man Waffen in Form von Wurfmaschinen wie Katapulte. Sie können als Vorläufer der Artilleriewaffen bezeichnet werden. Diese komplizierten und schweren Belagerungsgeräte wurden meist nach Bedarf gebaut und verblieben im Anschluss an ihrer Wirkungsstätte. Die eigentliche Geschichte der Artillerie beginnt erst mit der Erfindung des Schießpulvers.

Die Geschichte der Feuerwaffen beginnt 1346 in der Schlacht von Crécy. Sechs Geschütze, die Eduard III. von England seinem Gegner Philipp VI. von Frankreich entgegenstellte, sollen so unheimlich auf die Franzosen gewirkt haben, dass diese fluchtartig den Kampfplatz verließen. Dabei wurden Steinkugeln aus Geschützrohren verschossen. Außerdem verwendete man auch Pfeile, Steine oder Fässer mit Unrat.

1348 wurden in Frankfurt am Main mehrere Bronzebüchsen gegossen. Orgelgeschütze, auch als Totenorgeln bezeichnet, entstanden: Bis zu 100 kleinkalibrige Rohre, ähnlich den Pfeifen einer Orgel, wurden auf einer Lafette neben- und übereinander gelagert. Über eine Zündrinne miteinander verbunden, wurden sie nacheinander oder gleichzeitig abgefeuert. Als Geschosse kamen neben Bleikugeln auch Bolzen zum Einsatz.

Bald erschienen auch die ersten Geschütze in offenen Feldschlachten. Eine mehrfache Verwendung im Feldkrieg erfolgte erstmals in den Hussitenkriegen von 1419 bis 1436.

Zur Herstellung und Bedienung von Pulvergeschützen waren Kenntnisse aus verschiedenen Berufen erforderlich. Dies führte zur Herausbildung eines neuen Berufsstandes, des Büchsenmeisters. Die burgundischen Herzöge Philipp der Gute und Karl der Kühne bestellten sich Adlige als Maître de l'artillerie. Hiermit wurde die Artillerie erstmals organischer Bestandteil eines Heeres. Der Name Artillerie leitete sich vom lateinischen „Ars“, zu Deutsch Kunst, ab und beschrieb die Kunst des Schießens.

Hatten sich Büchsenmeister den kriegführenden Parteien zunächst durch Vertrag verpflichtet, so wurde die Artillerie im 15. Jahrhundert zunehmend von den Landesherren gefördert und institutionalisiert. Die Ausbildung erfolgte an neu gegründeten Büchsenmeisterschulen.

Einachsige Räderlafetten mit zwei Rädern und einem einfachen Lafettenschwanz zur Stabilisierung lösten die Laden-, Block- und Kastenlafetten ab. Dieses führte, verbunden mit der Einführung von Vorderwagen, den späteren Protzen (Zweiradkarren), zu höherer Beweglichkeit der Geschütze. Die Erhöhung der Treffgenauigkeit durch die Einführung von Schildzapfen und Richtmaschinen ließ die Bedeutung der Artillerie auf dem Schlachtfeld steigen. Gleichwohl wurden die Geschütze noch nicht im geschlossenen Verband eingesetzt. Mathematische Berechnungen zu den wechselseitigen Abhängigkeiten von Geschützen und Geschossen gaben den entscheidenden Impuls für die weitere Entwicklung der Artillerie. Hier finden sich die Wurzeln der modernen Ballistik, der Waffen- und der Munitionstechnik.

Der Dreißigjährige Krieg mit seinen vielen Schlachten, weiten Märschen und lang andauernden Feldlagern, richtete die Feldartillerie an neuen Grundsätzen aus. Mit jedem Feldzug des Dreißigjährigen Krieges erschienen mehr Geschütze auf dem Schlachtfeld. Gustav Adolf von Schweden war der erste Feldherr, bei dessen Kampfeskunst man von einem sachgemäßen Artillerieeinsatz sprechen kann. Im 17. Jahrhundert verwendete man überwiegend Bronze als Gießmaterial für die Geschütze. Sie waren oft prunkvoll verziert. Auf dem Rohr stand häufig: Ultima ratio regis, dt.: letztes Mittel des Herrschers.

Erst mit Beginn des 18. Jahrhunderts wurde die Artillerie in alle Heere eingegliedert.

Mitte des 18. Jahrhunderts veränderte sich auch die preußische Artillerie. Friedrich der Große fand bei seinem Regierungsantritt eine Artillerie vor, deren Geschützpark von General Christian Nicolaus von Linger im Jahr 1731 auf vier Kaliber, auf 3-, 6-, 12- und 24-Pfünder reduziert worden war.

3- und 6-Pfünder wurden Bataillons- oder Regimentsgeschütze genannt, da sie vor jedem Feldzug unter den Infanteriebataillonen zur unmittelbaren Feuerunterstützung aufgeteilt wurden. Die Artillerie war in eine Feldartillerieabteilung mit sechs Kompanien gegliedert und ihre Kopfstärke betrug 789 Mann. 1741 wurde eine weitere Abteilung aufgestellt und mit den Kompanien der ersten Abteilung zu einem Feldartillerieregiment vereinigt. Bis zum Ende seiner Regentschaft wuchs die Artillerie auf vier Feldartillerieregimenter mit 43 Kompanien an. Die Stärke einer Kompanie betrug etwa 200 Mann.

Die Positionsgeschütze waren in Brigaden, die etwa einer heutigen Batterie entsprechen, zu fünf bis zehn Geschützen zusammengefasst und bezogen vor der Schlacht Stellung auf Anhöhen. Die Schussentfernung betrug etwa 1.200 bis 1.500 Schritt, circa 900 bis 1.125 Meter, für alle Kaliber. Die Artillerie sollte möglichst schräg und flankierend gegen den Feind wirken. Man bemühte sich mit eisernen Vollkugeln die Lafettenräder der feindlichen Bataillonsgeschütze zu zerstören, um so die gegnerische Artillerie auszuschalten. Auf Entfernungen bis zu 350 Schritt, circa 250 Meter, wurden besonders Kavallerieattacken mit Kartätschenfeuer aus Schrotladungen abgewehrt. Schwere Geschütze wurden von bis zu 16 Pferden gezogen, die Kanoniere gingen zu Fuß. So bildete sich später auch der Name Fußartillerie heraus. 1759 wurde die reitende Artillerie geschaffen, die ab 1772 ständiger Bestandteil des preußischen Heeres war. Sie gewann ihre höhere Beweglichkeit durch berittene Kanoniere.

Der rasante technologische Fortschritt im Zeitalter der Industrialisierung ermöglichte wegweisende Sprünge in der Waffentechnik. Die Ablösung der Glattrohrgeschütze durch Geschütze mit gezogenem, stählernem Rohr, die von hinten geladen wurden, begann etwa ab 1850. Reichweite und Treffgenauigkeit wurden durch den stabilisierenden Drall wesentlich gesteigert. Dadurch ergab sich die Notwendigkeit, die Feuerstellungen der Artillerie zu ihrem eigenen Schutz aus den vordersten Linien zu verlegen. Im Zuge der Entwicklung der Geschütze wurden auch die Munition und die Treibmittel grundlegend verbessert. Mit der Einführung des Zündhütchens wurden Geschosse mit Aufschlagzündern und vereinfachten Zeitzündern konstruiert. Statt der bisherigen Zündanfeuerung am Rohr durch die heißen Treibgase wurden jetzt Aufschlagzünder eingebaut. Beim Aufschlag der Granate im Ziel schnellte ein Bolzen infolge seiner Trägheit nach vorn auf ein Zündhütchen, das die Ladung zur Explosion brachte.

Das 1784 von dem englischen Leutnant Henry Shrapnel (1761-1842) erfundene Kugelschrapnell entwickelte sich zum Hauptkampfgeschoss gegen lebende, ungedeckte Ziele. Bei der Detonation des Geschosses wurde die äußere Hülle gesprengt und die Kugeln wurden aus dem Inneren des Geschosses wie Gewehrmunition gestreut. Um diese Wirkung zu steigern, wurde das Geschoss nicht beim Aufschlag, sondern über dem Ziel zur Explosion gebracht. Die Schrapnellgeschosse erhielten eine mit Verzögerung arbeitende Zündeinrichtung, die bereits beim Abschuss aktiviert wurde. Das Einstellen der Verzögerung nannte man „tempieren“. Die Splittergranaten der Artillerie entwickelten sich zum gefährlichsten Kampfmittel auf den Schlachtfeldern. Diese Erkenntnis führte zur bevorzugten Weiterentwicklung von Geschossen größerer Reichweite, besserer Wendigkeit und höherer Feuergeschwindigkeit.

Alle Kriegsgegner hatten bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges ihre Artillerien stark aufgerüstet. Organisatorisch wurde in Deutschland die Trennung in leichte Feld- und schwere Fußartillerie vollzogen.

Die anfängliche französische Überlegenheit beruhte auf einer Feldartillerie, die mit der modernen 75 Millimeter Feldkanone M/97 der französischen Firma Schneider ausgerüstet war. Es war das erste Rohrrücklaufgeschütz mit Schutzschilden. Das Geschütz entwickelte eine ballistische Leistung, die wesentlich größer war als die seines deutschen Gegenstücks. Die M/97 war an Feuergeschwindigkeit derart überlegen, dass die Geschützzahl pro Batterie von sechs auf vier herabgesetzt werden konnte. Die verbesserte Schießleistung ermöglichte zudem, die Bedienungsmannschaft zu verkleinern.

Die Deutschen setzten auf die zahlenmäßige Überlegenheit ihrer 3.500 mittelschweren 105 Millimeter und 2.000 schweren 150 Millimeter Geschütze. Darüber hinaus verfügten sie über Geschütze bis zu einem Kaliber von 420 Millimeter wie die „Dicke Bertha“. Deren Geschosse wogen fast eine Tonne und waren in der Lage, die stärksten Befestigungswerke zu sprengen. Dies gelang zum Beispiel mit einem Volltreffer in das Munitionslager der belgischen Festung Lüttich.

Ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung der Artillerie war die Einführung der Schusstafel durch den späteren General Georg Bruchmüller. Diese verkürzte das Einschießen und erhöhte die Leistungsfähigkeit beim indirekten Feuern. Weitreichende Geschütze sollten Ziele tief im Hinterland bekämpfen. So wurden auf beiden Seiten Eisenbahngeschütze mit Reichweiten von 30 bis 40 Kilometern entwickelt. In Deutschland erreichte man den Höhepunkt dieser Entwicklung mit dem sogenannten Paris-Geschütz. Vom 23. März bis zum 12. August 1918 wurden mit ihm aus einer Entfernung von 127 Kilometern etwa 360 Schuss auf das Stadtgebiet von Paris abgefeuert. Die Streuung der Einschläge war jedoch so groß, dass ein Einsatz des Paris-Geschützes gegen weit entfernte Punktziele kaum in Frage kam. Die 289 Treffer in Paris lagen in einem Bereich von 3 Kilometer Breite und 15 Kilometer Tiefe.

Die Masse der deutschen Artillerie war zu Beginn des Zweiten Weltkrieges noch pferdebespannt. Nur die Artillerie der wenigen motorisierten Divisionen und der Panzerdivisionen, die Korps- und Heeresartillerie sowie die Beobachtungsabteilung, waren motorisiert. Das beweglich geführte Gefecht gepanzerter Kräfte führte zwangsläufig zur Entwicklung und Einführung der Panzer- und der Sturmartillerie. Diese waren den Infanterie- und Panzerdivisionen zugeteilt und sollten im Verbund die Kampftruppen begleiten und unmittelbar unterstützen. Diese Sturmgeschütze waren gepanzerte Vollkettenselbstfahrlafetten, die Geschützrohre zum direkten Richten mit geringem Schwenkbereich, also ohne Turm, trugen. Sie standen dem System nach zwischen Artillerie und Panzerwagen. Eingesetzt wurden sie im Kampfschwerpunkt der Infanterie.

Im Verlauf des Krieges wurden immer mehr Geschütze mit großem Kaliber und hoher Reichweite entwickelt. Sie sollten an die Tradition der 420 Millimeter Mörser und der Paris-Geschütze des Ersten Weltkrieges anknüpfen und zum Bekämpfen starker Befestigungsanlagen, wie der Maginot-Linie und zum Beschuss Englands dienen. Als Beispiel sei das Eisenbahngeschütz K5, Kaliber 209 Millimeter, genannt. Der enorme Aufwand an Personal, die maximale Rohrbelastung von 120 Schuss und die immer noch sehr große Streuung standen jedoch in keinem Verhältnis zum Erfolg.

Höhepunkt dieser Entwicklung war das Eisenbahngeschütz Dora, das 1937 in Auftrag gegeben wurde. Es war so hoch wie ein dreigeschossiges Haus, fast 30 Meter lang, 1.350 Tonnen schwer und die 47,3 Meter lange Lafette war auf 40 Achsen verteilt. Das Rohr war 32,5 Meter lang, wog 400 Tonnen und konnte bis auf 58 Grad erhöht werden. Mit einem Kaliber von 800 Millimeter und einem Geschossgewicht von bis zu 7.000 Kilogramm mit 250 Kilogramm Sprengstoff lag die Reichweite bei maximal 37 Kilometern. Die Feuergeschwindigkeit lag bei drei Schuss pro Stunde. Geschoss und Kartusche hatten eine Länge von 7,80 Meter.

„Dora“ kam ein einziges Mal, 1942 beim Beschuss der Festung Sewastopol auf der sowjetischen Halbinsel Krim, zum Einsatz. Der taktische Erfolg einer derartigen Entwicklung, die an den Grenzen des Möglichen lag, blieb aber versagt.

Als Flächenfeuerwaffen kamen erstmals Raketenwerfer, sogenannte Do-Geräte, benannt nach General Walter Dornberger, zum Einsatz. Verglichen mit Geschützen waren die Geräte sehr leicht und beweglich, die Munition war dagegen recht schwer und schwierig zu transportieren. Die Streuung war erheblich, die Schussweite noch relativ gering. Den größten Bekanntheitsgrad erlangte das sowjetische Waffensystem „Katjuscha“. Der Raketenwerfer, der auf der Ladefläche eines Lastkraftwagens montiert war, kam in großer Stückzahl zum Einsatz. Er war gefürchtet und wurde im Soldatenjargon Stalinorgel genannt.

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